"Höhle der Löwen"-Produkttest Zeckenentferner im Experten-Check: Ist drehen wirklich besser?
30.04.2024, 16:02 Uhr Artikel anhören
Dr. Matthias Meinhold hat TickSafe entwickelt.
(Foto: Vox)
Zecken sollten schnell aus der Haut, ehe sie Krankheitserreger ins Blut abgeben. In "Die Höhle der Löwen" stellt ein Münchner Erfinder einen neuartigen Zeckengreifer vor, der die Parasiten per Knopfdruck automatisch aus der Haut herausdreht. Ein Arzt und ein Apotheker schätzen ein, ob TickSafe wirklich die bessere Methode ist.
Ziehen, hebeln, schieben oder drehen? Zum Zeckenentfernen gibt es etliche Werkzeuge, die mehr oder weniger gut funktionieren. Oft bleibt dabei aber ein Teil der Zecke in der Haut stecken. Der Münchener Arzt und Erfinder Dr. med. Dipl. phys. Matthias Meinhold stellt in der Vox-Show einen neuartigen patentierten Zeckengreifer vor: Ein Kuli-ähnliches Gerät, das per Knopfdruck funktioniert. Drücken, langsam loslassen und schon dreht sich die Zecke schonend und komplett aus der Haut raus, so das Prinzip. Aber ist das mit dem Drehen wirklich eine gute Idee?
Zecken müssen so schnell wie möglich raus
"Ich möchte noch etwas in die Welt bringen, von dem ich wirklich glaube, dass es für die Menschheit gut ist." Mit diesem hehren Vorsatz tritt der Münchener Arzt Dr. Matthias Meinhold vor die TV-Löwen. In seiner Hausarzt-Praxis hat er häufig mit den Auswirkungen von Zecken-Stichen zu tun. Immerhin sei jede dritte Zecke Träger von Borrelien, so Meinhold. Die Bakterien könnten verheerende Folgen im Körper haben, da sie Haut, Gelenke, das zentrale Nervensystem aber auch das Herz angreifen können, erklärt er. Auch die seltenere, aber lebensgefährliche FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) können Zecken übertragen. Wer eine Zecke am Körper entdeckt, sollte sie daher so schnell wie möglich entfernen.
Lebendige Zecken in "Die Höhle der Löwen"
Einmal festgezeckt, sind die Parasiten schwer wieder herauszubekommen. Ihre Stechwerkzeuge sehen aus wie Dübel, haben also Widerhaken. Wer mit Daumen und Zeigefinger oder ungeeignetem Gerät an der Zecke zieht, riskiert, dass ein Teil im Körper steckenbleibt. "Schlimmer noch: Die Zecke wird gepresst", so der Erfinder Dr. Meinhold. Dann steige die Gefahr, dass sich Krankheitserreger im Blut ausbreiteten. Mit seinem patentierten Zeckenentferner für Mensch und Tier soll es besser gehen.
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"Es gibt schon diverse Geräte", stellt Löwe Tillmann Schulz fest. Was ist also neu an TickSafe? Das Kuli-ähnliche Gerät hat weiche und biegsame Greiferzangen an der Spitze, erklärt Meinhold. Und demonstriert das selbstdrehende Prinzip: "Man drückt den Druckstift ganz durch, setzt ihn senkrecht über der Zecke auf die Haut, lässt langsam los und dann wird die Zecke herausgedreht". Im mitgebrachten Video zappelt die derart entfernte Zecke noch munter und hat die Prozedur anscheinend unbeschadet überstanden. Ist das neuartige Greif- und Drehsystem also wirklich besser als alle bisherigen Zeckenentferner?
Apotheker: Keine Zangen!
Erste Anlaufstelle Apotheke, das ist sicherlich keine schlechte Idee bei einem Zeckenbiss. Was hält ein gut sortierter Fachapotheker für einen solchen Fall bereit? "Es gibt Karten, es gibt Zeckenschlingen, es gibt Zeckenpinzetten und es gibt Zeckenhaken", demonstriert Janko Noeske, Inhaber der Grafenwerth Apotheke in Köln. Das Problem des Zerquetschens der Zecke bestehe bei all diesen Werkzeugen nicht. Zeckenzangen hat er aus genau diesem Grund aber bereits aus dem Sortiment genommen.
Dass Dr. Meinholds neue Methode die beste aller Möglichkeiten ist, glaubt Noeske nicht. Eher sieht er hier ein ähnliches Problem wie bei Zangen. "Wenn Sie zu früh loslassen, würden Sie auch die Zecke drücken", vermutet er. Zwar seien die Zangen aus weichem Material - anders als viele ungeeignete Werkzeuge mit Kunststoff-Greifern. Vom Prinzip des Drehens ist er aber grundsätzlich nicht überzeugt.
Zecken richtig entfernen: Drehen oder nicht drehen?
Man müsse auch mal mit dem Gerücht aufräumen, dass die Tiere mit irgendeiner Richtung herausgedreht werden müssen, sagt Fachapotheker Janko Noeske. Gleichzeitig ist es seiner Erfahrung nach etwas leichter, "wenn man ein bisschen dreht und nicht nur zieht". So schätzt es auch das MVZ Medizinische Labor Bremen in einer Ratgeber-Broschüre ein: "Zecken haben bekanntlich kein Gewinde an ihren Stichwerkzeugen. Wenn man es trotzdem ganz vorsichtig mit einer Vierteldrehung hin und her versucht, lässt sie aber vielleicht manchmal eher los und kann dann leichter herausgezogen werden". Nur nicht zu viel solle man drehen, sonst reiße der Zeckenkopf leicht ab.
Nicht zu viel drehen? Ist dann der sich drehende Zeckenentferner aus "Die Höhle der Löwen" zu viel des Guten?
Labor in Bremen untersucht Zecken
Das MVZ Medizinische Labor in Bremen ist auf das Thema Zecken und Borreliose spezialisiert. Der Ärztliche Leiter, Facharzt Dr. med. Andreas Gerritzen, hat einen ganz klaren Favoriten unter den Zeckenentfernern: eine feine Pinzette mit leicht gebogenen, spitz zulaufenden Greifern. Das automatisierte Verfahren des TickSafe findet er weniger geeignet und er glaubt, dass die Zecken dabei nicht sachgerecht angefasst würden. Besser sei es, die Parasiten zu unterfahren.
Vom Drehen als solches hält er wenig. "Die Gefahr, die Zecke dadurch zu zerreißen, wächst noch weiter", so Dr. Gerritzen. Greifen ist für den Facharzt insgesamt aber auch nicht das Mittel der Wahl. Neben der Zeckenpinzette könne dem Parasiten noch mit Zeckenkarten akzeptabel zu Leibe gerückt werden.
Was tun bei Zeckenbiss?
Ruhe bewahren ist sicherlich schon mal gut im Falle eines Zeckenbisses. Und nicht versuchen, die Zecke mit Öl oder ähnlichen Stoffen abzutöten. Mit dem richtigen Werkzeug ausgestattet, geht man am besten mit diesem Mindset vor: "Man soll ja nicht den Körper der Zecken festhalten, sondern sie von unten mit geradem Zug gegen die Schultern herausziehen", so Facharzt Dr. Gerritzen. Entwarnung gibt er in Sachen Kopf abreißen. Das sei nämlich überhaupt nicht das größte Problem. Die Erreger seien im Leib (Darm und Hämolymphe) angesiedelt und nicht im Stichwerkzeug.
Das sieht auch Apotheker Janko Noeske so, rät aber dennoch dazu, zu desinfizieren. Alles, was in der Haut stecke und da nicht hingehöre, könne schließlich eine Entzündung auslösen. Und noch einen weiteren Tipp hält Noeske bereit: Wer sich nach einem Zeckenbiss sorgt, dass Borreliose-Erreger im Spiel sein könnten, kann die Zecke ins Labor schicken.
Früh mit der Behandlung gegen Borreliose beginnen
Es biete sich an, die entfernte Zecke aufzubewahren, sagt Apotheker Noeske. Für den Fall, dass Borrelien in dem Tier nachgewiesen würden, könne man frühzeitig mit einer Antibiose anfangen. Tatsächlich kann man zum Beispiel im MVZ Bremen seine Zecke einschicken.
Im Schraubglas oder einer geeigneten Tüte geht es dann zusammen mit einem online zu findenden Auftragsformular zu dieser Adresse: MVZ Medizinisches Labor Bremen GmbH, Haferwende 12, 28357 Bremen.
Innerhalb von ein bis zwei Tagen wisse man dann Bescheid, ob die Zecke als Infektionsrisiko einzuschätzen sei, sagt der Ärztliche Leiter, Dr. Gerritzen. Da es sich hier um eine Untersuchung an der Zecke und nicht am Menschen handelt, muss der Dienst allerdings privat bezahlt werden.
Quelle: ntv.de