Baden-Württemberg Viel Lebensqualität, aber wenig Zufriedenheit im Südwesten
27.10.2025, 08:02 Uhr
(Foto: Thomas Warnack/dpa)
Warum fühlen sich viele im Südwesten weniger zufrieden, als sie es eigentlich sein könnten? Der neue "Glücksatlas" liefert überraschende Einblicke.
Stuttgart (dpa/lsw) - Baden-Württemberg zählt zu den wohlhabendsten Regionen Deutschlands – doch besonders glücklich macht das viele Menschen offenbar nicht. Laut dem neuen "Glücksatlas" liegt das Land bei der Lebenszufriedenheit nur auf Rang neun unter den Bundesländern, obwohl die objektive Lebensqualität bundesweit an zweiter Stelle steht. Die Forscher der Universität Freiburg sprechen beim Südwesten von einem "Underperformer": gute Bedingungen, aber wenig Zufriedenheit.
Zwischen Mannheim und dem Bodensee gibt es genug Arbeit, viele Immobilienbesitzer, vergleichsweise wenig Armut und ein starkes soziales und kulturelles Engagement. Alles Faktoren, die nach Einschätzung der Universität eigentlich für überdurchschnittliche Zufriedenheit sprechen müssten. "Die Voraussetzungen für ein hohes Wohlbefinden wären da, doch das subjektive Glücksempfinden bleibt hinter den Erwartungen zurück", heißt es im Bericht, den die Universität Freiburg mit Unterstützung der Süddeutschen Klassenlotterie (SKL) erstellt hat.
Mit Einkommen und Freizeit unzufrieden
Auf einer Skala von 0 ("ganz und gar unzufrieden") bis 10 ("völlig zufrieden") bewerten die Menschen im Südwesten ihr Leben im Durchschnitt mit 7,09 Punkten – 0,01 Punkte niedriger als 2024. Damit liegt die Lebenszufriedenheit im Südwesten nur im Bundesdurchschnitt – anders als noch in den 2010er Jahren, als das Land leicht darüber lag.
"Vor allem mit ihrem Einkommen und ihrer Freizeit sind die Baden-Württemberger unzufrieden", schreiben die Autoren – und das, obwohl Baden-Württemberg zu den wohlhabendsten Bundesländern zählt.
Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander
Ein Grund dafür könnten die hohen Lebenshaltungskosten sein. Die Ausgaben für Wohnen und Lebensmittel liegen über dem Schnitt, heißt es in der Studie. Zudem wünschen sich viele Menschen mehr Geld, als sie tatsächlich verdienen: "Im Schnitt liegt das tatsächliche Einkommen rund 450 Euro unter dem Betrag, den die Menschen für ein "gutes Leben" halten", bilanziert der "Glücksatlas". In Bayern (340 Euro) und Hessen (310 Euro) ist diese Lücke kleiner – "ein Hinweis darauf, dass in Baden-Württemberg Wunsch und Wirklichkeit besonders weit auseinandergehen".
Auch innerhalb des Bundeslandes gibt es deutliche Unterschiede: Südbaden zählt zu den zufriedensten Regionen. Nordwürttemberg und Nordbaden gehören zu den unzufriedensten. Der Süden Württembergs liegt im Mittelfeld – ein Muster, das sich seit Jahren zeigt.
Vor allem Ältere sind weniger zufrieden
Ebenfalls auffällig: Männer sind wieder so zufrieden wie vor der Pandemie, Frauen im Südwesten hingegen bleiben etwa unzufriedener. Und vor allem allein lebende ältere Menschen und Geringverdiener büßen seit den 2010er Jahren an Wohlbefinden ein. "Gründe dafür reichen von höheren Lebenshaltungskosten bis hin zu zunehmender Vereinsamung", heißt es in der Studie.
Auffällig ist zudem die Entwicklung nach Geschlecht und Alter. Männer im Südwesten sind wieder so zufrieden wie vor der Pandemie, Frauen dagegen etwas unzufriedener. Besonders alleinlebende ältere Menschen und Geringverdiener berichten seit den 2010er Jahren von sinkendem Wohlbefinden. "Gründe dafür reichen von höheren Lebenshaltungskosten bis hin zu zunehmender Vereinsamung", heißt es in der Studie.
Mannheim vorn, Karlsruhe hinten
Die gute Nachricht: Es gibt laut "Glücksatlas" auch Gruppen, deren Lebensglück wieder das Niveau von vor fünf bis zehn Jahren erreicht: Jugendliche gehören demnach dazu, junge Erwachsene und Familien.
Erst im vergangenen Sommer hatte der "Glücksatlas" der SKL die Lebenszufriedenheit in den Großstädten erfragt. Demnach sind in Baden-Württemberg – ausgerechnet – die Mannheimer am zufriedensten. Sie belegten in der Auswertung der 40 größten deutschen Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern Platz 17, Stuttgart Platz 19, Freiburg Platz 21. Am unzufriedensten waren die Menschen in Karlsruhe. Die Stadt landete nur auf dem 38. Platz. Bundesweit am glücklichsten: die Menschen in nordhessischen Kassel.
Wer wurde befragt?
Für die Umfrage wurden von Juli 2024 bis Juni 2025 insgesamt 13.905 Menschen im Alter ab 16 Jahren durch das Institut für Demoskopie Allensbach zur allgemeinen Lebenszufriedenheit befragt. Zu den Lebensbereichen Arbeit, Einkommen, Familie und Freizeit wurden durch das Markt- und Sozialforschungsinstitut Ipsos im Juni 2025 insgesamt 5.148 Bürger im Alter ab 18 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind nach Angaben der Institute für diese Bevölkerungsgruppen repräsentativ.
Quelle: dpa