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Nordrhein-Westfalen Kita-Probleme im Landtag: Von Stress, Kosten und Matschhose

Manchmal wird es richtig konkret im Hohen Haus. Beim Thema: "Wie klappt es eigentlich mit der Kita?", können vor allem Mütter mitreden. Tun sie auch. Die Familienministerin räumt eine Sorge ab.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Nordrhein-Westfalens Familienministerin Josefine Paul hat einen Schlussstrich unter die hitzige Debatte über höhere Kita-Gebühren gezogen. In einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags über mögliche Extra-Kosten für längere Betreuungszeiten in den Kita-Jahren vor der Einschulung stellte die Grünen-Politikerin klar: "Diese Landesregierung schließt die Erhebung von Elternbeiträgen in den beiden beitragsfreien Jahren aus."

Koalition erneuert Versprechen: keine Extra-Kosten 

Auch die CDU-Abgeordnete Katharina Gebauer versicherte, es bleibe - entgegen allen anderslautenden Behauptungen der Opposition - bei der Beitragsfreiheit: "Sie ist ein Versprechen an die Familien in unserem Land – und wir halten dieses Versprechen."

Das "Geheim-Papier" und der Skandal 

Die drei Oppositionsfraktionen sparten dennoch nicht mit Zweifeln an den Beteuerungen und harscher Kritik an bislang versäumten Reformen im Kita-System. Hintergrund der von SPD und FDP beantragten Aktuellen Stunde war ein Eckpunkte-Papier zu einer möglichen Kita-Reform mit Gebühren für Betreuungszeiten, die über 35 Wochenstunden hinausgehen. Die interne Vorlage ist als "Vereinbarung" der NRW-Regierung mit kommunalen Spitzenverbänden und Kita-Trägern betitelt und war vor der Kommunalwahl bekanntgeworden. 

Das geheim gehaltene Papier beweise doch, dass eine Wiedereinführung von Kita-Gebühren und eine Belastung von Familien ernsthaft erwogen worden seien, empörte sich SPD-Fraktionschef Jochen Ott: "So weit ist es schon gekommen".

Die Bedarfe von Kindern und Familien hätten sich in den vergangenen Jahren verändert, hielt Paul dagegen. Deshalb seien Anpassungen erforderlich. Schließlich gebe es finanzielle, personelle und pädagogische Herausforderungen. Wer in vertraulichen Gesprächen der Landesregierung mit Akteuren der frühkindlichen Bildung einen Skandal sehe, versuche bewusst, Menschen zu verunsichern. 

Der Skandal bestehe nicht in den Gesprächen, sondern im Schlingerkurs der Landesregierung in einer so wichtigen Frage, kritisierte FDP-Fraktionschef Henning Höne. Die umstrittene Vereinbarung, die nun laut Paul doch nicht umgesetzt werden solle, entspreche Vorschlägen ihres Staatssekretärs vor einem Jahr, die damals ebenfalls schon einkassiert worden seien. Die Verunsicherung erzeuge daher nicht die Opposition, sondern die Landesregierung, weil sie keine klare Linie habe. 

Koalition sieht inszenierte Empörung vor der Stichwahl

CDU und Grüne warfen der Opposition vor, sie habe vor dem Kommunalwahl-Sonntag und jetzt erneut vor den Stichwahlen mit Unterstellungen und Schreckensszenarien "Wahlkampf auf dem Rücken von Eltern" inszeniert. Fakt sei, dass die Haushaltsmittel für die frühkindliche Bildung ständig erhöht würden, sagte die CDU-Abgeordnete Christina Schulze Föcking: 2026 erneut um 400 Millionen auf sechs Milliarden Euro im Vergleich zum laufenden Jahr. 

Die Zahl der Kita-Plätze sei im Zehn-Jahresvergleich um 22,5 Prozent auf rund 760.000 gestiegen und die der Erzieherinnen und Erzieher um 35 Prozent auf 93.000 im vergangenen Jahr, rechnete die CDU weiter vor. 

Opposition: Regierung schafft es nicht, zu liefern

Die Oppositionsfraktionen beklagten hingegen Fachkräftemangel, Qualitätseinbußen und unzuverlässige Betreuungszeiten. Bis jetzt habe es die schwarz-grüne Landesregierung nicht geschafft, ein Konzept für ein reformiertes Kinderbildungsgesetz vorzulegen, um die Probleme wirksam zu lösen.

Zehntausend Erzieherinnen und Erzieher fehlten in NRW, monierte Höne. Im abgelaufenen Kita-Jahr sei jedes zweite Kind von ungeplanten 
Schließungen der jeweiligen Einrichtung betroffen gewesen. 

FDP: Verlässliche Betreuung ist reine Glückssache in NRW

Im landesweiten Durchschnitt sei NRW jetzt bei 23 Schließ-Tagen pro Jahr angekommen - 73 Prozent mehr als vor zwei Jahren, kritisierte der Freidemokrat. "Frühkindliche Bildung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind in vielen Regionen dieses Landes zur Glückssache 
geworden."

Elternstress zwischen Turnbeutel, Matschhose und Unsicherheit

Wie viel Stress das konkret in den Familien bedeutet schilderte die SPD-Vizefraktionschefin Lisa-Kristin Kapteinat, selbst Mutter zweier kleiner Kinder: "Es ist doch heute schon so, dass Eltern jeden Tag planen müssen, wer wann die Betreuung fürs Kind übernimmt, wann der Turnbeutel mit muss, wann die Schwimmsachen gepackt werden müssen, wann es neue Feuchttücher in der Kita braucht, und dass man an den Ausflug am Freitag denken muss", schilderte die 36-jährige Anwältin. 

"Dann soll bitte noch getrocknetes Laub zum Basteln mit in die Kita gebracht werden, die Matschhose ist zu klein und ja, im Herbst muss man auch daran denken, nach dem Arbeitstag noch die Laternen zu basteln - und das alles mit dem bangen Blick aufs Handy, ob die Betreuung heute so stattfinden kann."

AfD: "Für Randzeiten reicht offenbar irgendwer"

Scharfe Kritik lösten auch Vorschläge in dem Papier aus, Fachkräfte angesichts des Personalmangels künftig nur noch in den Kernzeiten einzusetzen. "Für Randzeiten reicht offenbar irgendwer", bemängelte der AfD-Abgeordnete Zacharias Schalley. Damit würden "erhebliche Teile des Tages zur bildungsfreien Zone für Kinder", warnte er.

Grüne: Lassen nicht Hinz und Kunz auf unsere Kinder los

Die Grünen-Abgeordnete Eileen Woestmann hielt dagegen: "Ich finde es richtig, dass wir über einen flexibleren Einsatz von Personal sprechen. Wir können uns Fachkräfte nicht backen."

Sie warf der Opposition vor, Kinderpflegerinnen und -pfleger mit ihrem Lamento über "Deprofessionalisierung in der frühkindlichen Bildung" abzuwerten. "Man versucht, es darzustellen, als würde die Koalition Hinz und Kunz auf unsere Kinder loslassen - und das ist nicht der Fall."

Tatsächlich leisteten Kinderpflegerinnen eine fantastische Arbeit: "Die kennen die Kinder, sie kennen den Alltag, sie sind vertraut und zugewandt und vor allem sind sie unverzichtbar in unseren Einrichtungen."

Quelle: dpa

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