Hartz' Ost-Kapital-Modell ... ... und die trübe Realität
03.08.2002, 08:50 UhrDer Streit um die Senkung der Arbeitslosenzahlen geht in die nächste Runde. Aktuelle Vorschläge der Hartz-Kommission zur Reform der Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenzahlen des Monats Juli werten Regierung und Opposition höchst unterschiedlich.
Einem Bericht der „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ zufolge soll die Bundesanstalt für Arbeit zum Teil privatisiert werden. Der „Spiegel“ berichtete, die Kommission plane ein Finanzierungsprogramm für eine Millionen Jobs in Ostdeutschland.
Die Arbeitslosenzahl durchbrach laut „Welt“ im Juli wieder die Vier-Millionen-Marke und stieg auf 4,11 Millionen. Sollte dies zutreffen, wäre es die höchste Juli-Arbeitslosigkeit seit vier Jahren.
Kapital für den Osten
Der Vorsitzende der Regierungskommission zur Reform des Arbeitsmarktes, VW-Manager Peter Hartz, hat ein bis zu 150 Mrd. Euro schweres Konzept zur Schaffung von nahezu einer Mio. neuer Arbeitsplätze vor allem in Ostdeutschland angekündigt. Das Geld für das "zukunftsweisende Finanzierungskonzept" solle in drei Tranchen mobilisiert werden, sagte Hartz dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Beschafft werden solle es über die Kapitalmärkte. "Jedes Unternehmen, das einen Arbeitslosen einstellt, kann von dieser gewaltigen Summe profitieren", versprach Hartz.
Das Magazin berichtet, hinter dem Konzept verberge sich ein "Job-Floater" genanntes, steuerlich gefördertes Wertpapier. Auflegen solle dieses die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau. Um das Wertpapier attraktiv zu machen, sollten die Anleger steuerliche Vorteile erhalten. Zugleich sei vorgesehen, Steuersündern die Strafe zu erlassen, wenn sie im Ausland geparktes Schwarzgeld in den "Job-Floater" investierten.
Umbau der Bundesanstalt für Arbeit
Die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ berichtete unter Berufung auf den 93-seitigen Entwurf für den Endbericht, die Regierungskommission wolle Teile der Bundesanstalt für Arbeit in private Tochterunternehmen ausgliedern. Nicht mehr zu den Kernaufgaben der Behörde solle etwa die Auszahlung des Kindergeldes oder die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung gehören. Diskutiert werde in der Kommission unter Leitung des VW-Managers Peter Hartz auch die Abschaffung des Beamtenstatus der Nürnberger Mitarbeiter und eine leistungsorientierte Entlohnung. Die Vorschläge der Kommission sollen am übernächsten Freitag offiziell präsentiert werden.
Details zu Billig-Jobs
Auch zu der umstrittenen Frage der Förderung so genannter Billig-Jobs nennt die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" Einzelheiten. Demnach schlägt Hartz vor, die Regelungen für "Mini-Jobs" bis zu 500 Euro im Monat auf zunächst drei Jahre zu befristen. Die Regelung, derartige Arbeitsangebote mit einer pauschalen Steuer von zehn Prozent zu belegen, solle "nur für haushaltsnahe Dienstleistungen (Haushaltshilfe, Kinderbetreuung) und nur für Arbeitslose" gelten. Die Kosten für "Mini-Jobs" sollten steuerlich absetzbar sein.
Beim Arbeitslosengeld sollten die Leistungen beibehalten werden, berichtet die Zeitung. Die steuerfinanzierte Arbeitslosenhilfe bei Bedürftigkeit solle "unbegrenzt gezahlt" werden, jedoch "nur bei Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt". Dies solle regelmäßig geprüft werden. "Bei Nicht-Verfügbarkeit wird nur noch Sozialhilfe gezahlt", schreibt die Zeitung.
Kritik
CSU-Generalsekretär Thomas Goppel reagierte mit harscher Kritik auf die Vorschläge und bezeichnete sie als „teure Planspiele“. Die „Welt am Sonntag“ berichtete, dass die Mitglieder der Hartz-Kommission nicht mehr davon ausgingen, sich auf ein einheitliches Abschlussvotum einigen zu können.
Quelle: ntv.de