Sieg gegen Meister der NBA Alba kann Überraschungscoup kaum fassen
09.10.2014, 12:02 Uhr
"Es war mit Abstand der beste Wurf meines Lebens": Jamel McLean.
(Foto: imago/Sebastian Wells)
Alba im Ausnahmezustand: "Ein bisschen" dürfe man den Sieg über die San Antonio Spurs schon genießen, sagt der strenge Trainer Obradovic. Stolz feieren die Berliner den ersten deutschen Erfolg über ein NBA-Team - und stehen unter besonderem Druck.
Nur eine Trophäe fehlte: Völlig entrückt hüpften die Basketballer von Alba Berlin über das Parkett und feierten ihren Überraschungscoup über NBA-Meister San Antonio Spurs wie einen Titel. Als sich der geschlagene fünfmalige Champion schon wieder auf den Weg zum Teambus gemacht hatte, saßen Trainer Sasa Obradovic und Siegschütze Jamel McLean immer noch ungläubig in den Katakomben der Arena am Ostbahnhof.
"Wie ich gemerkt habe, dass es ihm ernst ist? Er ist Serbe." Gregg Popovich, amerikanischer Basketball-Trainer der San Antonio Spurs mit serbischen Vorfahren, nach der Niederlage bei Alba Berlin auf die Frage, wann ihm klar wurde, dass Kollege Sasa Obradovic das Testspiel ernst nimmt.
"Es war mit Abstand der beste Wurf meines Lebens, ich hatte noch nie so ein Gefühl. Ich habe ein Gebet losgeschickt und es wurde beantwortet", schwärmte der US-Profi. "Es bedeutet viel, wenn man sagen kann, dass man den World Champ geschlagen hat." Mit der Schlusssirene traf der Neuzugang aus dem Laufen einen wilden Versuch zum 94:93 und machte den ersten Sieg einer deutschen Mannschaft über eine NBA-Mannschaft perfekt.
"Haben wirklich versucht, zu gewinnen"
Der sonst keinesfalls zu Euphorie neigende Obradovic stellte den Erfolg im Duell mit seinem Kollegen Gregg Popovich sogar in eine Reihe mit den Meisterschaften und Pokalgewinnen seiner Karriere. "Ich werde das mit Sicherheit in meinen Lebenslauf aufnehmen", betonte der Serbe. "Es gibt viele Titel, aber das wird sicher eine Zeile werden. Das ist wahrscheinlich einer der größten Siege einer europäischen Mannschaft überhaupt." Flügelspieler Alex King regte in der ersten Euphorie ein NBA-Champion-Besieger-Shirt an - allzu lange konnten die Berliner das Hochgefühl allerdings nicht auskosten.
Schon am Donnerstag stand die Reise zur Ligapartie in Bonn an. "Wir dürfen es genießen, aber nur ein bisschen, uns erwarten schwere Spiele", betonte Obradovic. "Mit diesem Sieg motivieren wir jeden anderen unserer Gegner. Wir müssen nun mit einem großen Druck fertig werden." Nach dem perfekten Saisonstart in der Liga und dem Sieg im Champions Cup über den FC Bayern gibt es nun in Bonn, gegen Ulm und beim Euroleague-Auftakt gegen ZSKA Moskau eine wegweisende Woche. Den Spurs bleibt hingegen noch ein halber Monat Zeit zur Vorbereitung auf den Saisonstart gegen die Dallas Mavericks und Dirk Nowitzki, was Popovich jedoch nicht als Argument für ihre erste Pleite gegen ein internationales Team gelten lassen wollte. "Nehmt Alba nichts weg, wir haben wirklich versucht, zu gewinnen. Alba hat uns in den Hintern getreten, sie haben einen großartigen Job gemacht."
Dass der überragende Tony Parker (34 Minuten) oder Altstar Tim Duncan (32) länger als in vielen Pflichtspielen auf dem Feld standen, bewies, wie ernst die Texaner das Testduell nahmen. Auch Popovich wütete wild an der Seitenlinie, hatte aber vor dem Weiterflug zum nächsten Werbestopp in Istanbul seine Fassung wiedergefunden. "Danke für einen wundervollen Aufenthalt", erklärte er - und verwies als guter Gast nach der sportlichen Enttäuschung zumindest auf die touristischen Höhepunkte: "Meine Spieler haben eine Menge tolle Sachen gesehen, das Essen und der Wein waren großartig."
Quelle: ntv.de, Florian Lütticke, dpa