Blick ins Blaue Gratweg Stoos lässt dauerstaunen
09.09.2011, 10:20 Uhr
Der rote Stoos-Express bringt seit 1933 Touristen von Schlattli hinauf ins Örtchen Stoos auf 1300 Metern, zum Teil auf Abschnitten mit erheblichen Steigungen.
(Foto: picture alliance / dpa-tmn)
Kulissen für fantastische Wanderungen bietet die Schweiz zuhauf. Trotz allem Überfluss verdient auch ein Kleinod wie der Gratwanderweg Stoos Beachtung. In 1900 Metern Höhe bietet er ein Dauerpanorama auf den Vierwaldstättersee und die Zentralschweiz.
Schon der Weg hinauf beginnt mit einem Superlativ. Die "steilste touristische Standseilbahn der Welt" sei der knallrote Stoos-Express, sagt Ivan Steiner von Morschach-Stoos-Tourismus. Über eine Steigung von bis zu 78 Prozent zieht die Standseilbahn seit 1933 Touristen von Schlattli am Rande des Muotathals hinauf ins autofreie Örtchen Stoos auf 1300 Metern.

Über eineinhalb bis drei Stunden bietet der Gratwanderweg Stoos prachtvolle Ausblicke auf den Urnersee und die Bergwelt ringsum.
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"Gut, dass ich das nicht laufen musste", sagt ein durchaus wadenstarker Schweizer Passagier auf der hölzernen Sitzbank. Für ihn beginnt an der Endstation bereits der Anstieg auf den Klingenstock - 635 Höhenmeter mitten durch die Almwiesen. Das Läuten der zahllosen Kuhglocken ist allgegenwärtig.
Per Sessellift gehts auch hoch
Die bequemeren Besucher des Bergs lassen sich im gepolsterten Sessellift zum Gratwanderweg fahren. Und staunen bereits fünf Wegminuten nach dem Ausstieg: Vor ihren Augen eröffnet sich der erste Blick auf den tief türkisen Südteil des Vierwaldstättersees - den Urnersee. Und auf das ewige Eis der ersten 3000er.
Vor den Wanderern liegen nun, die Vormittagssonne im Rücken, eineinhalb bis drei Stunden Gratweg - je nach Fitness und Anzahl der Fotostopps. Klettererfahrung braucht man nicht, um das Ziel zu erreichen, den 1922 Meter hohen Fronalpstock. Etwas Trittsicherheit und Kondition genügen. Auch Eltern mit Kindern sind hier oben unterwegs - allerdings vorwiegend Einheimische.

Der Gratwanderweg ist gerade breit genug, dass zwei Wanderer nebeneinander gehen können. Steile Abschnitte sind mit Ketten gesichert.
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Der Blick nach vorn erinnert an Luftaufnahmen der Chinesischen Mauer. Scheinbar endlos schlängelt sich der Weg, mal auf, mal ab, über Rot Turm und Huser Stock zum Furggeli. Steilere Stücke sind mit Ketten gesichert. Rastplätze gebe es absichtlich wenige, sagt Ivan Steiner. Dafür stehen die paar robusten Holztische und -bänke aber an den schönsten Stellen.
Geschichtsträchtigster Ort der Schweiz
Stundenlang könnte man hier sitzen und hinabblicken auf den See, hinausschauen in die Berge, sich wundern über die seltsamen terrassenartigen Furchen, welche die Rinder in die grünen Hänge gestampft haben. Und tief unten ist auch noch der geschichtsträchtigste Ort der Schweiz zu sehen - das Rütli.
Auf diesem sanften Stück Wiese direkt am Ufer des Urnersees soll einst die Schweizer Eidgenossenschaft entstanden sein. Am 1. August 1291 schworen laut der Sage drei Abgesandte der Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden den Bund, aus dem die Confoederatio Helvetica hervorgegangen ist. Heute ist die Rütliwiese Nationalheiligtum - erreichbar nur zu Fuß oder per Schiff. Ebenso wie der Schillerstein, der wie ein natürlicher Obelisk ins Wasser ragt. Er ist dem Dichter des Dramas "Wilhelm Tell" gewidmet, das den Rütli-Schwur auch im Ausland berühmt machte.

Der Höhepunkt: Von der Aussichtsplattform auf dem Fronalpstock sieht man bei klarer Sicht zehn Seen und die berühmten Luzerner Hausberge Rigi und Pilatus.
Das letzte Stück zum Fronalpstock kostet erstmals ordentlich Puste. Doch die Belohnung ist außergewöhnlich. Von der ausladenden Aussichtsplattform beim Bergrestaurant zeigen sich bei klarer Sicht zehn Seen und die berühmten Luzerner Hausberge Rigi und Pilatus.
Wer noch Luft hat, sollte den Fußweg hinab zur Standseilbahn wählen. Allein der Dauerblick auf die Mythen - das dominante Gipfelpaar und Wahrzeichen von Schwyz - lässt jeden Knieschmerz vergessen und ist den Muskelkater wert. Und wenn im Dorf noch die Alphörner blasen, ist das Klischee des Schweizurlaubs perfekt.
Quelle: ntv.de, Stephanie Günzler, dpa