Ratgeber

Grenzen der Notwehr Darf man Einbrecher verprügeln?

Ein Einbruch endet für den Täter im Krankenhaus. Ein Bewohner hatte den Eindringling entdeckt und ihn mit einem Faustschlag außer Gefecht gesetzt. Die Polizei prüft jetzt, ob er überreagiert hat. Wie darf man sich gegen Einbrecher wehren?

In Hofheim hatte sich der Täter am Keller des Mehrfamilienhauses zu schaffen gemacht. (Symbolfoto)

In Hofheim hatte sich der Täter am Keller des Mehrfamilienhauses zu schaffen gemacht. (Symbolfoto)

(Foto: imago/Steffen Schellhorn)

Im hessischen Hofheim hat ein Mieter einen 17-jährigen Einbrecher im Keller überrascht und mit einem Faustschlag ins Gesicht krankenhausreif geschlagen. "Recht so", werden die meisten jetzt denken. Doch ob es wirklich Recht war, muss erst die Staatsanwaltschaft klären. Die Polizei hat gegen den 30-Jährigen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Körperverletzung aufgenommen. Sie muss nun prüfen, ob der Mann seine Faust tatsächlich in Notwehr geschwungen hat. Wie darf man mit Einbrechern und Angreifern eigentlich umgehen, ohne die Grenze zur Selbstjustiz zu überschreiten? Hier einige Hinweise.

Wie sollte man bei einem Einbruch am besten reagieren?

Nicht den Helden spielen! Indem der Mieter in den Keller gestiegen ist, um den Einbrecher zu stellen, hat er in den Augen der Polizei eigentlich schon falsch gehandelt. Wer Eindringlinge im Haus bemerkt, sollte den Notruf wählen und sich und die Seinen in Sicherheit bringen. Die meisten Eindringlinge sind zwar unbewaffnet, aber man weiß nie, wie ein Täter reagiert, wenn er ertappt wird. Womöglich flieht er und lässt alles stehen und liegen, womöglich wird er aber auch aggressiv.

Hobbyschützen sollten auf jeden Fall die Finger vom Waffenschrank lassen. Im schlimmsten Fall endet ein Einbruch als Blutbad und der Schütze muss sich wegen Totschlags verantworten. Solche Fälle gibt es nicht nur in den USA. Im Sommer machte beispielsweise der Fall eines Werkstattbesitzers aus Hannover Schlagzeilen, der einem 18-jährigen mutmaßlichen Eindringling von hinten in den Rücken geschossen hatte. Wenig später erschoss ein Mann in Hamburg einen Einbrecher, der seine Haustür eingetreten hatte. Bei ihm gingen die Ermittler aber von Notwehr aus.

Wie darf man mit Einbrechern umgehen?

Auch wenn die Wut groß ist: Ohne Not darf man keine Gewalt gegenüber einem unwillkommenen Eindringling anwenden. Man darf ihn aber - wenn möglich - so lange festhalten, bis die Polizei eintrifft. Das regelt das sogenannte "Jedermannsgesetz" der Strafprozessordnung. Dabei wird niemand verlangen, dass man den Kriminellen mit Samthandschuhen anfasst, aber brutaler als nötig darf man eben auch nicht vorgehen.

Wann kann man sich auf Notwehr berufen?

Grundsätzlich gilt das Prinzip: Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen. Angegriffene dürfen sich also wehren, auch mit Gewalt. Notwehr ist laut Strafgesetzbuch "die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden." Die drei entscheidenden Worte sind "erforderlich", "gegenwärtig" und "rechtswidrig". Zu den individuellen Rechtsgütern zählen unter anderem die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, die Ehre und das Eigentum.

Gewalt gegen einen Einbrecher kann somit legitim sein. Das aber nur, wenn der Angreifer gerade im Begriff oder schon dabei ist, seine Tat auszuführen. Beim Einbrecher also, wenn er sich Zugang zum Grundstück verschafft oder seine Beute einsackt. Wer einem Langfinger auf dem Rückzug in den Rücken schießt, handelt nicht mehr in Notwehr. Wer einen Eindringling in Rage krankenhausreif prügelt, sehr wahrscheinlich auch nicht. Die Maßnahme muss schließlich auch "erforderlich" sein, um die Tat abzuwenden.

Wie weit darf man bei Notwehr gehen?

Man muss immer das mildeste Mittel wählen, das zur Verfügung steht und das verhältnismäßig ist. Einem schwer betrunkenen Obdachlosen, der sich kaum wehren kann, muss man nicht unbedingt eine Flasche über den Kopf ziehen. Geht ein ungebetener Gast aber aggressiv auf einen los, könnte das aber durchaus angebracht sein. Im Fall aus Hofheim hat der Mieter angegeben, der Einbrecher habe ihn mit einem Schraubendreher bedroht. In diesem Fall wäre die schlagkräftige Verteidigungsstrategie vermutlich akzeptabel gewesen.

Im Einzelfall prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein Einbruchsopfer sträflich überreagiert hat. Dabei wird natürlich berücksichtigt, dass es in einer besonderen Situation gehandelt hat. Man steht unter Stress, womöglich unter Schock und hat normalerweise auch Angst. In der akuten Bedrohungslage überlegt man nicht lange, welche Gegenwehr nun legitim sein könnte. Vor diesem Hintergrund kann ein sogenannter "Notwehrexzess" gerechtfertigt werden. Strafbar wird übertriebene Notwehr dann, wenn die Motive Zorn oder Wut sind. Wer den eigentlich schon überwältigten Täter aus Rache auch noch die Zähne ausschlägt, landet am Ende selbst vor Gericht.

Quelle: ntv.de

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