Ohne Nowitzki und ohne Druck zur EM Basketballer gehen auf Mission "macht mal!"
04.09.2013, 12:36 Uhr
"Ich will ein Team entwickeln, das in den nächsten Jahren europäisch konkurrenzfähig ist": Frank Menz.
(Foto: imago sportfotodienst)
Davon kann Joachim Löw nur träumen: Ohne Ergebnisdruck gehen die deutschen Basketballer in die EM in Slowenien. Das junge Team muss ohne seine Überfigur auskommen. Losglück könnte dennoch für ein langes Turnier sorgen.
Das deutsche Team spielt mit Frankreich, Belgien, Ukraine, Großbritannien und Israel in der Gruppe A. Insgesamt gibt es bei dieser EM vier Vorrundengruppen mit je sechs Mannschaften. Die ersten drei jeder Gruppe schaffen den Sprung in die Zwischenrunde. Diese zwölf Teams spielen dann in zwei Sechsergruppen um den Einzug ins Viertelfinale, das die besten Vier jeder der beiden Zwischenrundengruppen erreichen. Danach geht es endlich im K.o.-System weiter. Das Finale findet am Sonntag, 22. September, in Ljubljana statt. Die deutschen Spiele:
Mi., 4. 9.: Frankreich - 21 Uhr
Do., 5. 9.: - Belgien 17.45 Uhr
Fr., 6. 9.: - Ukraine 14.30 Uhr
So., 8. 9.: Großbritannien - 14.30 Uhr
Mo., 9. 9.: - Israel 17.45 Uhr
Und hier geht's zum kompletten Spielplan
Es gibt Trainer, die müssen bei einem großen Turnier den Titel liefern. Es gibt Trainer, die müssen wenigstens die Vorrunde überstehen. Und es gibt Frank Menz, den Trainer mit dem Freifahrtschein. Er trainiert die deutsche Basketball-Nationalmannschaft, die heute ab 21 Uhr in Ljubljana gegen Frankreich, neben Spanien der Topfavorit, in die Europameisterschaft in Slowenien startet. Sie geht in dieses Spiel, wie sie in dieses Turnier geht - als krasser Außenseiter. Warum das so ist, lässt sich selbst Nicht-Basketball-Kennern leicht begreiflich machen: Dirk Nowitzki hat seine Teilnahme abgesagt, so wie alle anderen deutschen Spieler aus der besten Liga der Welt, der NBA.
Das heißt aber nicht, dass Trainer Frank Menz nach Slowenien fährt, um Urlaub zu machen. "Ich will ein Team entwickeln, das in den nächsten Jahren europäisch konkurrenzfähig ist", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Für dieses Ziel ist die Europameisterschaft eine Schlüssel-Etappe. Sie soll die jungen Talente in ihrem Reifeprozess unterstützen, damit die NBA-Spieler bei der Weltmeisterschaft 2015 in einem starkem Umfeld glänzen können. Es ist die Lehre aus der schwachen Europameisterschaft 2011: Ein Nowitzki allein kann es nicht richten.
Mit Ersatzspielern gegen die Elite
Ob der beste deutsche Spieler aller Zeiten 2015 überhaupt dabei sein wird, ist völlig unklar. "Das ist erstmal gar kein Thema", sagte Menz der FAS. Er muss mit den Spielern arbeiten, die geblieben sind nach rund zehn Absagen. Die Vorbereitungsspiele auf die EM zeigten ziemlich deutlich die Grenzen des deutschen Kaders auf. Menz bittet um Nachsicht für die teils herben Niederlagen gegen europäische Spitzenmannschaften wie Spanien, Frankreich und Griechenland: "Bei uns standen zeitweise vier Ersatzspieler aus der Bundesliga auf dem Feld gegen fünf Spieler, die die Euro League (die Champions League der Basketballer, Anm. d. Red.) gewonnen haben und Medaillen geholt haben bei der Europameisterschaft."
Alex King (28 Jahre/Alba Berlin /12 Länderspiele), Andreas Seiferth (24/TBB Trier/21), Bastian Doreth (24/TBB Trier/30), Heiko Schaffartzik (29/FC Bayern München/82), Karsten Tadda (24/Brose Baskets Bamberg/28), Lucca Staiger (25/FC Bayern/80), Maik Zirbes (23/Bamberg/31), Niels Giffey (22/University of Connecticut/13), Per Günther (25/Ratiopharm Ulm/60), Philipp Zwiener (28/Eisbären Bremerhaven/55), Robin Benzing (24/FC Bayern/68), Tibor Pleiß (23/Laboral Vitoria/76).
Acht Spieler im Kader haben noch nie eine Europameisterschaft gespielt. So kommt es, dass ein 23-Jähriger zu den erfahrensten Spielern gehört: Tibor Pleiß. Der 2,15-Meter-Mann hat schon drei Europameisterschaften mitgemacht. "Das ist ein interessantes Gefühl, eine neue Herausforderung für mich, mehr Verantwortung zu übernehmen", sagt Pleiß. Er ist der einzige, der nicht in der heimischen Beko-BBL aktiv ist. Stattdessen misst er sich mit Laboral Vitoria in der spanischen Liga, der zweitbesten der Welt, tagtäglich mit vielen Akteuren, die auch bei der EM mitmischen. Sein Ziel ist nach wie vor die NBA - und die große Bühne der EM die beste Möglichkeit, sich den Scouts aus Übersee zu präsentieren.
Noch mehr Spieler haben Ambitionen, eines Tages in der besten Liga der Welt zu landen. Robin Benzing etwa und Maik Zirbes. Sie sind noch nicht so weit wie Pleiß, sollen aber in den nächsten Jahren zum Grundgerüst der Nationalmannschaft zählen. Dafür sollen sie in Slowenien lernen. Am besten lernen Spieler, wenn sie gegen die Besten auf dem Feld stehen.
Dafür müsste die deutsche Mannschaft erst einmal die Vorrunde überstehen. Das scheint angesichts der Gegner machbar. Ein Platz unter den ersten drei reicht. Um die freien Plätze neben den Franzosen kämpft Menz' Team in der Gruppe A mit Großbritannien, Israel, Belgien und der Ukraine. Erst in der Zwischenrunde würden dann dicke Brocken warten - und zwar Serbien, Montenegro und Litauen.
Bei aller Leisetreterei: vielleicht hat sich das Team dann schon in das Turnier verbissen. Der ehemalige Bundestrainer Dirk Bauermann sagte der Zeitschrift "Five": "Gerade wenn so eine junge Truppe am Anfang richtig Selbstvertrauen entwickeln kann, kann das ganz weit gehen." Gegen eine Übererfüllung des Plansolls hätte Frank Menz sicher nichts einzuwenden.
Quelle: ntv.de