Pressestimmen

Elektroauto-Gipfel in Berlin Konzeptlos und wenig konkret

Das Ziel ist hochgesteckt: Deutschland soll die Pole-Position beim Bau von Elektroautos erringen - dabei hinkt es derzeit dem elektromobilen Fortschritt hinterher. Deswegen lud Kanzlerin Merkel die Spitzen der Energie- und Automobilunternehmen nach Berlin. Ein gemeinsames Konzept sollte erarbeitet werden. Das hat leider nicht funktioniert, findet die Presse und entlarvt das Treffen als reine Symbolpolitik.

Im Kreise der Gipfelteilnehmer übt Kanzlerin Merkel schon mal.

Im Kreise der Gipfelteilnehmer übt Kanzlerin Merkel schon mal.

(Foto: dpa)

Schöne Phrasen gab es während des Treffens genug, der Inhalt aber ließ zu wünschen übrig, resümiert die Ostsee-Zeitung: "Der Elektromobilität, und zwar der aus deutschen Landen, gehört die Zukunft, sollte wohl die frohe Botschaft des (…) Spitzentreffens sein. Doch schaut man sich die wirklichen Ergebnisse der Runde an, dann war sie doch nur ein Gipfel der wohlklingenden Absichtserklärungen. Viele schöne Überschriften über die neue Auto-Welt, aber nur wenig konkreter Inhalt. Den elektromobilen Startknopf jedenfalls hat die Kanzlerin (…) nicht gefunden. Der Bund blieb dabei genauso vage wie die Industrie. Die Frage etwa, wer genau was bis wann fördert und entwickelt, wurde in Arbeitsgruppen abgeschoben. Während Japaner bereits marktreife - aber freilich immer noch sehr teuere - Elektroautos präsentieren, während auch Amerikaner, Chinesen oder Franzosen in Forschung und Entwicklung klotzen, beschwor man in Berlin die große automobile Tradition deutschen Automobilbaus."

Auch für die Stuttgarter Nachrichten steht fest, dass Deutschland dem elektromobilen Fortschritt hinterherhinkt, aber keine differenzierten Lösungsansätze liefert: "Ehrgeizige Ziele, gute Vorsätze und kein Cent mehr aus der Staatskasse: die Bilanz des ersten Elektromobilitätsgipfels von Bundeskanzlerin Angela Merkel fällt bescheiden aus. Sieben Arbeitsgruppen loten künftig Chancen und Risiken der Zukunftstechnologie aus, in der gleichen Zeit laufen in anderen Ländern bereits serienreife Batterieautos vom Band. Der Rückstand wird für Deutschland immer schwerer aufzuholen. Dabei gäbe es für Autoindustrie und Staat auch ohne Milliardensubventionen genug zu tun. Am Elektroauto führt kein Weg vorbei."

Einen totalen Misserfolg aber möchte die Frankfurter Neue Presse in dem Auto-Gipfel nicht sehen. Das Blatt kann der Veranstaltung einen positiven Aspekt abgewinnen: "Unterm Strich kam gestern folgendes heraus: Zusätzliche Forschungsmittel? Fehlanzeige. Keine Kaufprämie für E-Autos. Auch keine Verpflichtung der Autoindustrie, eine Million Elektroautos bis 2020 auf die Straße zu bringen. Doch wer nun glaubt, der E-Gipfel sei ein Flop gewesen, der irrt. Für den Steuerzahler ist die Bilanz, außer Spesen nichts gewesen, angesichts der klammen Staatshaushalte nämlich ein Erfolg. Gottlob hat die Regierung der Auto-Branche mit dem mächtigen VDA-Präsidenten Wissmann als Speerspitze keine neue Milliarden-Subvention versprochen. Doch die Zeit für neue Subventionen zugunsten der Autoindustrie scheint noch nicht reif. Kanzlerin Merkel begnügt sich derweil mit Symbol-Politik, um beim populären Thema Elektro-Mobilität zu punkten."

An die letzte Aussage knüpft die Dithmarscher Landeszeitung (Heide) fast nahtlos an, wenn sie feststellt, dass die Koalition nicht mehr viel zu bieten hat: "Einmal mehr nährt die schwarz-gelbe Koalition den Verdacht, eine Klientelpolitik zu betreiben. Dass sie zudem noch einen derart konzeptlosen Eindruck hinterlässt, festigt nur die Beobachtung, dass die Koalition schon nach wenigen Monaten haushaltspolitisch mit ihrem Latein am Ende ist."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki

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