Ringen um die Frauenquote "Zufriedene Männermienen" dank Schröder
30.03.2011, 21:49 UhrFrauen sind in deutschen Chefetagen Mangelware. Das wollen die 30 Dax-Konzerne ganz freiwillig ändern - nach der "niedlichen Flexi-Quote" von Familienministerin Schröder. Die Zeitungen sind nicht überzeugt. Manche von der Sache an sich nicht. Und vom Erfolg des Unterfangens erst recht nicht.
"Frauen in Führungspositionen schaden einem Unternehmen nicht." Die Märkische Oderzeitung führt eine Studie an, nach der "die Rendite weiblich geführter Betriebe höher ist". "Frauen führen anders, aber nicht schlechter. Sie legen mehr Wert auf Freiräume für die Mitarbeiter, die die Motivation fördern. Es kann also auch nicht sein, dass nur die paar Frauen an die Spitze kommen, die gelernt haben, sich wie Männer zu verhalten." Doch allzu oft entstehe dieser Eindruck, schreibt das Blatt aus Frankfurt/Oder und fordert eine "gesetzlich festgeschriebene Frauenquote". "Wenn es für unsere Kinder irgendwann hoffentlich selbstverständlich ist, dass eine Frau an der Spitze von Siemens steht, dass eine Chefin die Telekom leitet, dann wieder weg damit. Die Quote ist in diesem Fall ein elender, aber notwendiger Weg zum Ziel."
"Die Führungsetagen deutscher Unternehmen sind eine nahezu geschlossene Männergesellschaft. Etwa neun von zehn Betrieben haben keine einzige weibliche Vorstandskraft an ihrer Spitze. Diese traurige Tatsache wird in Sonntagsreden schon lange beklagt. Aber geändert hat sich praktisch nichts", bedauert die Ludwigsburger Kreiszeitung. Das werde auch noch lange so bleiben, wenn man sich "den grandiosen Stufenplan von Frauenministerin Kristina Schröder anschaut, mit dem sie dem Problem nun zu Leibe rücken will". "Das von ihr ersonnene komplizierte System der Verpflichtung zur Selbstverpflichtung erinnert nämlich fatal an den berüchtigten Politikerleitspruch, es muss etwas geschehen, aber es darf nichts passieren."
Auch die Neue Presse aus Hannover rügt das Ergebnis des Treffens und glaubt nicht daran, dass sich etwas ändert: "Zufriedene Männermienen nach dem Spitzentreffen um Frauenquoten in den Chefetagen - Kristina Schröder sei Dank. Und weil sie so lieb Bitte gesagt hat und ihre niedliche Flexi-Quote ins Spiel brachte, werden die Wirtschaftsbosse jetzt sicher freiwillig ihren Frauenanteil von drei Prozent Chefinnen in großen deutschen Unternehmen auf 30 erhöhen. Wo Freiwilligkeit ja ohnehin die Stärke der Wirtschaft ist. Schon die Ankündigung der Wirtschaft im Jahr 2001, den Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten zu erhöhen, wurde damals ganz engagiert vorgetragen. Allerdings blieb die Männerquote dann doch bei 97 Prozent."
Die Neue Osnabrücker Zeitung kritisiert die Herangehensweise: "Drei Ministerinnen, drei Meinungen: Wer so in ein Gespräch mit den wichtigsten börsennotierten Konzernen Deutschlands geht, darf sich nicht wundern, wenn wenig herauskommt. Die Konstellation legt den Schluss nahe, dass sich mit dem Ringen um die Frauenquote primär die Ministerinnen selbst ins rechte Licht setzen wollen." Auch vom Gegenstand der Diskussion selbst zeigt sich das Blatt wenig überzeugt: "Denn hart von der Sache her betrachtet, ist der Anlass kaum erwähnenswert. Es geht nicht um Teamchefinnen, Filialleiterinnen, Geschäftsführerinnen oder leitende Angestellte, nicht um Direktorinnen oder Prokuristinnen. Nein, es geht um Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen und damit um wenige Hundert Stellen bundesweit. So etwas nennt sich Symbolpolitik."
"Es genügt nicht, wenn jetzt eine kleine, individuelle Frauenquote festgelegt wird. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen müssen stimmen", findet das Flensburger Tageblatt und konkretisiert: "Es muss genügend Kita-Plätze geben. Es muss auch für Männer selbstverständlich werden, sich mehr um Familie und Haushalt zu kümmern. Das Anforderungsprofil an eine Führungskraft muss sich ändern: So sollte es künftig auch möglich sein, eine Führungsposition in Teilzeit auszuüben. Es gibt schon einige Unternehmen, die darüber ernsthaft nachdenken. Und nicht zuletzt muss endlich auch Schluss sein mit ungleicher Bezahlung von Männern und Frauen in gleich qualifizierten Berufen. Ein Anfang ist jetzt gemacht. Der Weg aber ist noch lang."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Nadin Härtwig