"Niederlage für die Stuttgarter" VW-Porsche-Fusion
07.05.2009, 20:56 UhrVW und Porsche fusionieren. Diese Entscheidung ist getroffen. Offen bleibt noch, von wo und mit wem an der Spitze das Autoimperium geführt werden soll. Die Presse ist sich nicht einig darüber, ob die Fusion eine gute Entscheidung war. Deutlicher jedoch kommentiert sie, dass der Verlierer dieses Machtkampfes Porsche ist.
"Grundsätzlich ist die Fusion von VW und Porsche eine gute Lösung für beide Unternehmen", schreibt die Augsburger Allgemeine. Der Volkswagen-Konzern habe doch bewiesen, dass er es versteht, starke Hersteller wie VW, Audi, Seat oder Skoda "unter einem Dach zu bündeln". Zudem seien die Wolfsburger erfahren, "Technik kostensparend zu vereinheitlichen und dennoch die Eigenständigkeit der Marken zu erhalten". Diese technologischen Schlagkraft eröffne neue Möglichkeiten, die insbesondere für die Zukunft wichtig seien: "die Entwicklung alternativer, klimaschonender Antriebskonzepte".
Auch die Bayerische Rundschau sieht die Fusion positiv: "Da wächst zusammen, was zusammengehört." Die Verbundenheit der beiden Konzerne findet sich weit zurück in der Geschichte, denn "ohne Ferdinand Porsche und seinen KdF-Wagen wäre es nie zum VW gekommen und ohne aufgemotzte VW-Boxermotoren wäre Porsche nie eine Ikone unter den Supersportwagen geworden, " erläutert das Blatt. Außerdem gab es 1969 schon den "Doppelversuch beider Werke" mit dem Mittelmotor-VW-Porsche 914, "Marktpositionen zu sichern". Die Zeitung aus kulmbach erklärt weiter: "VW suchte einen Nachfolger für den Karmann Ghia, Porsche nach dem 356 ein preiswertes Einstiegsmodell. Es wurde eine Mesalliance, denn der enge und laute 914 passte weder zur einen noch zur anderen Klientel." Aber klappt das auch in Zukunft? Erfolgreich sind der "Wolfsburger Massenhersteller" und die "Zuffenhausener Edelschmiede" nur dann, "wenn sie ihre eigenen Stärken bewahren".
Vorsichtiger äußert sich die Frankfurter Rundschau, die die Fusion für Porsche nur als "zweitbeste Lösung" betrachtet. Denn eigentlich wollten die "Enkel des legendären Firmengründers und VW-Käfer-Konstrukteurs, Ferdinand Porsche, die volle Kontrolle bei VW übernehmen, die Sonderrechte des Landes Niedersachsen aushebeln und am liebsten die besondere Form der Mitbestimmung gleich dazu". Doch nun sind sie "grandios gescheitert". Die Fusion habe aber einen Vorteil für die Arbeitnehmervertreter und die Politik: Diese "können auch künftig ihr Veto einlegen, wenns etwa um Arbeitsplatzabbau geht." Die Finanzkrise habe also ihr Gutes. Das Blatt endet mit einem Vergleich: "Der Deutschlandchef der Investmentbank Goldman Sachs hat vor einigen Tagen kollektive Demut gefordert. Bescheidenheit tuts auch schon im Fall der Familien Pich und Porsche."
Die Süddeutsche Zeitung nimmt die Personalie Ferdinand Pichs genauer in den Blick. Dessen Rolle sei in dem ganzen "Übernahmedrama" fragwürdig.
Piech ist "Mitgesellschafter von Porsche, zugleich aber Aufsichtsratschef von VW." Von 1993 bis 2002 war er Vorstandschef von VW, beim Übernahmeversuch seiner Familie saß er aber "auf beiden Seiten des Tisches, auch wenn er sich gelegentlich bei Porsche gegen seine Vettern stellte". Für die Zeitung aus München ist ganz klar: "Das ist eine Interessenskollision, die allen Regeln guter Unternehmensführung Hohn spricht."
Das Handelsblatt wechselt die Bühne und beobachtet Wendelin Wiedeking. "Der vom Erfolg berauschte Manager, der Porsche vor dem Aus rettete und zum profitabelsten Autohersteller der Welt machte, lernt eine neue Lektion: Demut." Der VW-Aufsichtsrat Niedersachsen und der Betriebsrat waren immer schon ungeliebte Partner, aber ohne sie könne Wiedeking jetzt nicht mehr regieren. "Nicht einmal mehr zu Hause." Der Ton müsse nun vom Kommando zur Diplomatie wechseln. In der Praxis sieht das folgendermaßen aus: "Porsches Betriebsratschef Uwe Hück, der lange mit seinen VW-Kollegen im Clinch lag, fordert jetzt die Ausweitung des von Porsche erbittert bekämpften VW-Gesetzes, das Niedersachsen und den Mitarbeitern Sonderrechte einräumt, auf Porsche." Und das gehe rechtlich nur, "wenn die Volkswagen AG das Dach des Konzerns bildet". Die "bittere Niederlage für die Stuttgarter" macht sie eindeutig zu Verlierern, deren eigener Spielraum zudem durch das VW-Gesetz noch kleiner wird.
Zusammengestellt von Julia Jaroschewski
Quelle: ntv.de