Ratgeber

Stress mit der Fluggesellschaft? Deutsche Airlines lassen jetzt schlichten

Erst stand der Billigflieger Ryanair allein auf weiter Flur. Nun starten die deutschen Airlines im Formationsflug in die Schlichtungsstelle für Kundenärger. Gibt es künftig Probleme, etwa wegen gestrichener Flüge, können sich Kunden den teuren Rechtsweg sparen.

Auch Air Berlin steigt bei der Schlichtungsstelle ein.

Auch Air Berlin steigt bei der Schlichtungsstelle ein.

(Foto: dpa)

Was Fahrgäste in Zügen und Bussen längst haben, kommt jetzt auch für Flugpassagiere: eine Vermittlungsstelle, die bei Ärgernissen wie Verspätungen oder beschädigtem Gepäck Streitigkeiten ohne Gerichtsprozess schlichtet. Lange haben sich deutschen Fluggesell schaften verweigert. Doch zum 1. November landen Lufthansa, Air Berlin und Co. nun doch in der übergreifenden Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) - freiwillig, aber nach einem gewissen Anschub durch ein Gesetz.

Was soll die Schlichtungsstelle bringen?

Rund 5100 Verbraucher haben sich im vergangenen Jahr beim Luftfahrt-Bundesamt beschwert - meist über Verspätungen und gestrichene Flüge. Die Behörde kann aber nicht vermitteln, viele Fälle kommen daher vor Gericht. Dabei eignen sich typische Ärgernisse am Flughafen gut für alternative Lösungsversuche, wie auch das Bundesjustizministerium argumentierte: "inhaltlich oft ähnliche und einfach zu beurteilende Sachverhalte mit vergleichsweise geringen Streitwerten". Im Frühjahr machte der Bundesrat den Weg für ein Schlichtungsgesetz frei, das FDP- Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vorgelegt hatte.

Wie funktioniert die Vermittlung?

Geltend machen können Kunden Ansprüche für Flüge ab 1. November - und zwar, wenn sie mit einer deutschen oder internationalen Airline in Deutschland gelandet oder gestartet sind. Kommt binnen zwei Monaten keine Einigung auf direktem Wege zustande, steht der Weg zur Schlichtungsstelle offen. Dabei sind eine Bagatellgrenze für Ansprüche von 10 Euro und eine Obergrenze von 5000 Euro vorgesehen. Die Regelung gilt nicht, wenn ein Unternehmen das Ticket für eine Geschäftsreise gebucht hat. Pauschalurlauber kommen nur zum Zuge, wenn sie Geld von ihrer Fluggesellschaft zurück haben wollen und nicht vom Reiseveranstalter.

Warum haben die Fluggesellschaften so lange gezögert?

Seit Jahren wurde vergeblich darum gerungen, dass sich die großen Airlines für Vermittlungsverfahren öffnen. Der SÖP, die von mehr als 200 Verkehrsunternehmen wie der Bahn getragen wird, blieben sie aber fern. Auch das Gesetz zielte nur allgemein auf eine privatrechtlich organisierte Stelle ab, die von den Unternehmen selbst finanziert wird. Für Fluggesellschaften, die partout nicht freiwillig ins Boot wollen, wurde aber zugleich das Bundesamt für Justiz zum staatlichen Schlichter bestimmt. Diese Rahmenbedingungen hätten nun den Ausschlag gegeben, heißt es in der Branche. Mit der SÖP habe dadurch auch über Schlichtungskosten verhandelt werden können, die die Firmen tragen.

Wer macht nun bei der Schlichtungsstelle mit?

Als Pionier dockte die irische Ryanair schon vor einigen Monaten bei der SÖP an - Europas größter Billigflieger war bisher das einzige Luftfahrtunternehmen in der Mitgliederliste. Über ihren Bundesverband kündigten sich jetzt aber auch große deutsche Gesellschaften von der Lufthansa über Air Berlin bis zu den Ferienfliegern Condor und Tuifly an. Die Lufthansa tritt formal zunächst mit ihrer Passagiersparte bei, dadurch sollen aber auch Kunden der Töchter Swiss, Austrian Airlines und Germanwings von der Schlichtung profitieren können. Der Verband der mehr als 100 in Deutschland tätigen ausländischen Airlines (Barig) empfiehlt seinen Mitgliedern ebenfalls den Beitritt.

Was sagen Verbraucherschützer und Politik?

Verbraucherschützer hatten auf eine Beteiligung der ganzen Branche gedrängt, um ein Durcheinander diverser Anlaufstellen zu vermeiden. "Das ist natürlich wirklich richtig gut, dass das jetzt geklappt hat", sagte Otmar Lell vom Verbraucherzentrale Bundesverband. "Es hat ja auch lange auf sich warten lassen." Bayerns Verbraucherministerin Beate Merk (CSU) rief alle Airlines auf, sich anzuschließen. "Dies hätte den Vorteil, dass dann auch bei einer kombinierten Reise mit Flug und Bahn nur eine Stelle für die Schlichtung zuständig ist."

Quelle: ntv.de

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