Umbildung im Kabinett "Sicherheit statt Glamour"
02.03.2011, 20:14 UhrDie Presse befindet die schnelle Kabinettsumbildung als eine vernünftige Lösung. Mit de Mazière und Friedrich kommen zwei solide Politiker ins Amt, die trotz wenig Glamour bei ihrer zukünftigen Amtsausübung glänzen können, meint n-tv.de. Ganz und gar nicht glänzt für einige Angela Merkel wegen ihres misslungenen Krisenmanagements in der Guttenberg-Affäre.
Angela Merkel setze "auf Sicherheit statt auf Glamour" und zeigt mit der Kabinettsumbildung "zugleich Handlungsfähigkeit", schreibt die Ostsee-Zeitung. "Tagelange Personalspekulationen hätten vor allem Merkels Ansehen, das in der Guttenberg-Affäre bereits arg gelitten hatte, noch weiter ramponiert." Der Wechsel in den Ressorts, "der das Gewicht der CSU im Kabinett sogar noch aufwertet", komme trotzdem überraschend, meint das Blatt weiter. "Dass sich Merkel auf einen Tausch der Ministerien zwischen den Unionsschwesterparteien einließ, hat offenbar damit zu tun, dass sie auf der Großbaustelle Bundeswehrreform einen erfahrenen Bauleiter braucht." Thomas de Maizière sei solch ein "stiller Macher" für das Blatt aus Rostock. "Effizienz steht für den Offizierssohn über Glanz und Gloria."
Die Landeszeitung Lüneburg geht näher auf Merkels Verhalten ein und fragt: "Verlässt die Kanzlerin der Instinkt?" In der Guttenberg-Affäre sei sie "nie Krisenmanagerin, sondern Getriebene" gewesen. "Sie verprellte eine Kernklientel der Union: konservative Gebildete." Die jetzige Kabinettsumbildung, die das Blatt einen "Befreiungsschlag" nennt, bringe zwar "Ruhe ins Kabinett". Aber sie könne damit nicht im Wahlkampf punkten, denn "der Satz, sie habe einen Minister eingestellt und keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter, ist mehr als ein Patzer. Er ist Ausweis einer Sozialisation, die nicht im rheinisch-katholischen Milieu stattfand, nicht in der Deutschland AG, in der konservative Leitsprüche von Leistungsbereitschaft mehr waren als Phrasen für Sonntagsreden. Merkels Schnodderigkeit entwertete einen Wert, der dem Bildungsbürgertum heilig ist."
"Eine Zäsur ist die kleine Rochade für die politische Kultur", meint der Kölner Stadt-Anzeiger und begründet seine Aussage: "Denn dem Menschenfischer Guttenberg folgen jetzt zwei Männer, denen Charisma weithin abgeht, die dafür aber genau das sind, was Guttenberg eben nicht war: grundseriöse Arbeiter." Zwar halte sie Sehnsucht nach Glamour-Guttenberg an, aber "das Modell de Maizière zeigt, dass die solideren Politikertypen auch die langlebigeren Politikertypen sind. Wenn sich mit der Guttenberg-Affäre auch die Maßstäbe ändern würden, an denen Politiker gemessen werden, dann wäre schon viel erreicht." Die Umbildung im Kabinett markiere immerhin einen Anfang, resümiert das Blatt.
Die Mittelbayerische Zeitung wirft einen Blick über die Personalrochade hinaus und beleuchtet zu Guttenberg am ersten Tag nach seinem Rücktritt. Die "Trauer über den Verlust des konservativen Hoffnungsträgers" sei groß. Dementsprechend breit sei "die Bewegung zur politischen Auferstehung des blaublütigen Oberfranken (…). Seehofer und Merkel gehören dazu. Auf ein solch charismatisches politisches Talent mit enormer Außenwirkung kann die Union nicht gut verzichten. Wie klein das Reservoir von CDU und CSU an ministrablen Politikern ist, hat die Suche nach einem Guttenberg-Nachfolger schmerzlich gezeigt."
Diesen Gedanken greift auch der Fränkische Tag auf: Karl-Theodor zu Guttenbergs "Selbstdemontage wirft die Unionsparteien darauf zurück, die Lücke, die Guttenberg reißt und die andere talentierte Figuren des bürgerlichen Lagers mit ihrem Abgang in der jüngsten Zeit gelassen haben, mit Inhalten zu füllen." So rechnet das Blatt aus Bamberg mit einem "tiefen Sturz der Unionsparteien bei den kommenden Landtagswahlen. "Das gibt Anlass zu Einkehr und Orientierung. Nicht die Eigenschaften, die man zu Guttenberg zuschrieb, sind falsch. Die Zuschreibung war der Irrtum. Volksparteien machen es sich zu leicht, wenn sie einen charismatischen Mann vorschicken. Dem bürgerlichen Lager steht harte Arbeit bevor."
Die Märkische Allgemeine konzentriert sich dagegen wieder auf die Personalrochade. Sie sei "unter den gegebenen Umständen eine vernünftige Lösung". Zwar werde Thomas de Maizière "nicht so fotogen wie sein Vorgänger im Schützengraben posieren, aber er wird das heikle Verteidigungsressort mit der nötigen Verantwortung leiten." Das Blatt aus Potsdam befindet, die Führung der Soldaten im Einsatz und die anstehende Reform der Streitkräfte (…) bei ihm in den richtigen Händen" seien. "Das Innenressort geht an einen CSU-Mann, der sich noch nicht als Hardliner hervorgetan hat. Auch hier spricht vieles für eine besonnene Amtsführung." Diese Personalien sehen nach einer "Beruhigung der Lage" aus – dürfte Angela Merkel angesichts der anstehenden Wahlen nur recht sein.
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger