Beobachter in Syrien "Mission ist ein Strohhalm"
27.12.2011, 21:09 UhrDie Arabische Liga schickt Beobachter nach Syrien. Dass sich die Lage für die Protestler dadurch bessert, daran will die Presse nicht so recht glauben. Eine friedliche Lösung des "Brudermords" erscheint weit weg, denn Präsident Assad treibt ein "zynisches Spiel mit der Eskalation". Die Opposition muss den Druck von innen heraus beibehalten, die Liga und Russland den von außen erhöhen. Sonst bleibt die Mission das, was sie derzeit zu sein scheint - ein "Strohhalm".

Längst droht in Syrien ein Bürgerkrieg.
(Foto: AP)
"Es ist erst ein Vorauskommando von fünfzig Mann, das jetzt in Damaskus eingetroffen ist, um sich im Namen der Arabischen Liga ein Bild von der Lage in Syrien zu machen. Mehr als hundert Beobachter sollen demnächst folgen, um jenen Plan der Liga zu verwirklichen, der ein Ende der Gewalt gegen Zivilisten, den Rückzug der syrischen Armee aus den Städten und die Freilassung aller politischen Gefangenen vorsieht", fasst die Frankfurter Allgemeine Zeitung zusammen. Doch leicht wird das nicht, glaubt das Blatt: "Diese schwierige Mission steht indessen ganz am Anfang. Man muss nun erst einmal abwarten, wie sich das Unternehmen auch logistisch entwickelt, ob die Beobachter Mittel und Wege finden, sich der Aufsicht durch das Regime, in dessen Windschatten sie sich bewegen, wirksam zu entziehen. Für die Humanität wäre es schon ein Erfolg, wenn es gelänge, das Töten und Morden zu vermindern."
Die Nürnberger Zeitung malt schwarz für Syrien: "Was wir anfangs als weiteres arabisches Frühlingslüftlein interpretieren wollten, stinkt längst nach Brudermord und Bürgerkrieg à la Irak. Sein zynisches Spiel mit der Eskalation hat sich für Assad ausgezahlt: Alawiten, Christen und ein Großteil der gemäßigten Sunniten stehen inzwischen auf seiner Seite, weil sie eine Machtübernahme radikaler Schiiten mehr fürchten als den in religiösen Fragen eher gleichgültigen Tyrannen."
"Für die Menschen in Homs, die seit acht Monaten einen heldenhaften Kampf führen, hat sich mit dem Besuch der Beobachter die Lage aber nicht dauerhaft gebessert. Die Panzer, die (...) aus dem Straßenbild verschwanden, können rasch zurückkehren." Die Augsburger Allgemeine ist skeptisch, ob sich die Lage bessert: "Fraglich ist auch, ob Assad seine Zusagen wahr macht und in einen Dialog mit der Opposition eintritt. Um ihn nachhaltig daran zu erinnern, müssen jetzt vor allem die arabischen Staaten und das mit Damaskus verbündete Russland den Druck auf Assad erhöhen. Dann könnte sich für eine friedliche Lösung des Konflikts vielleicht doch noch ein Fenster öffnen."
"Die Beobachter der Arabischen Liga sind in Syrien angekommen. Damit hat eine neue Phase des Aufstands begonnen. Bisher auf lokaler Ebene ausgefochten, wird der Konflikt nun arabisiert, um seine Internationalisierung zu verhindern", kommentieren die Stuttgarter Nachrichten. Doch der Erfolg werde nicht von den arabischen Beobachtern abhängen, "sondern davon, ob es der Opposition gelingt, weiter von innen Druck aufzubauen". "Sie muss die Minderheiten im Land überzeugen, dass es nach dem Sturz Assads keine islamistisch-sunnitische Dominanz geben wird. Und sie muss die Zweifel der Mittelklasse ausräumen, die fürchtet, in einer Zeit ohne Assad ein Chaos wie im Irak zu erleben."
"Die Beobachtermission ist eine unlösbare Aufgabe, wenn die Hauptkontrahenten nicht mitmachen. Beide Seiten werden jetzt versuchen, die Vertreter der Arabischen Liga für sich einzunehmen und zu manipulieren. Dass Ortsschilder umgetauscht wurden, um die Beobachter von zerstörten Orten fernzuhalten, ist nur ein Beispiel für Täuschungen und Tricksereien", meint die Braunschweiger Zeitung. "Die Mission wirkt im Moment wie ein Strohhalm, an den sich auch die arabischen Staaten selbst klammern, weil sie nicht wissen, wie das syrische Drama gestoppt werden könnte. Ein Strohhalm ist aber bekanntermaßen keine Lösung."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Nadin Härtwig