Gesetz für bessere Krebsbekämpfung "Viel zu lange gewartet"
22.08.2012, 19:30 Uhr
In Deutschland stirbt jeder Vierte an Krebs. Die Bundesregierung nimmt nun den Kampf gegen die Krankheit auf und bringt ein Gesetz auf den Weg, mit dem die Strukturen der Vorsorgeuntersuchungen verbessert und flächendeckende Krebsregister aufgebaut werden sollen. Hunderttausende Krebskranke sollen so von mehr Früherkennung und besseren Therapien profitieren. Grundlage für die Maßnahmen ist der seit vier Jahren bestehende nationale Krebsplan.

Ein Hautarzt untersucht mit einem Vergrößerungsglas die Haut einer Patientin bei einer Hautkrebs-Früherkennung. Immer mehr Menschen erkranken jedes Jahr neu an Krebs.
(Foto: dpa)
Die Frankfurter Allgemeine fasst das Vorhaben der Bundesregierung zusammen: "Mit Hilfe der neuen Krebsregister soll herausgefunden werden, welche Therapie die Beste ist, wo schlechter behandelt wird, welche Folgekrankheiten drohen und wie es um die Lebensqualität nach einer Krebsbehandlung steht". Die Zeitung aus Hessen verweist darauf, dass der Nutzen solch wissenschaftlich genutzter Datensammlungen "international nachgewiesen" sei: "Auf ihnen gründen Fortschritte in der Therapie von Brust- und Darmkrebs. Wer könnte an solchen Informationen mehr Interesse haben als der potentielle Patient? Die Kassen haben also kein Recht, den Streit darüber, was die Länder bezahlen sollen, in denen die Krebsregister betrieben werden, noch länger zu Lasten des Gemeinwohls fortzusetzen. Sechzig Millionen Euro im Jahr sollen die Krebsregister kosten, das sind weniger als ein Euro je Bürger (…). Und wer will das nicht?".
"Viel zu lange hat Berlin mit dieser Zielsetzung gewartet", kommentiert die Badische Zeitung. Das süddeutsche Blatt zollt Gesundheitsminister Bahr Anerkennung dafür, "dass er sie jetzt endlich anpackt". Der Kommentator erachtet es als richtig, dass Bahr die Früherkennung ausbauen will: "Sie ist, keine Frage, umstritten. Eben deshalb hilft nur, dass jeder genug Informationen bekommt, um Für und Wider zu wägen. Zu einer individuellen Entscheidung passt kein Bußgeld für Bürger, die nicht zur Früherkennung gehen. Und deshalb ist es richtig, dass Bahr die Buße - ganz, wie es sich für einen Liberalen gehört – abschafft".
Das Delmenhorster Kreisblatt befindet: "Leider hat Minister Bahr auch die Möglichkeit verpasst, die Position der Patienten zu stärken. Dazu wäre es sinnvoll gewesen, die Register für alle zugänglich zu machen". Denn nur mit mehr Transparenz könnten sich die Bürger "unaufgeregt mit dem Angstthema Krebs befassen", nur so würden Krebskranke einen objektiven Einblick in alle denkbaren Therapieformen erhalten, lautet der Kommentar aus Niedersachsen. Die Zeitung kommt zu dem Schluss: "Bahrs Paket mag ein Schritt in die richtige Richtung sein: Für das Ziel der Patientenmündigkeit wäre aber ein deutlich größerer Sprung nötig gewesen".
Kritisch äußert sich auch die Heilbronner Stimme. Für die Zeitung aus Baden-Württemberg ist "der große Schwachpunkt des eigentlich vernünftigen neuen Gesetzes", dass Kranke und ihre Angehörigen "von diesen Informationen ausgesperrt" werden, "obwohl die gesetzlichen Krankenkassen diese Einrichtungen finanzieren sollen. Und wieso scheut Gesundheitsminister Bahr davor zurück, ein zentrales Krebsregister zu installieren? Er schiebt stattdessen die Verantwortung den Ländern zu".
Auch wenn das Ganze nach lästiger Formular-Ausfüllerei in der Klinik klinge, so sei es dennoch "wichtig", schreibt die Frankfurter Rundschau: "Denn es hilft den Fachgesellschaften zu überprüfen, ob ihre Goldstandards für die Behandlung, die Leitlinien, wirklich goldrichtig sind. Natürlich profitieren auch die Krebspatienten, die auf diese Weise sicherer sein können, die beste Behandlung zu bekommen. Dazu gehört auch, ihnen unnötige Prozeduren zu ersparen. Bei Brustkrebs-OPs etwa haben Ärzte lange Zeit alle Lymphknoten in der Achsel entfernt. Bereits vorhandene klinische Register zeigten, dass das gar nicht nötig ist".
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke