Pressestimmen

Regierungserklärung im Bundestag "Vage Wege aus der Krise"

Die erste Regierungserklärung der Schwarz-Gelben Koalition bedeutet für die Presse: Viele Worte, wenig Inhalt, höhere Schulden.

Die erste Regierungserklärung der Schwarz-Gelben Koalition bedeutet für die Presse: Viele Worte, wenig Inhalt, höhere Schulden.

Die Hessische und Niedersächsische Allgemeine schaut am Rednerpult auf Merkels Frisur: "Die Sphinx aus dem Kanzleramt blieb auch gestern im Ungefähren. Wer würde ihr widersprechen wollen, dass sich das Land in einer äußerst schwierigen Wirtschaftskrise befindet? Wer wollte bestreiten, dass der Staat nur so gut sein kann, wie seine Bürger sich für ihn engagieren?" Die Alterung unserer Gesellschaft stelle das Sozialsystem vor große Aufgaben. Doch das sind nicht alle Fragen: "Wie wollen wir den Herausforderungen begegnen? Wem wird gegeben, wem genommen? Wie soll unser Steuersystem umgebaut werden? Das Gesundheitssystem? Wie kommt die Bundeswehr raus aus Afghanistan? Klare Antworten seitens der Bundeskanzlerin?"

Angela Merkel bei der ersten Regierungserklärung der neuen Legislaturperiode.

Angela Merkel bei der ersten Regierungserklärung der neuen Legislaturperiode.

(Foto: dpa)

Die Berliner Morgenpost kramt in der Vergangenheit der Bundeskanzlerin – und findet Anhaltspunkte für ihre frühere Aufgabe als Umweltministerin: "Zumindest ökologisch gesehen war der Auftritt von Angela Merkel zum Start der neuen Legislaturperiode bemerkenswert. Denn selten zuvor war eine Regierungserklärung aus so viel Recyclingmaterial zusammengestoppelt." Der wohlklingende Fünf-Punkte-Plan berge Altbekanntes: Krisenreaktion, Bürger mit Staat versöhnen, Demografie, Umwelt, Verhältnis von Freiheit und Sicherheit. Mit diesem Plan habe jeder Kanzler seit 1949 antreten können. Und die Ankündigung einer "schonungslosen Analyse"? "Ob Bildung, Gesundheit oder Arbeitsmarkt - seit Jahrzehnten wird schonungslos analysiert. Die Deutschen sind Weltmeister im Beschreiben von Problemen; nur mit dem Lösen dauert es ziemlich lange."

Der Münchner Merkur kramt in den Büchern: "Je düsterer die Eröffnungsbilanz, desto freundlicher der Blick in die Zukunft: Um diese alte Wirtschafts-Weisheit herum hatte Angela Merkel ihre Regierungserklärung konzipiert, wobei sie ungeniert darüber hinwegging, dass die neue Firmenchefin gleichzeitig die alte ist." Allerdings habe die Kanzlerin einem planvoll desillusionierten Publikum kühl die schon sattsam erörterten, aber immer noch ziemlich vagen Wege aus der Krise präsentiert. Von einer Vision sei nichts zu spüren. "Im Unverbindlichen zu verharren und niemandem allzu weh tun zu wollen, wie die Regierungserklärung suggeriert, wäre kein taugliches Konzept für diese schicksalhafte Legislaturperiode. Das Erbe der Finanzkrise ruft gebieterisch nach einer neuen Angela Merkel."

Die Financial Times Deutschland freut sich über das neue Leben im Plenarsaal: "Es ist eine Erleichterung für Abgeordnete und Publikum, dass die Große Koalition nun Geschichte ist. Wie befreit johlten und klatschten die Parlamentarier von Regierung und Opposition ihren Spitzenleuten zu - befreit von den Zwängen der lagerübergreifenden Zusammenarbeit, befreit von der erdrückenden Regierungsmehrheit aus SPD und Union." Für den deutschen Politikbetrieb sei die wiederbelebte Lagerkonstellation eine Chance. Das Parlament könne, wenn es diese Chance ergreife, vom Verwalter der Regierungspolitik wieder zum Schauplatz lebhafter Debatten werden."

Geht es nach der Leipziger Volkszeitung, sollte Angela Merkel den Zauberstab in die Hand nehmen, um ihre übernatürlichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. "Die Bundeskanzlerin, derzeit vermutlich auf dem Höhepunkt ihres Ansehens, behauptet, ihre schwarz-gelbe Wachstums-Magie sei nichts anderes als die schonungslose Analyse und eine Wunder heilende Rezeptur in einem." Dabei beruhe doch alles nur auf Pump und auf dem erstaunlichen Mut zur reinen Interessenspolitik. "An dem Tag, da den Rentnern eine zweijährige Nullrunde versprochen wird, verteidigt die neue Bundesregierung ihren rückhaltlosen Kurs der Besserstellung von Besserverdienenden in besseren Verhältnissen."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Roland Peters

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