Kompromiss zum Endlagersuchgesetz "Klammheimlich aus Verantwortung stehlen"
17.05.2013, 22:15 Uhr
Die erste Lesung des Endlagersuchgesetzes für Atommüll in Deutschland erzeugt im Bundestag seltene Einigkeit durch fast alle Fraktionen. Doch die Presse sieht den Entwurf von Bundesumweltminister Altmaier (CDU) nicht so positiv.
Die Frankfurter Rundschau sieht im plötzlichen Konsens in Berlin eine "liberale Posse". Sie verdeutliche, "weshalb das Endlagersuchgesetz bei seiner Einbringung im Bundestag schon auf der Kippe steht . Grundsätzlich sind sich alle Parteien einig, dass diese Generation die Verantwortung für die strahlende Hinterlassenschaft des Atomzeitalters übernehmen muss." Doch niemand wolle den Ärger in seinem Wahlkreis haben, so die vereinfachte Problematik.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung rät indes zu Skepsis: "Wenn Politiker, die gewöhnlich in Wahlperioden von vier bis fünf Jahren Dauer denken, plötzlich von einer Verantwortung reden, die einer Million Jahre gerecht werden müsse, liegt die Vermutung nahe, dass sich da jemand übernimmt." Allerdings sei das Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standorts für ein atomares Endlager "so sorgsam austariert, dass es auch in einer Million Jahren noch als Trophäe deutscher Konsenskultur herhalten kann". Doch selbst das könne nicht reichen, denn "alle Beteiligten denken an den 22. September, an die Bundestagswahl."
Das geplante Gesetz zur Suche nach einem geplanten Endlager sei unzureichend ausgearbeitet, meinen dagegen die Nürnberger Nachrichten. Die Union sei es gewesen, die Atomkraftwerke bis vor gut zwei Jahren mit Zähnen und Klauen verteidigt habe und sie bis ins Jahr 2040 laufen lassen wollte. "Da kann es jetzt nicht sein, dass nur die von Sozialdemokraten und Grünen geführten Länder Zwischenlager für Castor-Behälter anbieten, die von Konservativen geführten Regierungen sich aber klammheimlich aus der Verantwortung für ihre Energiepolitik stehlen wollen", moniert die Zeitung.
Die Märkische Allgemeine aus Potsdam schaut auf die politische Person Peter Altmaier. "Der Umweltminister hat stets Zuversicht ausgestrahlt: Er werde sich mit den Kraftwerksbetreibern auf neue Zwischenlager für die Castor-Behälter schon einigen", so die Beobachtung. Allerdings sei unklar, woher die nötigen Milliarden Euro kommen sollen. "In dieser Frage haben die großen vier deutschen Energieversorger den Umweltminister bisher auflaufen lassen." Das Blatt ist sich sicher: "Gegen den Widerstand des nördlichen Flächenlands wird kein Umweltminister eine neue Endlagersuche beschließen können."
Die Nordwest-Zeitung aus Oldenburg beschwert sich indes über vorgeschobene Streicheleinheiten des Ressortchefs. "Da lobt der Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel die Niedersachsen als 'Premium-Partner' beim parteienübergreifenden Konsens für ein Atomendlager-Suchgesetz, und plant dreist ein atomares Zwischenlager in der Wesermarsch für einen Teil der noch im Ausland wartenden 26 Castoren mit hoch radioaktivem Atommüll." Den Atommüll rot-grünen Landesregierungen in Hannover, Kiel und Stuttgart aufs Auge zu drücken und die wahlkämpfenden schwarz-gelben Parteifreunde in Hessen und Bayern zu schonen, spreche "jedem Ansatz von fairer Lastenverteilung Hohn".
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Thomas E. Schmidt