Vorstoß für "Veteranentag" in Deutschland "Wäre das falsche Signal"
16.02.2012, 20:11 Uhr
Gefallene, Krieg, Veteranen - lange hat sich die deutsche Politik mit der Verwendung dieser Begriffe schwergetan. Inzwischen hat sich das geändert. Bundesverteidigungsminister de Maizière will den Veteranen der Bundeswehr jetzt sogar mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung verschaffen: Er regt die Einrichtung eines "Veteranentages", wie er in zahlreichen anderen Ländern üblich ist, an. Handelt sich dabei um eine überfällige "Respektbekundung vor den Soldaten und ihren Angehörigen" oder einfach nur, wie Roland Peters von n-tv.de meint, um eine "plumpe (An-)Werbeveranstaltung für neue Rekruten"?

Der Vorstoß von Verteidigungsminister de Maizière für einen Veteranentag stößt auf Vorbehalte.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Wozu soll ein 'Veteranentag' dienen?", fragt der Tagesspiegel . "Die Bundeswehr von heute ist eine Armee im potenziell tödlichen Einsatz. Sie hat kaum noch Ähnlichkeit mit jener Truppe im Kalten Krieg, die sich vor allem darauf vorbereitete, tunlichst nicht kämpfen zu müssen", so das Blatt aus Berlin. Dem versuche die Politik Rechnung zu tragen: "Ein 'Veteranentag' aber, womöglich mit Pomp und Aufmärschen, wäre der zivilen Republik unangemessen. Und - bei allem Respekt vor der Entscheidung jedes Einzelnen, der Soldat wird - zudem das falsche Signal. 'Krieg' gilt in der deutschen Außenpolitik als Ultima Ratio: als letztes Mittel, wenn alle anderen versagt haben. Das vor Augen, sollten zuallererst einmal jene geehrt werden, die sich in zivilen Organisationen aufreiben, um mit ihrer oft nicht weniger gefährlichen Arbeit Militäreinsätze unnötig zu machen".
Für die Frankfurter Rundschau gibt es indes "gute Gründe, über den Bedarf an zivilen Heldenmut nachzudenken. Die Manifestationen von Gewalt im Alltag, seien es Amokläufe in Schulen oder die mutmaßlich rassistisch motivierten Morde der sogenannten Zwickauer Zelle, sind zuletzt in Gestalt eines neuen Kriegertums aufgetreten, das dringend einer gesellschaftlichen Antwort bedarf. Wenn Thomas de Maizière eine Diskussion jenseits bloßer Symbolpolitik anstoßen will, dann sollte man ihn beim Wort nehmen. Es müsste eine Diskussion sein über gesellschaftliche Gewalt, die Wehrhaftigkeit des Staates und deren wechselvolle Wirkungen nach innen und außen. Ob dabei dann ein Gedenktag herauskommen muss, ist eine ganz andere Frage".
Der Kölner Stadtanzeiger betrachtet den Vorschlag des Verteidigungsministers skeptisch: "Es gibt eine wachsende Entfremdung der Bundeswehr von der Gesellschaft. Die Anwesenheit der Soldaten am Hindukusch beispielsweise wird von der Mehrheit der Deutschen abgelehnt - und zwar auch deshalb, weil sich diese Gesellschaft im Kern zivilisiert hat. Die Kluft wird der Minister selbst mit einem 'Veteranentag' nicht überbrücken können. Gut möglich, dass ein solcher Tag sie sogar erst richtig hervortreten lässt".
Ganz klar Stellung bezieht die Recklinghäuser Zeitung aus dem Ruhrgebiet: "Nein, der 'Dank des Vaterlands' muss anders aussehen. Dazu gehört eine bessere Ausrüstung der Soldaten vor Ort ebenso wie eine den Gefahren entsprechende Besoldung. Dazu gehört vor allem auch Hilfe für seelisch und körperlich versehrte Heimkehrer, denen es erspart werden sollte, um Versorgungsansprüche erst jahrelang prozessieren zu müssen".
"In der Kommentierung des von Thomas de Maizière angestoßenen 'Veteranentages' schwingt vielfach Unbehagen mit", fasst die Märkische Allgemeine die Diskussion um den Vorstoß von Thomas de Maizière zusammen. Für den Kommentator aus Potsdam ist dies "Ausdruck eines wachen historischen Bewusstseins". Zugleich bezeuge es "aber auch das Wegducken vor der Realität der Soldaten in den Krisengebieten und den Unwillen, sich 'zur Truppe' zu bekennen". Die Bundeswehr aber sei kein Schützenverein auf Vergnügungsreise, heißt es weiter: "Die Soldaten werden von den politischen Vertretern Deutschlands nach Afghanistan geschickt und stehen mit ihrem Leben für die Erfüllung ihres Mandates ein - eines Mandates, das auch von Abgeordneten der nun eher mäßig begeisterten Opposition beschlossen wurde. Es geht um Anerkennung, um eine Respektsbekundung vor den Soldaten und ihren Angehörigen". Und so stellt die Zeitung die Frage in den Raum: "Wer wollte behaupten, das hätten sie nicht verdient?".
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke