Seelöwen-Spektakel in San Francisco 20 laute Jahre
24.05.2010, 09:28 Uhr
Seelöwen tummeln sich am Pier 39 in San Francisco (Bild vom 21. Mai 2010).
(Foto: dpa)
Sie rülpsen, stinken, machen Krach: Die Horde Seelöwen auf den Bootsstegen in San Franciscos Fisherman's Wharf ist zurück. Im November waren sie plötzlich abgezogen.
Sie rülpsen, stinken, machen ordentlich Krach, und zählen dennoch zu den gern gesehenen Besuchern San Franciscos. Die kalifornische Westküstenstadt bereitete mehreren Hundert "Touristen" am Freitag am Hafenpier 39 gar eine Willkommensparty, zum 20. Jubiläum ihres ersten Besuches. Die lautstarke Horde von Seelöwen auf den Bootsstegen in San Franciscos beliebter Fisherman's Wharf ist zurück. Im vorigen November waren die Meeressäuger plötzlich abgezogen.
Möglicherweise folgten sie einem Fischschwarm nach Norden bis vor die Küste von Oregon, vermuten Meeresforscher. Wenige Wochen zuvor drängten sich noch über 1700 Tiere Flosse an Flosse auf den schwankenden Holzstegen. Seit kurzem nun ziehen zur Freude der Schaulustigen wieder Hunderte ihre täglich Show auf den Docks ab.
Spektakel begann 1989
Das Spektakel, dass Touristen aus aller Welt anlockt, hatte mit einer Handvoll Seelöwen im Herbst 1989 begonnen, als sich San Francisco gerade von dem Schock des schweren Oktober-Bebens erholte. Die Betreiber der Geschäfte und Restaurants auf dem Ausflugspier freuten sich über jeden Besucher, den die Tiere als kostenlose Attraktion nach der Katastrophe anzogen. Bereits im Januar 1990 war die laute Meute auf mehrere Hundert Meeressäuger angewachsen. Ihr Verschwinden im vergangenen Winter legte die für Januar geplante Jubiläumsfeier auf Eis, doch am Freitag wurde der 20. Jahrestag mit Musik und Kuchen - allerdings nur für die Touristen - nachgeholt.

Die lautstarke Horde von Seelöwen auf den Bootsstegen in San Franciscos beliebter Fisherman's Wharf ist zurück.
(Foto: dpa)
"Oh nein, die Seelöwen kriegen nichts davon ab", versicherte Sheila Chandor, langjährige Hafenmanagerin von Pier 39. "Die haben reichlich Essen im Wasser, wir bieten ihnen lediglich eine Unterkunft". Die alten Holzstege wurden inzwischen "seelöwengerecht" verstärkt, damit sie unter Last der bis zu 400 Kilo schweren Tiere nicht zusammenbrechen. Um dem Andrang stand zu halten, wurde im vergangenen Herbst sechs neue Docks im Hafenbecken verankert.
Dort aalen sich die Seelöwen in der trüben Brühe, tanken auf den Stegen Sonne und baden buchstäblich in der Aufmerksamkeit. Sie rülpsen und übergeben sich, kämpfen brüllend um die besten Plätze, stoßen Artgenossen ins Wasser und wälzen sich übereinander hinweg. "Es sieht so aus, als würden sie es genießen, dass man sie beguckt", meint die aus Hannover angereiste Claudia Thiel. "Die haben sich einen netten Platz ausgesucht. Eine geschützte Ecke, bequeme Pontons, auf denen man faul liegen und schaukeln kann", meint die Urlauberin fast ein wenig neidisch. Die Show spielt sich ein paar Meter vor ihren Augen ab. "So nah kommt man sonst nirgends an die Tiere ran, es sei denn, sie sind abgerichtet".
"Verseuchung" und "Belästigung"
Beinahe wäre es vor 20 Jahren ganz anders gekommen. An vielen Orten entlang der Küste, wo es sich die Seelöwen bequem machten, wurden sie als "Verseuchung" und "Belästigung" schnell wieder verjagt, erzählt Hafenmeisterin Chandor. Auch in San Francisco dachten sich findige Köpfe zunächst Abschreckungstaktiken aus. Mitarbeiter des Meeresforschers Jacques Cousteau empfahlen eine ferngesteuerte Hai-Attrappe. "Einige Vorschläge aus der Bevölkerung waren recht furchterregend", erinnert sich Chandor. "Wir sollten Elektroschockanlagen auf den Piers anbringen oder Nägel und Glasstücke auslegen". Härteres Durchgreifen ist glücklicherweise nicht erlaubt. Kalifornische Seelöwen genießen Artenschutz und dürfen laut Gesetz nicht gewaltsam vertrieben werden. In San Francisco wurde die vermeintliche Plage schnell zur Attraktion.

Sie fühlen sich offenbar wohl dort.
(Foto: dpa)
Werden kranke oder verletzte Seelöwen gesichtet, so rufen die Pier-Betreiber das Marine Mammal Center zur Hilfe. Mitarbeiter der Klinik für Meeressäuger in Sausalito sind häufig vor Ort, auch um Aufklärung zu betreiben. "Es ist fantastisch, dass diese wilden Tiere sich einen Platz ausgesucht haben, wo so viele Leute vorbeikommen", freut sich Klinik-Chef Jeff Boehm. "Hier lernen sie etwas über Meeressäuger, haben Spass dabei und erkennen hoffentlich, wie wichtig der Schutz der Meere ist".
Die Betreiber von Pier 39 haben aber auch einen Wachmann angeheuert, der die Seelöwen in Schach halten soll. Er patrouilliert auf den verbliebenen Bootsstegen, die die Meeressäuger als ganze Horde noch nicht gekapert haben. Mit einem Rasensprenger geht man dort gegen einzelne "Stegbesetzer" vor. "Sie mögen es partout nicht, wenn ihre Gesichter nass werden", grinst Chandor. "Aber vielleicht ist es auch das Geräusch, das ihnen auf den Geist geht"
Quelle: ntv.de, Barbara Munker, dpa