Pressestimmen

Geldhahn zu in NRW "Pyrrhussieg für die Opposition"

Das Gericht in Münster dreht Hannelore Kraft den Geldhahn ab.

Das Gericht in Münster dreht Hannelore Kraft den Geldhahn ab.

(Foto: dapd)

Das Landesverfassungsgericht in Münster hat per einstweiliger Anordnung den Vollzug des Nachtragshaushalts 2010 in Nordrhein-Westfalen untersagt. Doch ein großer Schlag ist das nicht für die rot-grüne Minderheitenregierung in Düsseldorf. Käme es zu Neuwahlen, würde sie sogar gestärkt daraus hervorgehen.

Die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen habe die "Drohung mit dem Verfassungsgericht auf die leichte Schulter" genommen, "als sie mit dem Nachtragshaushalt für 2010 die zulässige Neuverschuldung um mehr als das Doppelte überzog", konstatiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Doch der Eilantrag der Opposition habe ihr nun einen Strich durch die Rechnung gemacht. Damit komme es laut dem Blatt zu einer Premiere, denn "erstmals fällt der Verfassungsgerichtshof in Münster der amtierenden Landesregierung in den Arm, um sie daran zu hindern, einen möglicherweise verfassungswidrigen Haushalt zu vollziehen". Das aber sei "allein der Dreistigkeit zu verdanken, mit der sich Ministerpräsidentin Kraft über das Recht hinweggesetzt hat".

Das Badisches Tagblatt dagegen kommentiert nicht den Gerichtsbeschluss, sondern schätzt dessen politische Bedeutung ein: "Die Mängelrüge aus Münster könnte gleichwohl für klare Verhältnisse im Düsseldorfer Landtag sorgen, dann nämlich, wenn tatsächlich neu gewählt wird. Sollte es so weit kommen, könnte sich der juristische Erfolg als Pyrrhussieg für die Opposition erweisen. SPD und Grüne liegen in der Gunst der nordrhein-westfälischen Wähler laut Umfragen deutlich vorn. Daran wird mittelfristig weder der höchstrichterliche Nachweis der finanzpolitischen Unfähigkeit noch ein jubelnder CDU-Landeschef Norbert Röttgen etwas ändern. Und die Liberalen werden (…) nach Neuwahlen in die landespolitische Bedeutungslosigkeit verschwinden."

Auch die Frankfurter Rundschau erinnert, dass manchmal der schnelle Blick täusche und sich eine sicher gewähnte Niederlage in einen Sieg wandle. "Also könnte Rot-Grün in Düsseldorf auf den nicht gänzlich abwegigen Gedanken verfallen, das Volk mit der Frage zu behelligen, was ihm lieber wäre: Schulden oder Bankrott der Kommunen? Neue Kredite oder Verelendung der Schulen? Rot-Grün oder Schwarz-Gelb? Die Chancen stehen so gut wie selten, dass die regierende rot-grüne Minderheit aus Neuwahlen eindeutig gestärkt hervorginge. Diese auszurufen, fehlte Rot-Grün bisher ein vernünftiger Grund oder eine einsichtige Ausrede. Die Anordnung aus Münster liefert beides frei Haus."

Der General-Anzeiger beleuchtet indes das Verhalten der Linken: "NRW braucht eine stabile Regierung und darf nicht von wechselnden Mehrheiten und den Launen einiger weltfremder Linker abhängig sein. Die hatten dem Nachtragshaushalt im Dezember übrigens aus Versehen zugestimmt. Aber das ist eine andere Geschichte."

Für die Heilbronner Stimme wären wünschenswerten Folgen aus dem Urteil keine regionale Neuwahlen, sondern ganz andere, und zwar bundesweite Konsequenzen: "Neuverschuldung muss mehr als bisher ein Tabu sein. Dass finanzielle Begehrlichkeiten einer Landesregierung auf strenge Richter stoßen, ist nicht das schlechteste Signal. Bekanntlich greift ab 2016 beziehungsweise 2020 endgültig die Schuldenbremse für Bund und Länder. Disziplinierung im Vorfeld kann da nicht schaden."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen