Kniefall vor sich selbst Tempelbesuch in Korea
02.04.2005, 09:00 UhrUnd nochmal auf die Knie fallen. Wieder wirbelt Staub auf, erneut klatschen die Handflächen auf den Sand. Schweiß perlt über die Stirn und nässt die graue Kutte. Von wegen Schweigen und Besinnung - in koreanischen Klöstern können Alltag und Gebet, Regeln und Ritus für Besucher in harte körperliche Arbeit ausarten. Um der Welt zumindest einen Teil der Sitten und Gebräuche zu zeigen, öffnet Südkorea seit kurzem einige seiner mehr als 7000 Tempel und Klöster. "Templestay" heißt die neue Attraktion.
Insgesamt 44 buddhistische Tempel lassen sich hinter ihre Tore schauen. Nicht jeder bietet dem Gast die gleiche Erfahrung: Erinnern einige wie der alte Beomeosa-Tempel im Norden des Landes mit seinen farbig verzierten Gebäuden aus Holz und seinen geschmückten Gebetsräumen an das typische Bild, so bieten andere wie Silleuksa aus dem 13. Jahrhundert den puren Alltag. Leben in einigen mehr als 100 Mönche, so verlieren sich in anderen nur eine Hand voll.
Offizielles Ziel eines "Templestays" ist die Begegnung mit der buddhistischen Klöstertradition. 2002 hatte Südkoreas Regierung während der Fußball-WM auf die Hilfe der Mönche zurückgegriffen, um mehr Betten für Fans zur Verfügung stellen zu können. Schnell fand die Idee Freunde, und das Programm wurde beibehalten. Allein im Jahr 2004 haben 32 000 Koreaner und 3000 Touristen teilgenommen. Die Preise reichen von umgerechnet 43 bis 69 Euro pro Nacht und Person.
Der typische 24-Stunden-Tempeltrip umfasst Glockenritual und Dharma-Trommeln, rhythmisches Besenfegen, liturgischen Gesang, Meditieren im Morgengrauen, Teezeremonie und immer wieder den Kniefall beim Beten. "Tragen sie im Tempel keine bunte Kleidung", heißt es in einem Merkblatt für die Teilnehmer. Und: "Handeln Sie nicht individuell." Zeit für die innere Ruhe ist kaum eingeplant.
Gleich nach der Einführung wartet die erste Herausforderung: "Wir basteln jetzt Lampions", sagt Mönch Chang See Yong in Silleuksa grinsend in die Runde der verdutzten Gäste. Aus Papier sollen die Laternen sein und in Form einer Lotusblüte mit einer Kerze im Innern. Das Basteln mit Klebstoff erweist sich aber weniger als "Leerung des Geistes von weltlichen Gedanken" denn als kniffelige Fingerübung.
Um 4.00 Uhr am Morgen schallt die gewaltige Glocke zwei Dutzend Mal über das dunkle Tempelgelände und lädt zur ersten täglichen Zeremonie. In Sandalen und blassgrauen Einheitsklamotten watscheln die Touristen mit den Lampions verschlafen über den dunklen Hof. Ein Mönch an der Spitze summt meditierend und fordert zum Mitsingen auf.
Im Gebetshaus, umringt von Statuen des gnädig herabschauenden Buddhas, duftenden Räucherstäbchen und gelben Kerzen, gehen Urlauber und Mönche bei der Morgenzeremonie wieder in die Knie. Insgesamt 108 Mal, "ein jedes Mal für die Leiden des Lebens und zum Respekt vor Buddha", erklärt ein Mönch. Natürlich darf auch Sozialarbeit nicht im Programm fehlen: Mit einem Holzbesen fegen Mönch und Urlauber für eine Stunde die Plätze und Wege des Tempelhofs, "gleichmäßig und rhythmisch, um zu zeigen, dass wir nichts Besonderes sind", heißt es.
Informationen: Korea National Tourism Organization (KNTO), Baseler Straße 35-37, 60329 Frankfurt (Tel.: 069/23 32 26, Fax: 069/25 35 19).
Quelle: ntv.de