Pressestimmen

Energiekonzept "Sogar Maßstäbe gesetzt"

Laufen bis 2036 weiter: Die AKWs in Deutschland.

Laufen bis 2036 weiter: Die AKWs in Deutschland.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Bundesregierung verlängert die Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland um 14 Jahre. Atomkraftgegner laufen Sturm und auch Teile der Presse vermissen die angekündigte Revolution von Schwarz-Gelb. Aber es gibt auch Zeitungen, die das beschlossene Energiekonzept für einen ökonomisch und ökologisch vernünftigen Ansatz halten.

"Lenin hatte doch recht. Bevor die Deutschen den Bahnhof stürmen, kaufen sie erst mal eine Bahnsteigkarte." Die Frankfurter Rundschau zieht Parallelen zu dem von der Bundesregierung beschlossenen Energiekonzept. Denn bevor sie "die Strukturen der Energieversorgung zukunftsfähig umbaut, fragt sie erst mal bei den großen Konzernen und Wirtschaftslobbys nach, ob das so in Ordnung geht. Wenn nicht, dann eben nicht." Ergo: "Die schwarz-gelben Revolutionäre wollen eine Revolution, die keinem wehtut." Doch die gebe es nicht, konstatiert das Blatt.

Auch der Reutlinger General-Anzeiger sucht die versprochene Revolution im Energiekonzept noch. Denn gegen Ende habe die Bundesregierung das "Energiekonzept umgeschrieben, entschärft und gestrichen". Dabei sei theoretisch, so das Blatt, "vieles denkbar gewesen ­ auch ein Ausstieg aus der Kernkraft um 2025". Zu diesem Ergebnis seien Wissenschaftler gekommen ­ "übrigens auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der die Bundesregierung berät", erinnert die Zeitung. "Doch Merkel, Westerwelle und Co. schwächen nicht die Macht der vier großen Energiekonzerne, die im internationalen Wettbewerb eine nicht unwichtige Rolle spielen."

Die Nürnberger Nachrichten lassen die Bedeutung bei der Entscheidung des Bundeskabinetts über das neue Energiekonzept ebenfalls nicht unerwähnt und meinen: "Kein Zweifel: Die vier Stromkonzerne als Reaktorbetreiber können mit wohlwollender Unterstützung der Regierung bestimmen, wie Sonne, Wasser, Biomasse und Wind ausgebaut werden." (…) Laufzeiten, insbesondere längere Laufzeiten, seien jedoch auch ein Problem der Sicherheit, da sehe die Regierung anscheinend keine Probleme. "Die Anforderungen sollen erhöht werden, aber wenn die Nachrüstung eines Reaktors mehr als 500 Millionen Euro kostet, müssen die Betreiber weniger Geld in den Öko-Fonds zur Förderung erneuerbarer Energien zahlen." Ebenso finde das Atommüll-Problem bei Schwarz-Gelb keine Erwähnung: "Längere Laufzeiten führten 'nicht zu einer veränderten Situation für die Endlagerung', heißt es. Im Klartext: Die Frage ist und bleibt ungelöst."

"Schwarz-Gelb regiert energiepolitisch auf dem Hochseil", schreibt die Rhein-Neckar-Zeitung und sieht unten "kein Netz". Dort wüte nicht nur die Opposition, dort klaffe auch die verlorene Bundesratsmehrheit, "über die sich die Regierung mit dem begrenzten Ausstieg aus dem Ausstieg hinweg schwingen will". Dabei sieht das Blatt im Gegensatz zu den bisher erwähnten Medien in dem "Gesamtkonzept einen ökonomisch und ökologisch vernünftigen Ansatz. Die Verlängerung der Kernenergienutzung ist dabei eine ungeliebte, aber hilfreiche Überbrückung. Dass sie den Übergang zur erneuerbaren Energien aushebelt, bleibt die unbewiesene Behauptung der Grünen, die in dieser Frage engstirnig ihren Markenkern verteidigen."

Die Leipziger Volkszeitung lobt das Energiekonzept sogar. Zunächst einmal laufe "der Vorwurf, Schwarz-Gelb habe die Umwelt nicht genügend berücksichtigt, (…) angesichts der Klimaschutzziele ins Leere." Denn "wer bis zum Jahr 2050 80 Prozent des Energieverbrauches aus erneuerbaren Energien decken will, der nimmt international eine Vorreiterrolle ein." Die Deutschen seien "in der Umsetzung ihrer Ziele im europäischen Vergleich vorbildlich". Und so "haben Merkel, Brüderle und Co. mit dem Konzept sogar Maßstäbe gesetzt. Für einen vernünftigen Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie." Die Deutschen würden auf keiner Insel leben. "Die Kernkraft feiert rund um den Globus eine Renaissance. Und die Kohle war ohnehin nie infrage gestellt."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger

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