Reise

Skitouren und Buddha-Nischen Urlaub in Afghanistan

Die Nische der größten Buddha-Statue in Bamian.

Die Nische der größten Buddha-Statue in Bamian.

(Foto: dpa)

Die Gegend ist von atemberaubender Schönheit, unberührte Berggipfel ragen in den blauen Himmel und spiegeln sich im glasklaren Wasser der Seen. Archäologische Stätten laden zum Besuch ein, in der Region wurde Geschichte geschrieben. Die Menschen hier sind überaus gastfreundlich, ihre Kultur ist einmalig. Was dennoch fehlt, sind Touristen aus dem Ausland. Der Grund: Die Rede ist von Bamian, einer Provinz im Herzen Afghanistans, jenem Land also, das kaum im Ruf eines Erholungsgebietes steht. Doch die Menschen in Bamian hoffen unbeirrt von schlechten Nachrichten, dass sich das ändert. Mit beinahe rührendem Enthusiasmus bereiten sie sich auf bessere Zeiten vor - und setzen dabei auf Öko-Tourismus.

Bamian ist eine der sichersten Provinzen des Landes, hier leben Angehörige der schiitischen Minderheit der Hasara, die für die radikal-islamischen Aufständischen nichts übrig haben. Weltweite Schlagzeilen machte Bamian, als die Taliban vor neun Jahren in der gleichnamigen Provinzhauptstadt die in den Fels gehauenen riesigen Buddha-Statuen sprengten. Wer in den leeren Nischen steht und seinen Blick nach oben richtet, begreift erst, welche gigantischen Leistungen die Erbauer im fünften oder sechsten Jahrhundert erbrachten. Ohne Maschinen, ohne Computer schufen sie die Statuen, von denen die größte 53 Meter maß. Ungeheuerlich erscheint das Ausmaß des Frevels, den die Taliban an den buddhistischen Meisterwerken begingen.

"Kulturelle Tragödie"

Die größte Statue war so solide erbaut, dass es mehr als drei Wochen dauerte, bis sie vernichtet war. "Die Zerstörung war die schlimmste Nachricht, die ich jemals in meinem Leben gehört habe", sagt der Chef des von Neuseeland und der Aga-Khan-Stiftung geförderten Ökotourismus-Projekts in Bamian, Amir Foladi. "Das ist eine kulturelle Tragödie nicht nur für die Menschen in Bamian und Afghanistan, sondern auf der ganzen Welt gewesen." Die Überreste der Buddhas wurden 2003 zum Weltkulturerbe erklärt, und auch ohne die Statuen bleiben die gigantischen Nischen eine Sehenswürdigkeit. In der Wand führen alte Treppen durch den Fels hinauf, vorbei an Höhlen, in denen Überreste buddhistischer Malereien zu sehen sind. Aus den Höhlen heraus hat man einen spektakulären Blick auf den Hindukusch.

Die Statue war so solide erbaut, dass es Wochen dauerte, bis sie vernichtet war.

Die Statue war so solide erbaut, dass es Wochen dauerte, bis sie vernichtet war.

(Foto: dpa)

Bamian bietet nicht nur die Buddha-Nischen und andere archäologische Stätten, sondern auch unberührte Natur. Berge laden zum Wandern ein, drei Stunden Fahrt von Bamian-Stadt entfernt liegt Afghanistans erster und bislang einziger Nationalpark Band-e-Amir mit seinen Seen. Bevor die Rote Armee 1979 nach Afghanistan einmarschierte, verzeichnete Bamian 64 000 ausländische Besucher pro Jahr. Im Jahr 2004 kamen immerhin noch 4000 Ausländer, dann verschlechterte sich die Sicherheitslage. Im vergangenen Jahr fanden weniger als 800 Ausländer den Weg nach Bamian, fast alle davon arbeiteten in Afghanistan. Immerhin stieg die Zahl der afghanischen Besucher von 950 im Jahr 2008 auf 1500 im vergangenen Jahr.

Der Düsseldorfer Architekt Stefan Frischauf, der bei einer Hilfsorganisation in Kabul arbeitet, verbringt mit Kollegen ein langes Wochenende in Bamian - und ist begeistert nicht nur von den archäologischen Stätten, sondern auch von der Natur und den Menschen. "Das ist ein unglaublich spannender Ort. Die leeren Buddha-Höhlen reflektieren viel des Weltgeschehens der letzten zehn Jahre", sagt Frischauf. "Ich denke in jedem Fall, dass dieses Land und dieser Ort eine Zukunft im Fremdenverkehr haben - wenn sich die Sicherheitslage verbessert in Afghanistan." Nicht nur die Gefährdungslage im restlichen Land, sondern auch die Infrastruktur hemmt die Entwicklung. Bislang ist der Weg nach Bamian beschwerlich.

Hoffnung auf kommerzielle Flüge

Die Bewohner hoffen, dass es irgendwann kommerzielle Flüge von Kabul in die Region geben wird - und vor allem, dass die Piste von der Hauptstadt in den nächsten Jahren asphaltiert wird. Dann würde die Fahrzeit von acht auf drei Stunden verkürzt. Foladi hat große Pläne für die Zukunft. Die Kapazität soll von derzeit 116 Gästebetten auf 1000 Betten bis 2015 ausgebaut werden, dann sollen 1000 Menschen im Hotelgewerbe arbeiten - acht Mal so viele wie jetzt. "Bamian ist sicher und hat viel Potenzial", sagt Foladi. Er hofft außerdem darauf, dass künftig auch im Winter Touristen in das 2500 Meter hoch gelegene Bamian-Tal kommen - zum Skifahren auf den umliegenden Bergen, deren Gipfel bis zu 5000 Meter in den Himmel ragen.

Laurie Ashley (l) versucht afghanischen Kindern in der Provinz Bamian im Winter 2010 das Skifahren näherzubringen.

Laurie Ashley (l) versucht afghanischen Kindern in der Provinz Bamian im Winter 2010 das Skifahren näherzubringen.

(Foto: dpa)

Die Amerikaner Chad Dear und Laurie Ashley erkunden das Tourenski-Terrain derzeit im Auftrag der Aga-Khan-Stiftung für das Ökotourismus-Projekt. "Das sind Weltklasse-Berge, die Weltklasse-Skifahren bieten", sagt Dear. "Sie würden die besten Skifahrer der Welt anziehen." Nicht nur den in Kabul arbeitenden Ausländern, auch Afghanen aus Bamian soll das Skifahren nahegebracht werden. "Das ist die Vision." Der Schotte Kenneth Adams, der in Kabul bei einer Hilfsorganisation arbeitet, gehört zu den ersten Ski-Touristen Bamians. Zwar sei im alkoholfreien Bamian "die Après-Ski-Szene sehr anders" als in den Alpen, sagt der 30-Jährige. Die Ski-Tour in den afghanischen Bergen, schwärmt er, sei aber "faszinierend" gewesen.

Quelle: ntv.de, Can Merey, dpa

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