Heißer geht's nicht Karneval in Kuba
16.01.2007, 11:28 UhrTrommelklänge hallen durch die Abendluft und mischen sich mit dem schrillen Stakkato Chinesischer Trompeten. Es ist ein heißer und schneller Rhythmus, der die ohnehin heißeste Stadt Kubas während des Karnevals in einen karibischen Hexenkessel verwandelt: Tausende Menschen in Feierlaune strömen aus allen Winkeln von Santiago de Cuba ins Stadtviertel Sueo.
Es ist längst dunkel, die brütende Tageshitze ist vorüber. Aber es bleibt das Gefühl, man tanze in einer Sauna. Eine Mischung aus Dunst, Hitze und Feuchtigkeit liegt über der Stadt. Die Santiagueros feiern ihren Karneval nun einmal vom 21. bis 27. Juli und nicht wie die Europäer im Februar. Es ist ein Karneval, bei dem alles fließt: der Schweiß, der Rum und vor allem das saure kubanische Billigbier.
Santiago, die zweitgrößte Stadt Kubas, unterscheidet sich krass vom gleichfalls heruntergekommenen, doch vergleichsweise weltstädtisch strahlenden Havanna. Jamaika und Haiti sind Santiago nicht nur räumlich näher als Kubas Hauptstadt. Eine turbulente Geschichte hat Santiago zu einem Schmelztiegel afrikanischer, französischer und spanischer Kulturen werden lassen.
Auf beiden Seiten der Victoriano-Garzon-Allee sind Holztribünen gezimmert worden. Die besten Plätze kosten fünf Peso Convertible, etwa 3,65 Euro. Jeden Abend ab 22.00 Uhr ziehen die Karnevalsgruppen der Stadtviertel tanzend durch die Straße. Groteske Figuren mit riesigen Pappmaschee-Köpfen sind dabei, aber auch Hunderte von Samba-, Rumba- und Salsatänzern. Musikanten spielen mit Bongos, Tumbadoras, Claves und anderen Schlaginstrumenten auf, andere Musiker geben mit Pauken und Trompeten ihr Letztes. Getanzt wird in Sueo überall, mindestens bis 4.00 Uhr morgens.
Noch ursprünglicher und temperamentvoller ist der Straßenkarneval in zwei anderen Vierteln: in Trocha und vor allem in Las Olmos. Hier bilden sich abends so genannte Congas: Hunderte, manchmal Tausende Menschen ziehen dicht gedrängt in einem stampfenden Rhythmus durch die Straßen. Trommeln, Schlaghölzer und Rasseln peitschen sie mit afrokubanischem Sound auf. Es ist das Gegenteil von Marschmusik: eine zügellose Party.
Zwei der Karnevalsgruppen Santiagos, die "Carabali Olugo" und die "Carabali Izuama", sind mehr als 300 Jahre alt. Sie wurden einst von Sklaven gegründet. Am Ende des 16. Jahrhunderts führten die Spanier ihre eigenen Feste in die Kolonie ein. Bei den Karnevalsumzügen, die auch in Santiago zunächst im Februar stattfanden, gingen die Spanier vorneweg. Am Ende des Zuges durften die Sklaven ihre eigene Musik spielen und sich mit abgelegter Kleidung ihrer Herren ausstaffieren.
Im Laufe der Jahre realisierten die Kolonialherren dann, dass der Februar eine ungünstige Zeit für Karneval ist, läuft doch in diesem Monat normalerweise die Zuckerrohrernte auf Hochtouren. Also wurde im 18. Jahrhundert beschlossen, das Fest erst später zu feiern. Das Karnevalsfest wurde dabei mit dem Feiertag für den lokalen Schutzpatron Santiago am 25. Juli zusammengelegt.
Damals kamen auch 30000 französische Siedler nach Santiago. Und nachdem die Sklaverei auch auf Kuba abgeschafft war, holten die Plantagenbesitzer Tausende von chinesischen Arbeitern ins Land. Sie brachten die Chinesische Trompete mit, die bis heute eine unüberhörbar wichtige Rolle in Santiagos Karneval spielt.
(Georg Alexander, dpa)
Informationen: Kubanisches Fremdenverkehrsamt, Kaiserstraße 8, 60311 Frankfurt, Tel.: 069/28 83 22
Quelle: ntv.de