Craft-Bier im TestHier schmeckt der Rausch

Nach jahrelanger Durststrecke ist Bier wieder im Kommen. Nicht zuletzt wegen vieler kleiner Brauereien, die das angesagte Craft-Bier herstellen, welches derzeit in aller Munde zu sein scheint. Öko-Test hat einen kräftigen Schluck aus der Pulle genommen.
Im vergangenen Jahr konnten in Deutschland 1408 Brauereien gezählt werden. Dies ist der höchste Wert seit der Wiedervereinigung 1990. Maßgeblich für diesen Zuwachs ist der Trend zu aromaintensiveren Craft-Bieren, die oft in kleinen Gasthausbrauereien entstehen. Insgesamt schütten die Deutschen denn auch rund 106 Liter pro Kopf und Jahr in sich hinein. Zumindest nach offiziellen Zahlen süffeln nur die Tschechen mehr (143 Liter pro Kopf).
Craft-Bier ist bei den Konsumenten vor allem deshalb gefragt, weil es mehr Individualität und Qualität verspricht als die "Industrieplörre" der Großbrauereien. Getrunken wird es denn auch vor allem in Städten wie Berlin, Hamburg, München und Köln. Ursprünglich kommt der Trend für hochwertige Biere aus den USA. "Craft" steht für handgemacht. Das klingt vielversprechend.
Eigentlich nur Gerste, Hopfen und Wasser
Laut dem Reinheitsgebot von 1516 dürfen zum Brauen hierzulande eigentlich nur Gerste, Hopfen und Wasser verwendet werden. Rechtlich bindend ist in Deutschland hingegen das "Vorläufige Biergesetz" von 1993, wonach fast nur Malz, Hopfen, Hefe und Wasser zugelassen sind. Für obergäriges Bier sind zusätzlich einige Zuckerarten und Farbmittel erlaubt. Außerdem dürfen Brauer einige Klärmittel verwenden, wenn diese wieder herausgefiltert werden.
Beim Craft-Bier wird hingegen auch munter mit anderen Zutaten wie Ingwer, Kirschen und Kaffee experimentiert, was den Bieren allerdings nicht zum Schaden gereicht, wie Oko-Test in einer aktuellen Untersuchung von 19 Bieren festgestellt hat. So wurde bei den getesteten Sorten India Pale Ale (IPA), Pale Ale, Pils und Witbier keines schlechter als "befriedigend" bewertet. Vielmehr vergaben die Tester überwiegend "gute" und "sehr gute" Noten.
Geschmacklich konnten vor allem das Witbier "Kuehnes Blondes" (Preis pro 330 ml, 2,29 Euro), das "Lemke Bohemian" Pilsner (Preis pro 330 ml, 2,49 Euro) und das India Pale Ale "Crew Republic 7:45 Escalation" (Preis pro 330 ml, 2,19 Euro) überzeugen. Für das "Kuehnes Blondes" und das "Crew Republic 7:45 Escalation" reichte es gemeinsam mit dem "Ale Mania Ipa Mania" (Preis pro 330 ml, 2,92 Euro) auch zum Gesamtsieg. Alle drei wurden mit der Note "sehr gut" bewertet.
Erfreulicherweise fanden die Tester nur bei einigen Bieren unnötig hohe Vorkommen des Pestizids Glyphosat oder aber Milchsäurebakterien, was zu einer Abwertung des Produktes führte. Doch insgesamt sind fast alle Biere empfehlenswert.
Dennoch sollten Zecher auch beim Craft-Bier nicht hemmungslos zulangen. Denn auch hier gilt: analog zum Promillepegel steigt die Wahrscheinlichkeit, am nächsten Tag unter Kopfschmerzen zu leiden. Zudem sei an dieser Stelle auf eine Kampagne des Bundesgesundheitsministeriums verwiesen, wo es heißt: "Alkohol macht mehr kaputt als du denkst". Na dann Prost.