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Rheinland-Pfalz & Saarland Wollte Baby durch Schütteln retten - Freispruch für Vater

Ein Vater ist wegen Totschlags angeklagt. Der Vorwurf: Er soll sein Baby zu Tode geschüttelt haben. Warum er am Ende freigesprochen wird.

Trier (dpa/lrs) - Große Erleichterung beim Angeklagten und seiner Familie beim Urteilsspruch: Im Prozess um ein totes Baby ist der wegen Totschlags angeklagte Vater vor dem Landgericht Trier freigesprochen worden. 

Nach der Beweisaufnahme sei man zwar überzeugt, dass der 28-Jährige seinen drei Monate alten Sohn im April 2022 geschüttelt habe, sagte Richterin Theresa Hardt am Landgericht Trier. 

Allerdings sei dies kein Schütteln aus Überforderung gewesen, weil der Säugling stundenlang geschrien hätte. Es habe eine medizinische Notsituation gegeben, in der das Kind gekrampft, geschrien und dann leblos im Arm gehangen habe. 

Schütteln als Rettungsversuch

"Er hat geschüttelt aus Panik und Verzweiflung, um das leblos wirkende Kind zurückzuholen", sagte Hardt. Das sei in einer solchen Notlage nicht strafbar. Falsch sei das Schütteln in dieser Situation aber trotzdem. "Vielleicht hätte das Kind noch gerettet werden können."

Das Kind hatte einen Infekt gehabt und sei verschleimt gewesen. Zudem hatte es die Milch nicht richtig verdaut, sie sei in die Atemwege gekommen. Daher hatte das Kind einen Atemstillstand erlitten.

Der Vater war an diesem Tag alleine mit Kind. Die Mutter sei mit dessen Zwillingsbruder unterwegs gewesen. Noch kurz vor der Notlage habe der Vater Fotos vom Baby verschickt, wo es noch vergnügt gewesen sei, sagte Hardt.

Das spreche eindeutig dagegen, dass das Kind lange am Schreien war. Zeugen und die Familie haben den Mann unisono als liebevollen und fürsorglichen Vater beschrieben. "Davon gehen wir auch aus", sagte die Richterin.

Auch Staatsanwalt für Freispruch

Zuvor hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf Freispruch plädiert. Man gehe "von einem Rettungsversuch aus: Der Vater hat versucht, sein Kind wachzurütteln", sagte Staatsanwalt Volker Blindert.

Der 28-Jährige hatte zu Prozessbeginn bestritten, das Kind geschüttelt zu haben. Laut ursprünglicher Anklage soll er seinen Sohn so heftig geschüttelt haben, dass dieser später an den Folgen starb. Das Kind wurde rund 50 Minuten reanimiert und starb wenige Wochen später in Krankenhaus.

Der Verteidiger des Angeklagten sprach "von einem guten Tag für die Justiz und die Trierer Staatsanwaltschaft". Die Gutachten, die ein Schütteltrauma festgestellt hätten, seien "katastrophal" gewesen, sagte Anwalt Christian Kruchten. Ein weiteres von der betroffenen Familie in Auftrag gegebenes Gutachten hatte kein Schütteltrauma belegt.

Richterin Hardt wies Kritik an den eingeführten Gutachten zurück. Es gebe eindeutige Belege dafür, dass das Kind geschüttelt worden sei. Durch gewaltsames Schütteln wird das Gehirn im Schädel hin- und hergeworfen. Dabei können Blutgefäße und Nervenbahnen reißen.

Verteidiger spricht von "Martyrium" für Vater

Für den Vater seien die fast dreieinhalb Jahre seit dem Tod seines Sohnes ein "Martyrium" gewesen, sagte Anwalt Kruchten. Er habe unter anderem rund fünf Monate in Untersuchungshaft verbringen müssen. Dafür werde der Mann von der Staatskasse entschädigt, sagte die Richterin.

"Es ist gut, dass es jetzt zu Ende ist", sagte Hardt weiter. In seinen sogenannten letzten Worten formulierte der Vater im Gerichtssaal: "Ich bin froh, wenn endlich alles rum ist und wir in Ruhe um unser Kind trauern können." 

Der Richterspruch hatte Tränen im Gerichtssaal ausgelöst. Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: dpa

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