Sport

Nach Doping-Vorwürfen Ahlmann soll zahlen

Täter oder Opfer, Betrüger oder Trottel - die Interpretationen der vier positiven Doping-Proben beim olympischen Springturnier gehen weit auseinander. Im deutschen Lager herrschte am Tag nach dem erschreckenden Befund bei Christian Ahlmanns Pferd Cöster aber noch immer Fassungslosigkeit vor. "Ich bin total tief enttäuscht", sagte Bundestrainer Kurt Gravemeier: "Wen er da alles mit reingerissen hat!" Für Ahlmann hat der positive Befund schwerwiegende Folgen: Er darf monatelang nicht reiten und Geld verdienen, und ihm droht die Rückzahlung von mehr als 10.000 Euro der Reisekosten und der Rausschmiss aus dem A-Kader.

Kosten zurückerstatten

Dass Ahlmann im Kader bleibe sei "nicht vorstellbar", sagte Hanfried Haring, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN): "Man kann davon ausgehen, dass die Gremien Konsequenzen ziehen." Haring betonte: "Wir werden das richtig geradeaus und streng verfolgen." Dass Ahlmanns Cöster - wie drei andere Olympia-Pferde - die Substanz Capsaicin im Körper hatte, mache ihn "immer noch wütend". Die B-Probe ist inzwischen geöffnet worden, das Ergebnis wird schon in wenigen Tagen erwartet.

Nach Angaben von DOSB-Generaldirektor Michael Vesper müsste der Reiter aus Marl die Entsendungskosten zu den Wettbewerben nach Hongkong zurückerstatten, sollte sich der Verdacht bestätigen. Vor allem aufgrund des teuren Pferdetransports würde die Summe mehr als 10.000 Euro betragen. "Ich war sauer", sagte Vesper in Peking. Es sei "für uns alle schockierend", warnte aber davor "alle unter Generalverdacht zu stellen".

Nummer eins der Pferde-Schmerzmittel

Während Ahlmann keine Stellung bezog, gab der Ire Denis Lynch zu, das bei Rennpferden übliche Mittel Equi-Block angewandt zu haben. Er benutze dies seit langem zur Behandlung des Pferderückens und sei bei zahlreichen Doping-Tests negativ gewesen. Auf der Packung des Herstellers steht, dass es Capsaicin enthält. Zudem heißt es seitens des Herstellers. "Racehorse Strength Equi-Block wird keinen Schorf oder Blasen bilden und wird auf keinen Fall positiv getestet." Das Mittel sei "die Nummer eins bei den weltweit verkauften Pferde-Schmerzmitteln".

Der Weltverband FEI erklärte: "Capsaicin wird als Doping eingeordnet, wenn es wegen seiner hypersensibilisierenden Eigenschaften benutzt wird, und als verbotene Medikation Klasse A, wenn es als Schmerzmittel eingesetzt wird." Das lässt Anwälten jetzt viel Spielraum. Denn wo und wie es eingesetzt worden ist, lässt sich nicht mehr klären.

Ob Ahlmann das Mittel ebenfalls benutzt hat, ist noch ungeklärt. Der deutsche Mannschafts-Tierarzt Björn Nolting sagte indes zu den Hersteller-Angaben: "Das heißt ja nichts. Da darf man sich nicht darauf verlassen. So etwas steht auf manchen Sachen drauf, das ist ja verkaufsfördernd." Im Falle von Ahlmann käme erschwerend hinzu, dass er wie die anderen deutschen Reiter versichert habe, alle Behandlungen acht Wochen vor und während der Olympischen Spiele mit dem deutschen Veterinär abzusprechen: "Es haben ja alle durch Unterschrift bestätigt, dass sie damit einverstanden sind."

"Schämte sich, übers Gelände zu gehen"

"Ich hätte kein Verständnis dafür, wenn er uns das nicht mitgeteilt hat", sagte Bundestrainer Gravemeier zu einer möglichen Equi-Block- Benutzung: "Man kann nicht so blöd sein, wenn man weiß, dass Hongkong das beste Labor weltweit hat." Der Coach, der Cöster in den ersten beiden Wochen in Hongkong trainiert hatte, versicherte, dass ihm nichts aufgefallen sei: "Ich habe nichts gesehen, aber war natürlich auch nicht 24 Stunden im Stall." Das Pferd wurde von einer Pflegerin betreut. Zu den Folgen sagte der Coach: "Man ist gar nicht mehr glaubwürdig, man schämte sich gestern, über das Gelände zu gehen."

Während neben Lynch auch der Brasilianer Bernardo Alves die Benutzung von Equi-Block zugab, sagte der Norweger Tony Andre Hansen: "Ich bin total geschockt und habe keine Erklärung dafür, wie das Pferd auf diesen Stoff positiv getestet werden konnte. Es wurde vor dem Wettbewerb mit absolut nichts eingeschmiert. Ich hoffe, dass mich niemand für einen Betrüger hält, denn ich habe nicht betrogen."

Verzögerungen, Verfahrensfehler und milde Urteile

Weltverbands-Präsidentin Prinzessin Haya Bint Al Hussein sagte: "Die Spiele in Hongkong waren wundervoll." Aber der letzte Tag sei "traurig und enttäuschend gewesen". Sie versprach schnelle Aufklärung und Entscheidungen. In der Vergangenheit ist die FEI aber vor allem durch Verzögerungen, Verfahrensfehler und überraschend milde Urteile aufgefallen.

Michael Rossmann und Claas Hennig, dpa

Quelle: ntv.de

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