Mit Bussard durch den Urwald Was Touristen in El Salvador erwartet
12.12.2009, 09:22 Uhr
Zerstörungen durch Hurrikan "Ida" in San Vicente nahe San Salvador. (Archivbild vom 8. November 2009)
(Foto: REUTERS)
Zerstörungen durch den Hurrikan "Ida" im November 2009 und eine der höchsten Kriminalitätsraten weltweit: Wenn El Salvador von sich reden macht, dann meist nicht als Reiseziel. Das kleinste Land Zentralamerikas will touristisch jedoch aufholen - und es hat dabei nicht nur Vulkane, Pazifikstrände und Maya-Ruinen zu bieten wie seine Nachbarn. Auch eher Ungewöhnliches lässt sich in El Salvador erleben - zum Beispiel Ausritte durch große Kaffeeplantagen und Greifvogel-Punktlandungen auf einer behandschuhten Touristenhand.
Die Sonne ist schon untergegangen hinter dem Hügel nahe des Kolonialstädtchens Concepción de Ataco, einem Ort mit freundlich grüßenden Menschen und gepflegten alten Häusern. Oben im Bergwald fliegt "Chucky" von Ast zu Ast und folgt der kleinen Touristengruppe, die einen Abendspaziergang zwischen tropischen Nadelhölzern, Farnen und Laubbäumen unternimmt. Erst landet der Wüstenbussard auf dem Handschuh seines "Herrchens". Dann reicht Falkner Roy Beers ihn - zusammen mit einem Stück Trockenfleisch - weiter an einen Touristen aus den USA. Es ist nun fast dunkel. Doch "Chucky" hat verstanden und flattert wenig später auf die Hand des Urlaubers. Greifvögel bevorzugen das freie Land, aber "Chucky" kommt auch im Wald zurecht.

Surfer am Strand von Punta Roca.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
In El Salvadors Südwesten ist es touristisch noch recht still. Doch Attraktionen wie Surfkurse, Bootsfahrten durch Mangrovenkanäle sowie das Radeln und Reiten durch Bergwälder und Kaffeefincas an der "Ruta de las Flores" ("Blumenstraße") werden immer beliebter.
Ausländische Touristen kommen langsam
"Wir werden langsam zur Kenntnis genommen von ausländischen Touristen", sagt Luis Figueroa, der mit seiner Partnerin Veronica Navarro ein Café und Restaurant in Ataco betreibt. Nicht nur bei ihm im Lokal sei das spüren, sondern überall im Land, das lange auch wegen des Bürgerkriegs der 80er Jahre ein schlechten Image hatte.
"Die Konkurrenz schläft nicht. Auch unsere Nachbarn Guatemala und Honduras haben Maya-Ruinen, Strände, Urwald und Berge. Da müssen wir Nischen suchen", sagt Julio Vega. Mit den Eigentümern der Kaffeefinca "El Portezuelo" in den Bergen von Juayúa offeriert der 34-jährige Chef des Tourveranstalter AkwaTerra einen sportlichen Farm-Tourismus: Übernachtet wird in der Finca-Gästelodge, zum Tagesprogramm gehören Bergwanderungen mit Kaffeekunde, Paragliding und Radeln. Auch hoch zu Ross geht es über dichte Dschungelpfade. Und immer wieder fällt der Blick von etwa 1400 Meter Höhe auf Hänge mit Kaffeesträucher-Feldern.
Der Vulkan Izalco, der See von Coatepeque und die Maya-Stätten von Tazumal liegen nicht weit entfernt von der "Blumenstraße". Ein Muss für Maya-Fans ist Joya de Cerén. Bauarbeiter entdeckten das Dorf im Jahr 1976 zufällig, das inzwischen zum Weltkulturerbe gehört. Vor 1400 Jahren war es bei einem Vulkanausbruch unter bis zu fünf Metern hohen Aschebergen versunken und "versiegelt" worden. Heute können Besucher ein Freilichtmuseum besuchen und manchmal beobachten, wie Archäologen die Häuser, Werkzeuge und "versteinerte" Ernteprodukte wie Mais und Bohnen erforschen und manches davon noch freilegen.
Mehr und mehr entdeckt El Salvador den nachhaltigen Tourismus, der auch der armen Landbevölkerung neue Jobs bringt. Hier sind viele ehemalige Kämpfer der Befreiungsbewegung Farabundo Marti (FMLN) engagiert, besonders im Osten des Landes. In Perquín an der Grenze zu Honduras wird die Kriegsgeschichte sogar in den Tourismus integriert: Das "Museo de la Revolución" zeigt Maschinenpistolen und Funkgeräte von Rebellen sowie eine Wandmalerei, mit der Kinder für Frieden und eine intakte Umwelt werben. Die Kleinstadt liegt an der "Ruta de la Paz", der "Friedensstraße", zu der auch El Mozote gehört. Die Gräueltaten der Regierungstruppen gingen einst durch die Weltpresse: Mehr als 800 Menschen starben dort 1981, darunter viele Kinder.

Der 72 Quadratkilometer große Ilopango-See in der Nähe der Hauptstadt San Salvador.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Ungefährlich ist das Leben in El Salvador auch heute nicht. Das Auswärtige Amt weist in seinem Sicherheitshinweis auf die hohe Gefahr von Gewaltverbrechen hin - was nicht dafür spricht, dass es gute Aussichten für den Tourismus gibt. "El Salvador hat Zukunft. Die Zeit arbeitet für das Land", meint dagegen Paolo Lürs, ein gebürtiger Osnabrücker. Die Tische in seinem Restaurant "La Ventana" sind meist gut besetzt mit Einheimischen - aber auch mit Touristen.
El Salvador
ANREISE UND FORMALITÄTEN: Direktflüge von Deutschland nach San Salvador gibt es nicht. Möglich ist eine Anreise mit Umsteigen in den USA. Alternativen mit jeweils zweimal Umsteigen bieten zum Beispiel Iberia (über Madrid und San José/Costa Rica) und die niederländische KLM (über Amsterdam und Panama-Stadt). Die letzte Etappe nach San Salvador wird dabei mit den mittelamerikanischen Fluggesellschaften Taca oder Copa zurückgelegt. Deutsche brauchen für Aufenthalte von bis zu 90 Tagen in El Salvador einen Reisepass, aber kein Visum.

Kleinster Staat Zentralamerikas: El Salvador ist das einzige der sieben Länder in der Region, das keine Karibikküste hat.
KLIMA UND REISEZEIT: Tropenklima mit Höchsttemperaturen zwischen 28 und 33 Grad, in den Bergen liegen die Werte niedriger. Trockener als im Rest des Jahres ist es von November bis Mai.
WÄHRUNG: Der US-Dollar ist die Landeswährung. Für einen Euro gibt es etwa 1,50 Dollar (Stand: Dezember 2009).
SICHERHEITSHINWEISE: Die Hemmschwelle beim Gebrauch von Schuss- oder Stichwaffen sei in El Salvador niedrig, warnt das Auswärtige Amt in seinem Sicherheitshinweis. Vor allem Einzelreisende sollten vorsichtig sein. "Besonders gefährlich" seien die großen Städte San Salvador, Santa Ana und San Miguel sowie die Bezirke La Paz, La Libertad und Sonosonate.
INFORMATIONEN: Arbeitsgemeinschaft Lateinamerika, An der Ruhbank 26, 61138 Niederdorfelden (Tel.: 06101/98 77 12).
Quelle: ntv.de, Bernd Kubisch, dpa