Alba Berlin vor Scherbenhaufen BBL-Aufstand der Kleinen
20.05.2010, 14:47 UhrTop-Favorit Alba Berlin abgestürzt, Titelverteidiger Baskets Oldenburg ausgeschieden, EuroChallenge- Gewinner Göttingen vor dem K.o. - im Playoff-Viertelfinale der Basketball-Bundesliga wird das Establishment kräftig aufgemischt. Vor allem beim Branchenführer aus Berlin kratzt das mächtig am Selbstbewusstsein.

Im letzten Jahr standen sich Alba Berlin und Bonn im Halbfinale gegenüber. Diesmal scheiterten beide Vereine schon in der ersten Playoff-Runde.
(Foto: dpa)
Die Basketball Bundesliga erlebt zur Zeit ganz besondere Playoffs. Erstmals seit Einführung der eingleisigen Eliteklasse in der Saison 1994/1995 sind mit Titelverteidiger Oldenburg, Topfavorit Berlin und Vizemeister Bonn drei der vier topplatzierten Teams nach der Hauptrunde im Halbfinale nicht mehr vertreten. Mit Oldenburg erwischte es zudem zum ersten Mal seit drei Jahren wieder den Spitzenreiter nach 34 Spieltagen - damals war Alba Berlin an den Artland Dragons gescheitert.
"Man wacht auf und ist immer noch ausgeschieden - wie schade um dieses fantastische Team", klagte ein Oldenburg-Fan via Twitter. So wie die Baskets Oldenburg fühlen sich auch die Stars von Alba Berlin. Mit dem Unterschied, dass Fans und Verantwortliche in der Hauptstadt nicht von einem "fantastischen Team" sprechen werden. "Der Druck, bei Alba zu spielen, ist immer groß. Diese Last hat die Mannschaft nicht tragen können", sagte Geschäftsführer Marco Baldi nach dem bitteren Playoff-Aus gegen die Deutsche Bank Skyliners Frankfurt (58:69).
Scherbenhaufen in Berlin
Während Baldi dem nicht unumstrittenen Trainer Luka Pavicevic eine Job-Garantie ausstellte ("Wir stellen alles zur Disposition, nur den Trainer nicht.") wird sich das Gesicht der Mannschaft zur kommenden Saison drastisch verändern. "Das frühe Aus hat Scherben hinterlassen, die müssen wir nun in Ruhe wieder zusammensetzen", sagte Baldi.
Gegen die diszipliniert und couragiert agierenden Frankfurter um den überragenden Derrick Allen (26 Punkte) wirkte das Berliner Team leb- und kraftlos. Lediglich Nationalspieler Steffen Hamann versuchte, die Gäste immer wieder aufzuwecken - vergeblich. "Das Spiel drei mit Verlängerung hat zu viel Kraft gekostet", lieferte der kreidebleiche Pavicevic eine dünne Erklärung.
Der scheidende Sportdirektor Henning Harnisch mahnte den erfolgsverwöhnten Club dennoch zur Geschlossenheit. "Alba war immer stark, wenn wir zusammengehalten haben. Wir müssen das bittere Aus nun in Ruhe analysieren und dann wieder stark zurückkommen", sagte der Europameister von 1993, der sich in Zukunft um den Club-Nachwuchs kümmern wird. Auf seinen Nachfolger Mithat Demirel wartet zusammen mit Baldi nun eine Herkules-Aufgabe, um die Berliner wieder in die Spur zu bringen.
Oldenburg fehlte die Kraft
So unerwartet das frühe Aus für den achtmaligen Champion Alba kam, so plötzlich endete die Saison auch für Titelverteidiger Oldenburg. "So ist das im Sport. Man rechnet nicht mit so etwas Positivem wie dem Titel im vergangenen Jahr, aber auch nicht mit so etwas Negativen wie diesem Ausscheiden", sagte Oldenburgs-Geschäftsführer Hermann Schüller. Gegen die wie entfesselt spielenden Braunschweiger um die beiden Nationalspieler Yassin Idbihi (11) und Heiko Schaffartzik (10) kämpfte der Meister zwar bis zum Schluss, am Ende fehlte aber die Kraft. "Wir haben die Serie nicht am Mittwoch verloren, sondern in den Spielen zwei und drei. Nach dem lockeren Auftaktsieg haben es einige Spieler da wohl zu leicht genommen", kritisierte Schüller.
Bei den Braunschweigern herrschte dagegen Ausnahmezustand. 6.100 Zuschauer in der Volkswagen Halle feierten ihre Helden, die erstmals seit sieben Jahren überhaupt wieder in der K.o.-Runde dabei sind. "Es war toll diese Rekordkulisse mitzuerleben", sagte Braunschweigs Trainer Sebastian Machowski nach dem 78:76.
Die Niedersachsen treffen nun im Halbfinale ab Montag auf Pokalsieger Brose Baskets Bamberg. Frankfurt muss dagegen noch auf seinen Gegner warten, da Bremerhaven gegen Göttingen durch ein 90:83 ein fünftes Spiel an diesem Freitag (20.10 Uhr) erzwang. Sollte Göttingen scheitern, wäre der nächste "Große" früh gescheitert. Göttinger ist immerhin amtierender Sieger der EuroChallenge.
Quelle: ntv.de, dpa