Reise

Städtetipp Ab nach Greifswald

Im äußersten Nordosten Deutschlands, praktisch auf dem Weg zur Sonneninsel Usedom, überrascht die Stadt Greifswald ihre Besucher. Seit gut einem halben Jahr lockt das Pommersche Landesmuseum viele Kunstinteressierte an.

Seine beachtliche Gemäldegalerie sowie seine Sammlung zur Erd-und Landesgeschichte der gesamten Region ist bemerkenswert. Die alte Hansestadt blickt auf eine bedeutende Vergangenheit zurück. "2006 feiern wir den 550. Gründungstag der Universität", sagt Rektor Rainer Westermann. "Hier kam 1774 auch Caspar David Friedrich zur Welt und erhielt seinen ersten Zeichenunterricht", sagt die Historikerin Brit Bellmann. Der Künstler stieg zum Hauptvertreter der deutschen Romantik auf.

Teile der historischen Altstadt sind wieder saniert. Wer sich am Anblick der nahen Plattenbauten stört, den klärt die Greifswalderin Jutta Gleber auf: "Der Bombenkrieg hat uns verschont, aber die DDR-Führung ließ Teile der alten Bausubstanz niederreißen." Glücklicherweise blieben drei mächtige mittelalterliche Backsteinkirchen erhalten, darunter der Dom St. Nikolai.

Die Reformation vertrieb früh die katholische Geistlichkeit, protestantische Theologen verkündeten vom 16. Jahrhundert an das Neue Testament. Der Greifswalder Universitätsprofessor Joachim Stephani brachte die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 ein halbes Jahrhundert später auf die Formel "cuius regio, eius religio" (wer regiert, bestimmt den Glauben).

Greifswald spielte schon im 13. Jahrhundert eine hervorgehobene Rolle. "Das zehn Zentimeter im Durchmesser große Stadtsiegel, datiert um 1300, gehörte zu den wichtigsten Besitztümern und liegt heute im Museum", sagt der Historiker Fritz Lewandowski. Als Mitbegründerin der Hanse brachte es die Stadt dann früh zu Wohlstand.

"Gripeswold", wie die Siedlung einst hieß, verdankt ihr Entstehen dem Kloster Eldena, dessen Ruine etwas außerhalb liegt und eine der Sehenswürdigkeiten ist. "Von dieser Anlage kommen Sie auch schnell zum Ryck-Fluss, der in den Greifswalder Bodden mündet", sagt der Student Kevin Sattler. Der Abstecher lohnt. In dem Fischerdorf Wieck überspannt eine holländische Klappbrücke malerisch das Gewässer.

Studenten gehören zum Stadtbild Greifswalds. "Eine kleine feine Universität" nennt die Journalistin Constanze Steinke die 1456 gegründete renommierte Hochschule. Sie trägt den Namen des patriotischen deutschen Dichters Ernst Moritz Arndt (1769-1860), der mit seinem Werk wesentlich zur Abschaffung der Leibeigenschaft beitrug. Der pommersche Reformator Johannes Bugenhagen (1485-1558) hat an dieser Alma Mater ebenso studiert wie der Dichter Hermann Löns (1866-1914).

"Derzeit sind 18 000 Studenten immatrikuliert", erklärt das Rektorat. "Seit dem Wintersemester 1990/1991 hat sich die Zahl der Studierenden mehr als verdoppelt." Der Anteil der Frauen ist hoch. "Fast 60 Prozent", zitiert eine Mitarbeiterin aus der Statistik. Auch immer mehr Ausländer kommen nach Greifswald, die meisten aus Polen.

Brit Bellmann zieht die Verbindung zwischen der Ernst Moritz Arndt Universität und dem Pommerschen Landesmuseum. Hier zeigt die Hochschule als Leihgabe den etwa 31 Quadratmeter großen wertvollen Croy-Teppich, der eine ganze Wand einnimmt. "Er wurde Mitte des 16. Jahrhunderts in Stettin gefertigt und stellt ein Bekenntnis zur Reformation mit Martin Luther als Oberhaupt der Kirche dar."

Das Museum, ein durch moderne Konstruktionen verbundener Komplex weißer Gebäude im klassizistischen Stil, zeigt auch andere sehenswerte Exponate der Geschichte Pommerns -beispielsweise einen fast zwei Kilogramm schweren Goldring, den Fachleute auf die Zeit der Völkerwanderung datieren. "In der Gemäldegalerie sind jeweils etwa 200 Werke vom 17. bis zum 20. Jahrhundert zu sehen, darunter auch Bilder Friedrichs", erklärt der Historiker Stefan Fassbinder.

Erfrischend an dem Museum ist, dass den Besucher keine verstaubten Exponate und nach Belieben geordnete Gemälde erwarten. Großzügige Architektur und moderne Technik zeichnen die Ausstellungssäle aus. Ein Audioprogramm hilft bei der Orientierung, "Holografische Zeitzeugen" berichten aus vergangenen Jahrhunderten. So erfährt der Besucher etwa, dass Greifswald 200 Jahre zu Schweden gehörte.

Wenige Schritte vom Museum liegt der unter Denkmalschutz stehende Marktplatz mit dem nicht zu übersehenden roten Rathaus und den Giebelhäusern -und vielen Lokalen, die Besuchern Entspannung bieten.

Quelle: ntv.de

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