Pressestimmen

Dioxin-Skandal Verbraucher sind mitverantwortlich

Futtermittelhersteller, Erzeuger, Verbraucher, Politik: Die Frage nach der Verantwortung im Dioxin-Skandal ist nicht so einfach zu klären, das zeigt auch die kontroverse Diskussion in der Presse. Man darf der Landwirtschaft nicht pauschal eine weiße Weste attestieren oder den Konsumenten aus der Verantwortung ziehen, heißt es einerseits. Die Verbraucher sind die Dummen und den Schaden tragen die Erzeuger, schreiben andere.

Stehen Erzeuger und Verbraucher ebenso in der Verantwortung?

Stehen Erzeuger und Verbraucher ebenso in der Verantwortung?

(Foto: dpa)

"Die Erzeuger, die jetzt laut nach einem Entschädigungsfonds rufen und Geld für Verdienstausfälle fordern, bewegen sich auf dünnem Eis. Schließlich sind ihre Betriebe keine Höfe mehr wie zu Großmutters Zeiten mit zwei Dutzend Hühnern, sondern gigantische Anlagen mit zehntausenden Tieren. Kreaturen, für die der Halter Verantwortung hat er sollte zumindest wissen, was er ihnen in die Tröge kippt", findet die Westdeutsche Zeitung und kritisiert Unschuldsbeteuerungen seitens der Bauern: "Zu behaupten, Bauern seien Futterpanschern schutzlos ausgeliefert sei, ist scheinheilig und falsch. Schließlich könnten man stutzig werden, wenn das eine Futtermittel viel billiger ist als das andere. Sicher, man darf nicht die gesamte Branche über einen Kamm scheren. Es gibt aber keinerlei Anlass, der Landwirtschaft pauschal eine weiße Weste zu attestieren. Die Lebensmittelskandale der Vergangenheit haben das gezeigt. Deshalb ist es richtig, verdächtige Betriebe vorübergehend zu schließen auch, wenn ihre Zahl in die Tausende geht und es auch Erzeuger trifft, die sauber arbeiten. Das hat nichts mit Sippenhaft zu tun, sondern mit angemessenem Handeln."

Die Berliner Zeitung sieht noch jemanden in die Verantwortung: "Doch wer diesen ekelerregenden Vorgang ehrlich analysiert, der wird nicht umhinkommen, auch den Verbraucher als Mitverantwortlichen zu sehen. Wer essen will, was das Zeug hält, weit über die Sättigungsgrenze hinaus, wer Fleisch und Eier, Fisch und Kuchen kaufen möchte, wann immer ihn danach gelüstet, wer dies alles auch noch billig haben will, der darf sich nicht beklagen. Es ist naiv, nicht sehen zu wollen, dass ein Kilo Fleisch für 2,89 Euro nicht anständig produziert sein kann. Fleisch ist Luxus. Fleisch muss teuer sein."

"Die Verbraucher sind die Dummen", meint hingegen der Mannheimer Morgen. "Auch dieses Mal. Sie bleiben im Dioxin-Skandal zumindest vorerst ziemlich ratlos zurück." Den Grund sieht das Blatt nicht in der Informationspolitik der Behörden: "Die war gut und konsequent, was die EU mit ihrem Lob bestätigte." Keine noch so schnelle und umfassende Benachrichtigung der Öffentlichkeit könne das Gefühl der Ohnmacht beiseite fegen. "Der nächste Skandal wird kommen - hellseherischer Begabung bedarf es für diese Prognose nicht."

"Es geht aber nicht nur ums Geld, sondern auch ums Wissen. Wenn die Verbraucher gut informiert wären, könnten sie zwischen vertrauenswürdigen Unternehmen und solchen, die man lieber meidet, unterscheiden", kommentiert die Stuttgarter Zeitung. "Man ahnt, wie aufwendig das ist. Eine Voraussetzung dafür kann die Politik schaffen: sie sollte ein Portal einrichten, auf dem sich Verbraucher schnell informieren können. Es ist nur allzu verständlich, dass sich viele Verbraucher nicht die Mühe machen, die Informationen zusammenzusuchen. Daher wäre eine Informationszentrale ein Schritt in Richtung Transparenz."

"Dass die Eigenkontrollen der Futtermittelhersteller offensichtlich nicht ausreichen, wird mit jeder neuen Erkenntnis über die Dimension des jüngsten Dioxin-Skandals deutlicher. Schon aus dem bisher bekannt Gewordenen ergibt sich, dass schwarze Schafe der Branche mit System gemauschelt und Vorschriften ignoriert haben", fasst die Dithmarscher Landeszeitung zusammen. "Da die Verarbeitung von technischer Mischfettsäure zu Tierfutter erheblich billiger ist als die Verwendung zum Verzehr geeigneter Fette, liegt die Vermutung nahe, dass die kriminellen Machenschaften rein finanziell motiviert sind. Den Schaden haben die verunsicherten Verbraucher, vor allem aber tausende landwirtschaftliche Betriebe."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Nadin Härtwig

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