Tour ins "Goldene Zeitalter" Cicerones in Buenos Aires
16.11.2007, 16:45 UhrSaftige Steaks und schmachtender Tango sind die Markenzeichen von Buenos Aires. Wer aber nicht nur erstklassig speisen und leidenschaftlich tanzen möchte, kann sich von den "Cicerones" die Glanzlichter der argentinischen Hauptstadt zeigen lassen.

Joaquin Brenman (r) von den Cicerones zeigt Wallace Rogers die Sehenswürdigkeiten von Buenos Aires. Im Hintergrund am Ende der Straße der Obelisk, der 1936 zum 400. Geburtstag der Stadt errichtet wurde.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die ehrenamtlichen Stadtführer, die sich nach Cicero, dem berühmten Redner des antiken Rom benannt haben, richten sich ganz nach den Wünschen der Kunden. So führt etwa Joaquin Brenman zu den architektonischen Denkmälern einer Zeit, als Buenos Aires zu den reichsten Metropolen der Welt gehörte. Heute ist die "europäische" Millionenmetropole am Rio de la Plata wegen ihres Kultur- und Nachtlebens und auch wegen der niedrigen Preise ein beliebtes Touristenziel.
"Wir wollen die Stadt auf andere Art und Weise zeigen, und zwar durch Porteos, also Menschen, die in der Stadt leben und die Stadt lieben", sagt Brenman zu Beginn der Tour an der Plaza San Martn im Stadtteil Retiro. Sechs "Cicerones" hatten sich 2002 zusammengetan, nach dem Vorbild der "Big Apple Greeters", die bereits seit 15 Jahren mit großem Erfolg kostenlose Touren durch New York anbieten. Heute zeigen 70 Porteos "ihr" Buenos Aires in sechs Sprachen bei 40 bis 60 Führungen pro Monat, ausschließlich finanziert durch Spenden. Jede Tour ist nach individuellen Schwerpunkten im Internet gestaltbar, und wenn ein passendes Datum gefunden wird, begleiten die Cicerones Gruppen von zwei bis sechs Personen auch zu Fußballspielen, Tangoabenden oder Museumsbesuchen.
Brenman arbeitet eigentlich als Ingenieur. In seiner Freizeit aber zeigt er Architekturbegeisterten wie dem 73-jährigen US-Amerikaner Wallace Rogers herrschaftliche Bauwerke, zum Beispiel das 120 Meter hohe Edificio Kavanagh an der Plaza San Martn.
Ein paar Schritte weiter beginnt die Fußgängerzone Florida, lange Zeit die Haupteinkaufsstraße Argentiniens. Tagsüber drängeln sich dort Tausende von Touristen und Angestellte aus den umliegenden Bürohochhäusern. Brenman weist durch das Gedränge auf ein heruntergekommenes Kaufhaus mit der Aufschrift "Harrods": "Dies war die einzige ausländische Filiale des Londoner Traditionskaufhauses", erzählt er. Seit einigen Jahren ist sie geschlossen.
Nach den Menschenmassen in der Calle Florida lenkt Brenman seine Schritte in den nervenaufreibenden Verkehr der Avenida Corrientes, auch als "Broadway" der Millionenmetropole bekannt. Doch Brenman lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, während er die riesigen Theatergebäude beschreibt.
Als kleine Zufluchtstätte vor dem Lärm des Stadtzentrums erweist sich in der Nebenstraße Suipacha die "Confiteria Ideal". Von außen eher unscheinbar, öffnet sich im Inneren ein weiter Raum im Stil eines Wiener Cafhauses der Jahrhundertwende.
Der Gast aus Florida fragt nach, warum nicht mehr getan werde für die Erhaltung der zahlreichen Baudenkmäler. "Ich habe 30 Jahre in New York gelebt. Dort würden die Verantwortlichen sofort auf Unsummen verklagt werden, wenn die Gehwege oder Häuser in einem ähnlich gefährlichen Zustand wären", meint Rogers kopfschüttelnd.
Zum Abschluss der zweistündigen Tour führt Brenman noch einmal in die Calle Florida zur Galeria Güemes, einem der vielen Einkaufszentren, an denen die Touristen meist achtlos vorbei eilen. "Dieses Gebäude gehörte in den 1930er Jahren der französischen Luftfrachtgesellschaft Latcore. Bei ihr war auch Antoine de Saint- Exupry angestellt", berichtet der 63-Jährige. Der Autor des "Kleinen Prinzen" habe ab Ende 1929 für einige Zeit eine Wohnung in den oberen Stockwerken der Galerie bezogen, "wo er sich mit einer seiner zahlreichen Freundinnen zu treffen pflegte".
Quelle: ntv.de, Tom Körkemeier, dpa