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Hessen Räumung im Fechenheimer Wald: Erste Aktivisten weggebracht

Polizeibeamte stehen während der Räumung vor einem Container mit dem Schriftzug

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Im Fechenheimer Wald in Frankfurt protestieren Umweltaktivisten schon länger gegen einen geplanten Autobahnausbau. Jetzt hat die Polizei mit der Räumung des Gebiets begonnen. Auch Hessens Ministerpräsident will sich einen Eindruck am Einsatzort verschaffen.

Kassel/Frankfurt (dpa/lhe) - Mit einem Großeinsatz der Polizei hat im Fechenheimer Wald in Frankfurt die Räumung des von Umweltaktivisten besetzten Gebiets begonnen. Mehrere Menschen wurden von Beamten aus dem Gebiet getragen, wie eine dpa-Reporterin am Mittwoch berichtete. Zuvor hatte die Polizei dazu aufgefordert, den Bereich freiwillig und friedlich zu verlassen. Laut einem Sprecher, soll die Zahl der Aktivistinnen und Aktivisten im "niedrigen zweistelligen" Bereich liegen. Diese waren zum Teil hoch in die Bäume geklettert, die Polizei rückte mit einem Kran an.

Hintergrund der Räumung ist der geplante Ausbau des Riederwaldtunnels im Fechenheimer Wald. Am Dienstag hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Teilrodung des Waldes im Zuge des Ausbaus der A66 vorgenommen werden kann, nachdem ein Eilantrag der Naturfreunde Deutschlands nach einem Aufschub abgelehnt wurde.

Am Mittwochvormittag waren auch Hessens Ministerpräsident Boris Rhein und Innenminister Peter Beuth (beide CDU) an den Fechenheimer Wald gekommen, um sich einen persönlichen Eindruck von der Einsatzlage zu verschaffen.

Unterdessen hatten die Umweltaktivisten zum Start der Räumung ihren Widerstand bekräftigt. "Ihr werdet euch an dieser Räumung die Zähne ausbeißen", teilten sie am Mittwochmorgen mit. Die geschützte Versammlung werde mit Füßen getreten und die Polizei setze sich über jede fehlende Rechtsgrundlage hinweg, um schnell Fakten zu schaffen. "Wir sehen uns gezwungen den Wald mit unseren Körpern zu verteidigen", erklärten die Aktivisten. In einer Mitteilung forderten sie eine sachkundige ökologische Baubegleitung. Jeder gefällte Baum müsse auf ein Vorkommen des Eichenheldbock-Käfers untersucht werden.

Der Weiterbau der A 66 und ihr Anschluss an die A 661 durch den geplanten Riederwaldtunnel zählen seit Mitte der 1980er Jahre zu den politischen Dauerbrennern in Hessens größter Stadt. Bislang endet die A66 aus Richtung Fulda kommend gut zwei Kilometer vor der A661. Der Verkehr fließt daher nach Angaben der Autobahn GmbH West durch den Osten der Stadt und führe zu häufigen Staus, Lärm und Luftverschmutzung.

Für den Bau des gut einen Kilometer langen Riederwaldtunnels mit zwei Röhren müssen der Autobahngesellschaft zufolge etwa 2,2 Hektar Wald gefällt werden. Das entspricht in etwa der Größe von drei Fußballfeldern. Ein weiterer, halber Hektar Waldfläche bleibe vorübergehend als Lebensraum für den geschützten Heldbockkäfer bestehen. Nach Angaben des Landes Hessen wurden bereits im Jahr 2018 als Ausgleich etwa 12 000 junge Bäume im Stadtteil Schwanheim gepflanzt. Die Bauzeit für den Tunnel wird auf rund acht Jahre veranschlagt, das Projekt soll 2031 beendet sein.

Am Montag war ein Klimaaktivist vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht mit einem Eilantrag gescheitert, die betroffene Waldfläche betreten zu dürfen. Der Aktivist, der ein Baumhaus in dem Wald errichtet hatte, und dort sein Hab und Gut aufbewahrt, hatte unter anderem seine Rechte auf Unverletzlichkeit der Wohnung geltend gemacht. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim VGH eingelegt werden.

Der Protest erinnert an den teils massiven Widerstand von Klimaaktivisten gegen großflächige Rodungen für den Weiterbau der Autobahn 49 in Mittelhessen. Zentrum der Proteste Dutzender Aktivisten im Herbst 2020 waren der Dannenröder Forst und zwei weitere Waldstücke bei Stadtallendorf und Homberg (Ohm). Die Polizei war wochenlang mit einem Großaufgebot im Einsatz, um die Protestcamps zu räumen.

Die hessischen Polizeigewerkschaften riefen die Aktivisten dazu auf, friedlich zu bleiben. Der Fechenheimer Wald dürfe kein zweites Lützerath werden, teilte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Hessen mit. Gewalt gegen Polizeibeamte sei ein nicht tragbarer Zustand. "Die eingesetzten Polizeibeamten/innen würden mit Sicherheit auch lieber etwas anderes tun als sich mit Baumbesetzern und gewalttätigen Demonstranten auseinanderzusetzen." Im Zuge der Räumung der Siedlung Lützerath (Nordrhein-Westfalen) für den Braunkohle-Abbau waren am vergangenen Wochenende zahlreiche Aktivisten und Beamte verletzt worden.

Quelle: dpa

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