Pressestimmen

EU hält Seehofers Maut für möglich "Was soll da bei den Straßen ankommen?"

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Die Maut wird nach der Zustimmung aus Brüssel eine gewichtige Rolle bei den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen spielen.

Die Maut wird nach der Zustimmung aus Brüssel eine gewichtige Rolle bei den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen spielen.

(Foto: dpa)

Sie war das Wahlkampfthema des CSU-Chefs, jetzt bekommt Seehofer in Sachen Pkw-Maut Rückendwind aus Brüssel. Die EU hält eine Autobahn-Gebühr für Ausländer bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung deutscher Autofahrer für rechtmäßig. Steht der Maut nun nichts mehr im Wege? Über Sinn und Unsinn der christsozialen Forderung debattieren die Kommentatoren der deutschen Presse.

"Seehofer genügt es, sich ein Thema zu suchen, dass vielleicht nicht allzu relevant ist, sich aber vereinfachen und emotional aufladen lässt", kommentieren die  Nürnberger Nachrichten. Dafür sei auch die "Maut für Ausländer", die er unermüdlich propagiere und für die er jetzt in seiner Lesart auch die Zustimmung der EU bekommen habe, ein treffendes Beispiel. Jedoch wisse der CSU-Chef sehr wohl, "dass sie in der angedachten Form nach wie vor gegen geltendes EU-Recht verstößt". Nun dürfe man gespannt darauf sein, so die Zeitung abschließend, "wie bald die Kombination Maut/Kfz-Steuer als großer Wurf dargestellt wird".

Die EU-Zustimmung zum Thema Pkw-Maut lasse "viel Raum für Interpretationen", schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Dennoch bedeute der Brief, in dem sich EU-Verkehrskommissar Kallas zu dem Thema geäußert hat, einen "Rückenwind" für die CSU, der "vor allem der SPD, am stärksten aber Angela Merkel ins Gesicht" wehe. "Die Kanzlerin wird ihren Satz 'Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben' wohl noch einmal in Arbeit geben müssen. Dies tue sie, so die FAZ weiter, am besten in "Seehofers Werkstatt": "Der CSU-Politiker würde daraus spielend einen Konditionalsatz formen. Zum Beispiel: Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben, wenn es nicht eine Entlastung für den sozial schwachen Vielfahrer gibt." So hätte dann auch die SPD "keine Schwierigkeiten, die Kurve zu kriegen".

Die Märkische Oderzeitung bezweifelt den Nutzen der von der CSU geforderten Maut für Ausländer: "Selbst wenn sich die CSU in den Berliner Koalitionsverhandlungen und in der Brüsseler Verwaltung durchsetzen sollte, stellt sich die Frage nach dem Sinn." Die Maßnahme würde kaum Geld in die Kassen spülen, denn: "Der Anteil der Ausländer am deutschen Verkehr liegt bei gerade fünf Prozent. (…) Zudem müsste für die Vignette eine Bürokratie aufgebaut werden. Was soll da bei den bröckelnden Straßen ankommen?"

Auch das Düsseldorfer Handelsblatt bezweifelt die Wirtschaftlichkeit der Maut und fordert: "CDU und SPD sollten die Ampel schnell wieder auf Rot stellen." Die Ausländermaut löse keine Probleme. Im Gegenteil: "Es entstünde eine unnötige Bürokratie, die weit mehr als ein Viertel der Einnahmen auffressen würde. Am Ende blieben dem Staat vielleicht eine halbe Milliarde Euro, während er den Deutschen vier Milliarden über die Kfz-Steuer erstatten müsste - jene Steuer, über die sich etwa der Kauf umweltfreundlicher Fahrzeuge unkompliziert fördern lässt."

Ganz anders fällt das Urteil des Mannheimer Morgens aus: "Der Ansatz (ist) richtig. Die gewaltigen Investitionen in den Straßenverkehr müssen mehr und mehr von denen aufgebracht werden, die die Kosten verursachen. Das ist zunächst die Transportwirtschaft - Lkw belasten das System am stärksten. Auch sie müssen künftig einen höheren Beitrag leisten. Es nützt nur alles nichts, solange das von den Verkehrsteilnehmern aufgebrachte Geld im allgemeinen Haushalt verschwindet. Die Zweckbindung ist notwendig, damit Investitionen unabhängig von der Haushaltslage gesichert sind. Wenn Schlaglöcher und Engpässe verschwinden, steigt auch die Akzeptanz für diesen unpopulären Schritt."

Die Neue Osnabrücker Zeitung beklagt den unsachlichen Tonfall Seehofers im Wahlkampf zum Thema Pkw-Maut: "Unschön waren (…) die offen stammtischhaften Beiklänge, mit denen der CSU-Mann durch den Wahlkampf polterte. "Die Ausländer", "unsere Straßen", ein bisschen weniger Ressentiment und mehr Sachlichkeit wären besser gewesen." Nun, da die Maut mit Wucht in die Koalitionsverhandlungen zurückkehren werde, bleibe zu hoffen, "dass sie sachbezogener diskutiert wird als zuletzt".

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg

Quelle: ntv.de

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