Die Steuererklärung naht Braucht man Software oder geht's auch so?
08.05.2016, 18:07 UhrIm März haben die Finanzämter begonnen, die Steuererklärungen für 2015 zu bearbeiten. Wer sich Geld zurückholen will, sollte langsam in die Puschen kommen. Lohnt es sich, in Steuerprogramme zu investieren oder braucht man gar einen Steuerberater?

Die Formulare muss man selbst im Finanzamt abholen. Man kann sie aber auch ausdrucken.
(Foto: imago/McPHOTO)
Viele gehen immer noch zum Finanzamt, holen sich einen Packen Formulare auf grau-grünem Papier und reservieren sich ein Wochenende, um in Schuhkartons oder Ordnern gesammelte Belege in die Steuererklärung einzutragen. Schneller als mit Stift und Papier geht es aber am Computer - entweder mit gekaufter Software oder dem kostenlosen Elster-Programm der Finanzverwaltung.
Ein wenig Zeit lässt sich inzwischen durch die vorausgefüllte elektronische Steuererklärung sparen. Deren Grundidee ist, dass beim Finanzamt einige Daten wie Adresse, Bankverbindung oder Zahl der Kinder vorliegen und andere wie Lohnsteuer und Krankenversicherung elektronisch übermittelt werden. Um das alles nutzen zu können, muss man sich aber einmal unter Elsteronline.de registriert und ein elektronisches Zertifikat beantragt haben.
"Das Finanzamt weiß aber nicht alles", warnt Markus Fischer von der Stiftung Warentest. Deshalb sollte auch niemand die vorausgefüllte Erklärung einfach abgeben, sondern sie durch die Angaben ergänzen, mit denen sich Steuern sparen lassen. "Das sind zum Beispiel Fahrt- und Reisekosten, Ausgaben für Kinderbetreuung oder Handwerker." Auch Spenden oder private Versicherungsbeiträge muss man eigenhändig nachtragen. Und weil Übertragungsfehler nicht ausgeschlossen werden können, muss man die automatischen Einträge nochmal kontrollieren.
Elster hilft nicht beim Sparen
Der Preis für die Steuerhelfer am PC liegt ungefähr zwischen 15 und 40 Euro. Das Programm von 2015 kann man nicht nochmal verwenden. Zum einen achten die Anbieter darauf, dass nur mit der aktuellen Software produzierte Ergebnisse als Steuererklärung 2016 gekennzeichnet werden können. Zum anderen ist die Software nicht auf dem neuesten Stand, schließlich gibt es jedes Jahr Änderungen im Steuerrecht.
Mit der Abgabe der Steuererklärung ist der Job der gekauften Software nicht vorbei: Viele Programme können den elektronischen Steuerbescheid analysieren. Entdecken sie Fehler, werden passende Musterbriefe angeboten, mit denen unkompliziert Einspruch beim Finanzamt erhoben werden kann, erklärt Hesel. "Bei manchen Programmen sind das mehr als 200." Eine Alternative zur Software sind webbasierte Programme, bei denen man die Steuererklärung online ausfüllt. Sie kosten ab 15 Euro pro Steuererklärung.
Wer die Software der Finanzverwaltung nutzt, "muss wissen, wo welche Angaben gemacht werden müssen", erklärt Fischer. Elster ist zwar eine Steuersoftware, ihr Ziel ist aber nicht, den Nutzern beim Sparen zu helfen. "Kommerzielle Software hat dagegen diesen Anspruch", so Fischer. Genauso wie bei Hilfe-Apps bestehe ihre Grundidee darin, dem Nutzer die richtigen Fragen zu stellen.
Dass dieser Unterschied Geld kosten kann, zeigt ein Versuch der "Computerbild" (Ausgabe 6/16): Leser setzten sich unter Aufsicht an den Computer und gaben ihre Steuerdaten ein. "Allen rechnete Elster eine geringere Steuererstattung aus als die kommerziellen Programme", fasst "Computerbild"-Redakteur André Hesel das Ergebnis zusammen. Ein weiterer Elster-Kritikpunkt: "Manchmal wurden wegen der fehlenden Nutzerführung Daten falsch eingetragen." Zudem wiesen Kaufprogramme auf Pauschalen hin, die man in Anspruch nehmen kann, etwa 16 Euro für die Kontoführung. Elster macht das nicht.
"Elster ist nicht intuitiv zu bedienen", bestätigt auch "Finanztest"-Experte Fischer. Wer aber bereits früher mit den Formularen fertig geworden sei, komme auch mit Elster klar und spare Zeit und Papier. So müssen etwa bei elektronischer Übermittlung weniger Belege an die Behörde geschickt werden. Und wenn die digitale Erklärung rechtzeitig auf dem Finanzamtsserver angekommen ist, dürfen fehlende Belege auch später nachgereicht werden.
Wer fürchtet, elektronisch vielleicht vorschnell falsche Angaben auf den Weg zu bringen, kann die mit Steuersoftware ausgefüllten Formulare auch weiterhin ausdrucken, genau lesen, noch einmal drüber schlafen und sogar nach wie vor persönlich beim Finanzamt abgeben. Beides lässt sich auch kombinieren, erklärt André Hesel. Die Daten könnten ohne Zertifikat digital zum Finanzamt gesendet werden, und eine komprimierte Steuererklärung auf Papier wir dann nachgereicht. Allerdings ist in diesem Fall für die Fristwahrung nicht die elektronische Übermittlung, sondern der Eingang der Papiererklärung beim Finanzamt entscheidend.
Wer einen Steuerberater braucht
An die Fähigkeiten eines Steuerberaters kommt nach Meinung von Fischer und Hesel auch die beste Software nicht heran. Lohnenswert ist das Hinzuziehen des Profis insbesondere, wenn es um Gewerbe oder Selbstständigkeit geht. Vielen Hausbesitzern, die mit einer Photovoltaikanlage Strom einspeisen, sei etwa nicht bewusst, dass dies Einkünfte aus Gewerbebetrieb bedeute, sagt Annekathrin Wernsdorf, Referentin im Steuerberaterverband. Und Selbstständigen biete ein Steuerberater zusätzlich betriebswirtschaftliche Beratung.
"Allerdings gilt bei vielen Arbeitnehmern, dass ein Steuerberater ungefähr den Betrag kostet, den er spart", sagt Redakteur Hesel. "Wer sich unsicher ist, was er da tut und reinschreiben muss, kann sich auch an einen Lohnsteuerhilfeverein wenden", ergänzt Fischer. Einig sind sich die beiden in einem anderen Punkt: Es lohne sich fast immer, eine Steuererklärung abzugeben. Für alle, die davon noch nicht überzeugt sind, hat Fischer eine beruhigende Gewissheit: "Wenn Sie freiwillig eine Steuererklärung abgeben und es kommt doch zu einer Nachzahlung, können Sie die sogar zurückziehen."
Quelle: ntv.de, Clemens Schöll, dpa