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Handball-Drama um 0,3 Sekunden Außenseiter weint bitterlich nach "französischem Wunder"

Seif Elderaa kann seine Tränen nicht zurückhalten.

Seif Elderaa kann seine Tränen nicht zurückhalten.

(Foto: IMAGO/Grubisic)

Eine Winzigkeit fehlt der ägyptischen Handball-Nationalmannschaft, um den WM-Mitfavoriten Frankreich in die Verlängerung zu zwingen. Während Frankreich ein "Wunder" feiert, weint Ägypten nach dem verlorenen Viertelfinale.

Nicht mal ein halbes Jahr ist es her, dass die deutsche Nationalmannschaft die stolzen, erfolgsverwöhnten Franzosen in einem Sekunden-Drama in die Handball-Hölle schickte: Weil Renars Uscins damals vor knapp 30.000 entsetzten Augenpaaren den Ball Sekundenbruchteile vor dem Ende des Olympischen Viertelfinales von Lille ins französische Tor wuchtete, endete wenig später die ambitionierte Olympia-Mission des Rekord-Weltmeisters. Es war eine nationale Tragödie, auf den Schock folgten die Tränen. Nun, knapp fünf Monate später und im Viertelfinale der Weltmeisterschaft, sind es die Franzosen, die für Tränen sorgen. Und auch diesmal liegt zwischen Desaster und Triumph ein Wimpernschlag.

33:32 führen die hochfavorisierten Franzosen gegen Ägypten, als das "französische Wunder" ("L'Équipe") wenige Sekunden vor dem Ende eines spektakulären Spiels seinen Lauf nimmt. Es beginnt mit einem Tor des Afrikameisters. Yahia Omar schafft halbrechts am Kreis den Durchbruch durch die französische Abwehr und gleicht fünf Sekunden vor Schluss aus - 33:33. Lange legen die Franzosen, die beinahe das gesamte Spiel über führen, vor, die Ägypter ziehen immer wieder nach. In den letzten Augenblicken der regulären Spielzeit sieht es nach einer Verlängerung aus, wie damals in Lille. Als die Franzosen auf dem Weg zum großen Triumph gnadenlos und schmerzhaft in den Abgrund geschubst wurden.

Doch diesmal kommt es anders: Weil Torwart Remi Desbonnet blitzschnell reagiert, den Ball aus dem Netz fischt und ihn in den Anwurfkreis zu Luka Karabatic passt. Der Kreisläufer wirft den Ball in Richtung des ägyptischen Tores und ganz Frankreich verfolgt den Flug. Sieht, wie der verzweifelte Torwart Karim Hendawy auf dem Weg von der Bank zurück ins Tor dem Ball nur hinterher rutschen kann. In dem Moment, indem der Ball die Linie überquert, ertönt die Schlusssirene. Die Franzosen feiern, die Ägypter brechen auf der Platte zusammen. Die Schiedsrichter checken den Treffer per Videobeweis, doch die Standbilder bestätigen, was jeder schon weiß. Sie machen das Drama nur mess- und sichtbar: 0,3 Sekunden liegen für den Außenseiter zwischen Verlängerung und Tränenkollaps. Frankreich, der große Favorit, der in diesen Tagen das eigene Trauma heilen will, gewinnt 34:33 und trifft nun im Halbfinale auf Kroatien.

"Ich habe es satt"

"In diesen Viertelfinalspielen gibt es oft unglaubliche Spiele mit verrückten Szenarien. Dieses hier war keine Ausnahme", beschreibt Frankreichs Nationaltrainer Guillaume Gille das Drama. "Wir retten uns in der regulären Spielzeit durch die Magie des Handballs."

Beim unterlegenen Gegner spüren sie derweil keine Magie: "Ägypten erleidet herzzerreißende Niederlage", schreibt "Ahram Online". Mohammad Sanad vergräbt lange sein Gesicht unter dem Trikot, dann erinnert er sich gegenüber der Sportzeitung "L'Équipe" an weitere große, bittere Momente seines Teams: "Ich habe es satt, jedes Mal so zu verlieren.... Das kann nicht sein", sagt der Rechtsaußen. "Bei den Olympischen Spielen verlieren wir so (im Viertelfinale gegen Spanien, 28:29 - Anm. d. Red.), gegen Dänemark bei der Weltmeisterschaft verlieren wir so (im Viertelfinale 2021: 38:39 nach Siebenmeter-Werfen). Immer Tore in der letzten Sekunde. Ich verstehe es nicht, ich weiß nicht, was los ist..."Als Seif Elderaa seine Auszeichnung zum "Spieler des Spiels" entgegennimmt, kann er seine Emotionen nicht zurückhalten: Der Rückraumspieler bricht in Tränen aus und beweint den Kollaps bitterlich.

Quelle: ntv.de

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