"Eiffelturm des Ruhrgebiets" Gasometer wird 80
12.05.2009, 12:09 Uhr
Der 117,5 m hohe Stahlgigant wurde 1929 in Dienst gestellt.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Der Oberhausener Gasometer - einst Europas größter Gasspeicher - ist Symbol für eine ganze Region und hat sich gleichzeitig zu einer spektakulären Ausstellungshalle mit einem rund 100 Meter hohen Innenraum gewandelt.
Der riesige Stahlzylinder neben der Autobahn 42 und dem Rhein-Herne-Kanal steht für das Ruhrgebiet wie die Zeche Zollverein und Schalke 04. Der Oberhausener Gasometer - einst Europas größter Gasspeicher - ist Symbol für eine ganze Region und hat sich gleichzeitig zu einer spektakulären Ausstellungshalle mit einem rund 100 Meter hohen Innenraum gewandelt. Auf dem Weg zum Dach können die jährlich über 200.000 Besucher die vielleicht aufregendste Fahrstuhlfahrt Deutschlands erleben: Im Bauch des Riesenspeichers bei Dunkelheit und sphärischer Musik mit einem innen gelegenen, gläsernen Panorama-Fahrstuhl. Am 15. Mai 2009 feiert der Gasometer seinen 80. Geburtstag.
"Eiffelturm des Ruhrgebiets" nennen Romantiker den 117,5 Meter hohen Stahlgiganten. Als er 1929 in Dienst gestellt wurde, breitete sich in Oberhausens jetziger "Neuer Mitte" ein gewaltiges Industriegebiet aus. Der Speicher nahm Gichtgas auf, das bei der Produktion der Gutehoffnungs-Eisenhütten entstand, um es später an die Oberhausener Kokereien und die Walzwerke weiterzuleiten. Der lukrative Energieaustausch rechnete sich schon im ersten Jahr trotz Baukosten von damals 1,74 Millionen Reichsmark. Genau diese enge Verknüpfung von Kohle- und Stahlproduktion in einem einzigen Industrieareal war es ja, die das Ruhrgebiet damals europaweit an die Spitze brachte.
Technische Meisterleistung

Wenn die Oberhausener ihn sehen, wissen sie: Fast zu Hause.
Technisch galt die Speicherung einer Riesenmenge von fast 350.000 Kubikmetern Gas als Meisterleistung. Die Ingenieure setzten eine mit Betongewichten beschwerte bewegliche Scheibe in das Innere des fast 67 Meter breiten Zylinders, die auf dem Gas bis auf fast 100 Meter Höhe schwamm. Um den Speicher dicht zu bekommen, wurden an den Innenseiten der Stahlwände ständig ein Öl-Teer-Gemisch entlang gepumpt. Die dunkle Färbung ist noch heute zu erkennen. Wie stabil die Konstruktion war, zeigte der Zweite Weltkrieg: Trotz mehrerer Bombentreffer funktionierte der Gasometer bis Anfang 1945. Erst nach dem Krieg geriet er bei Reparaturarbeiten in Brand und musste auf dem alten Fundament neu aufgebaut werden.
Als die Stahlkrise der 70er und 80er Jahre reihenweise für Schließungen von Hochöfen und Kokereien sorgte, verlor der Gasometer seine Aufgabe. Er wurde am 14. März 1988 stillgelegt. Fast vom ersten Tag an brach die Diskussion über die künftige Nutzung los. "Viele Oberhausener wollten damals die Kohle- und Stahlvergangenheit endgültig loswerden und den Gasometer abreißen", sagt die Geschäftsführerin der heutigen Betreibergesellschaft Jeanette Schmitz. Es gab daneben die wildesten Nutzungsvorschläge vom Hochregal-Lager, einer automatischen Parkgarage bis hin zur Indoor-Bungee-Sprunganlage, die allesamt keine Chance hatten. 1994 wurden die Abrisspläne endgültig begraben und der Gasometer als Ausstellungs- und Veranstaltungsort wiedereröffnet.
Tolle Aussicht
Für Kinder des Ruhrgebiets bleibt es damit auf lange Zeit dabei: Wenn auf dem Rückweg aus dem Urlaub der Gasometer neben der Autobahn A 42 auftaucht, sind sie wieder zu Hause und die Ferien vorbei. Und in der Oberhausener Stadtverwaltung läuft auf allen Leitungen das "Gasometer-Lied" der städtischen Kabarettgruppe "Missfits" als Pausenfüller für wartende Anrufer. Über den zugigen Platz und die tolle Aussicht auf dem 117 Meter hohen Dach des Industriedenkmals heißt es dort: "Stehse auffem Gasometer im Sturmesbrausen und alles watte siehst is Oberhausen."
Quelle: ntv.de, Rolf Schraa, dpa