Dreikönigstreffen der FDP Lindner hat "ungewöhnliche Rede gehalten"
06.01.2014, 21:06 Uhr
Es ist der erste großen Auftritt seit seiner Wahl zum FDP-Parteichef: Christian Lindner auf dem Dreikönigstreffen in Stuttgart. Der 34-Jährige schwört seine aus dem Bundestag ausgeschiedene Partei auf einen Neustart ein und nutzt seine erste große Rede für klare Ansagen: Nein zur Europa-Skepsis, Ja zum Kampf gegen die ungeliebte "Groko" aus Union und SPD. Lindner gibt seinen Liberalen den traditionellen Motivationsschub für das anstehende politische Jahr - und erntet von seinen Anhängern und großen Teilen der Presse Ovationen. Und dennoch, so glaubt Issio Ehrich von n-tv.de, der Weg wird nicht leicht.
Für die Berliner Zeitung hat "der Hoffnungsträger der Liberalen (…) beim traditionellen Dreikönigstreffen eine ungewöhnliche Rede gehalten. Die parteipolitische Polemik, normalerweise im Mittelpunkt dieser Veranstaltung, spielte nur eine Nebenrolle. Im Mittelpunkt stand die Inszenierung des Staatsmannes Christian Lindner, die ihm mit einem erstaunlich geringen Maß an Peinlichkeit gelungen ist". Für den Kommentator aus der Bundeshauptstadt hat der FDP-Chef "ein glaubwürdiges Bekenntnis zu Europa abgelegt - und dennoch populäre Kritik am Zustand der Gemeinschaft geübt".
"Die Aufbauarbeiten haben begonnen", ist in der Stuttgarter Zeitung zu lesen. Christian Lindner habe es geschafft, den verbliebenen Anhängern seiner Partei seine Idee von einem Neustart näherzubringen. "Das ist ein Anfang, mehr aber auch nicht. Dennoch darf man konstatieren: Was machbar war, hat Lindner in den ersten Wochen seiner Amtszeit erreicht. Er hat ein neues Team geformt, hat Ziele formuliert. Gleichwohl ist nicht Lindner der größte Hoffnungsträger der FDP, sondern die große Koalition". Der Kommentator aus Baden-Württemberg unkt: "Deren Unvermögen, einfachste Grundsätze solider Ordnungspolitik zu achten, macht die Lücke erst sichtbar, die im Bundestag klafft. Für jene liberale Kraft, die Lindners FDP wieder werden will, wäre da sicher nach der nächsten Wahl der eine oder andere Platz frei".
Die überregionale Tageszeitung Die Welt spricht Lindner ihre Anerkennung aus: "Die Liberalen besinnen sich auf sich selbst und ihr Erbe und verstehen sich in einer bisher ungekannten Konsequenz als selbstständige politische Kraft der Freiheit, die nicht zu irgendwelchen Koalitionspartnern schielt. Warum auch? Christian Lindner hat nach seiner beeindruckenden Rede, mit der das Amt als Parteichef offiziell antrat, erneut ein anspruchsvolles Stück politischer Rhetorik geliefert, mit denen er die FDP auch als eine intellektuelle Kraft sichtbar werden lässt. Die Entschlossenheit, mit der er der Partei mit seiner zweiten 'großen' Rede Haltung, Orientierung verschafft, beeindruckt."
Die Bild-Zeitung fragt sich, ob die "demoralisierten Liberalen nach der krachenden Wahlschlappe" als außerparlamentarische Opposition eine Chance haben und stellt fest: "Ja, klar! Lindner hat die Partei in kurzer Zeit personell neu aufgestellt. Mit dem Vize-Chef Wolfgang Kubicki und Generalsekretärin Nicola Beer hat der jüngste FDP-Chef aller Zeiten ein ernst zu nehmendes Spitzen-Trio geformt. Dazu die inhaltliche Neuausrichtung: Lindner will eine FDP für die Fleißigen in diesem Land - nicht nur für Besserverdiener. Er will eine FDP, die zu Europa steht - aber nicht bedingungslos Ja zu allem sagt, was aus Brüssel kommt". Der FDP-Chef hat nach Ansicht der in Berlin herausgegebenen Zeitung schon jetzt "die Basis für das Comeback seiner Partei gelegt. Jetzt muss der FDP-Chef nur eines tun: Bis zur Bundestagswahl 2017 unermüdlich um jede Stimmen kämpfen".
Auch die Mitteldeutsche Zeitung lobt Lindners Rede. Er habe sich beim Dreikönigstreffen "als Staatsmann inszeniert, was ihm mit auffallend wenig Peinlichkeit gelang". Für das in Halle herausgegebene Blatt legte der FDP-Chef "ein glaubwürdiges Bekenntnis zu Europa ab - und äußerte dennoch populäre Kritik am Zustand der Gemeinschaft". "Diesen Spagat", so das Fazit aus Sachsen, "muss er beibehalten, will die FDP im Europawahlkampf als seriöse Alternative zur Euro-feindlichen AfD dastehen".
Bei allem Lob gibt es aber auch Stimmen, die der Rede Lindners wenig abgewinnen können. So stellt die Mittelbayerischen Zeitung aus Regensburg fest, dass Lindners Diskurs über Europa, den Wert von Freiheit und Bürgerrechten, sozialer Marktwirtschaft und Eigenverantwortung im Allgemeinen "nichts wirklich Neues" sei. Lindner sei "ein begnadeter Verkäufer abgestandener Weisheiten. Nicht mehr und nicht weniger", heißt es hier. Denn: "Wie genau sich die 'Partei der Freiheit' jedoch wieder aus dem politischen Abseits herausmanövrieren will, sagte Lindner nicht".
Zusammengestellt von Susanne Niedorf
Quelle: ntv.de