Herabstufung von Euro-Ländern "Ungeschminkte Schonungslosigkeit"
28.04.2010, 21:47 Uhr
  Die Ratingagentur Standard & Poor's hat jetzt auch die Kreditwürdigkeit von Spanien um eine Note gesenkt.
(Foto: dpa)
Die Krise der Euro-Zone hat sich massiv verschärft. Nach Griechenland und Portugal stufte die Rating-Agentur Standard & Poor's auch Spaniens Kreditwürdigkeit herab. Damit wächst die Angst vor einem Dominoeffekt, der auch noch andere schwächelnde Mitglieder der Euro-Zone in Finanz-Schwierigkeiten bringen könnte. Die Folge: Schockwellen an den internationalen Finanzmärkten und heftige Kritik am Einfluss der Rating-Agenturen.
"Die US-Ratingagentur Standard & Poor's treibt die Eskalation voran, indem sie griechische Staatsanleihen als Schrottpapiere abstempelt und Portugal, Irland und Spanien anzählt. Doch die Warnung vor dem Staatsbankrott ist ein abgekartetes Spiel, in dem Ratingagenturen als Handlanger spekulativer Anleger und geopolitischer Interessen agieren", kommentiert die tageszeitung die Rolle der Ratingagenturen bezogen auf die Krise in Griechenland. Trotz des schlechten Ratings gäbe es nämlich keinen Zweifel daran, dass die Euro-Länder Athen vor der Pleite retten werden: "Eine Zahlungsunfähigkeit wäre für den Währunsverbund sehr viel dramatischer und teurer als eine kurzfristige Intervention. Standard & Poor's handelt deshalb wider besseres Wissen. Die profitorientierten Bonitätsprüfer waren noch nie unabhängige Schiedsrichter der Finanzmärkte, auch wenn sie bis heute als deren Dirigenten auftreten."
Die in Potsdam herausgegebene Märkische Allgemeine ist anderer Ansicht: "Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen, und es gibt nicht wenige Politiker, die als erstes über Rating-Agenturen herziehen, die die Krise durch ihre Herabstufung griechischer Papiere verschärfen". Das Gegenteil sei der Fall: "Die lästigen Agenturen verhindern nun den nächsten Selbstbetrug, vor allem aber den Betrug an den steuerzahlenden EU-Bürgern. Ein nahezu zahlungsunfähiges Land, in dem die Bürger mit Generalstreik auf Sparbemühungen reagieren, darf nicht durch wohlwollende Bewertung seiner Anleihen das nächste finanzpolitische Trugbild aufbauen. Diese ungeschminkte Schonungslosigkeit haben vor allem die Steuerzahler jener Länder verdient, die Athen womöglich zu Hilfe eilen müssen."
"Über Griechenland ist hierzulande eine fast chauvinistische Diskussion hereingebrochen", stellt die Saarbrücker Zeitung fest. "Die faulen Griechen, unser schönes Erspartes, wir wollen die D-Mark wiederhaben, und so weiter. Aber was ist mit den faulen Deutschen, die gerade ihr Haushaltsdefizit um 80 Milliarden Euro erhöht haben? Über die eigenen Verhältnisse leben, Wahlkampfwohltaten verteilen all das ist doch keine Athener Spezialität!" Das saarländische Blatt appelliert ans Gewissen: "Worauf beruht eigentlich die Erwartung, dass wir (anders als Athen) unsere Schulden immer werden zurückzahlen können und die Finanzagenturen nicht eines Tages auch uns herabstufen? Nur auf Hoffnung!"
Auch die Märkische Oderzeitung bezieht Position: "Bei allem Verständnis für strikte Prüfungen, um sich im großen Zahlenwerk nicht wieder von Athen austricksen zu lassen: Das immer näher rückende Szenario ist doch absehbar. Es muss einem Angst und Bange machen und würde zudem viel mehr kosten als die jetzt in Rede stehenden Summen: Erst fällt Griechenland, dann Portugal, dann Spanien. Und das müsste noch nicht einmal das Ende der Kette sein". Für die in Frankfurt/Oder herausgegebene Tageszeitung steht fest: "Das Ende der Gemeinschaftswährung wäre es auf jeden Fall. Allem Teuro-Gerede zum Trotz hat aber die Gemeinschaftswährung der deutschen Wirtschaft genauso wie dem deutschen Verbraucher genützt, hat in Europa vieles berechenbarer und bequemer gemacht. Und der starke Euro bewahrte uns bisher davor, dass die weltweite Dollar-Preisexplosion bei Öl und anderen Rohstoffen voll durchschlägt. Diese Währung hat es verdient, gerettet zu werden."
Das Handelsblatt blickt indes weiter: "Nach der Soforthilfe fängt die eigentliche Arbeit erst an. Es gilt, die Schuldenlast Griechenlands so zu reduzieren, dass sie tragbar ist. Außerdem muss das Land seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Das wird in der einen oder anderen Form auf einen Verzicht der Gläubiger in Milliardenhöhe hinauslaufen. Um die Steuerzahler zu schützen, sollte Deutschland daher darauf bestehen, dass die EU-Schulden nach denen des Internationalen Währungsfonds, aber vorrangig vor denen der privaten Gläubiger eingereiht werden". Dabei sei wichtig, dass das Verfahren sauber geplant und unter Führung des IWF durchgezogen werde – "ohne eine Chaosphase zu riskieren". Denn: "Alle Konzepte sind zu kompliziert, um sie so vor der nächsten fälligen Refinanzierung umzusetzen. Aber danach gilt es, keine Zeit zu verlieren."
Quelle: ntv.de