WM-Qualifikation Brasilien quält sich
15.10.2007, 13:20 UhrZeitlupenfußball statt Sambazauber, Rückpässe statt Traumkombinationen: Die brasilianische Fußball-Nationalmannschaft ist zum Auftakt der WM-Qualifikation in Südamerika nur knapp an einer Blamage vorbeigeschrammt. In Kolumbien zitterte sich die "Seleo" zu einem 0:0 und glänzte nur mit Ausreden nach dem Schlusspfiff: "Die Höhe von Bogot hat doch gestört. Wir konnten die gewohnten Spielzüge nicht durchführen, weil sich die Geschwindigkeit des Balles verändert", meinte AC Mailand-Goalgetter Kak. Die kolumbianische Stadt liegt 2.640 Meter über dem Meeresspiegel.
Zudem kritisierten die Brasilianer den Zustand des Rasens. Das Spiel war wegen starken Regens mit 45-minütiger Verspätung angepfiffen worden. Mehr Realitätssinn bewiesen die Medien im Land des fünffachen Weltmeisters. "Das war eine sehr schlechte Leistung, die Kolumbianer waren von der ersten bis zur 90. Minute überlegen", klagte die Onlineausgabe der brasilianischen Tageszeitung "Folha de So Paulo". Der angesehene brasilianische Sportjournalist Juca Kfouri sprach von "Zeitlupenfußball".
Dass der Auftakt in die Qualifikation für die WM in Südafrika 2010 nicht komplett daneben ging, hatten die Brasilianer einzig ihrem Torhüter Julio Csar zu verdanken. Der Torwart von Inter Mailand verhinderte mit zahlreichen Glanzparade eine völlige Blamage für das Team von Trainer Carlos Dunga. Von den Weltstars Kak (AC Mailand), Ronaldinho (FC Barcelona) und Robinho (Real Madrid) war dagegen vor 60.000 Zuschauern im Stadion El Campn ebenso wenig zu sehen wie von den Bundesliga-Legionären Mineiro, Gilberto (beide Hertha BSC) und Lucio (Bayern München).
Statt Zauberfußball des großen Favoriten bekamen die Zuschauer einen starken Auftritt ihres letztmals 1998 für eine WM qualifizierten Teams zu sehen. "Wenn die immer so spielen, dann sind sie bei der nächsten WM bestimmt dabei", lobte Brasiliens Coach Dunga. Auch die kolumbianischen Medien waren zufrieden. "Das macht Hoffnung für die Zukunft", schrieb die Zeitung "El Tiempo".
Aufatmen konnte Kolumbiens Nationalcoach Jorge Pinto. Wegen Meinungsverschiedenheiten hatte er vor der Begegnung einige Routiniers wie die Abwehrspieler Ivan Crdoba und Mario Yepes ausgeschlossen und so ein riskantes Manöver gewagt. Seine Mannschaft dankte es ihm mit einer bravourösen Leistung. Für den brasilianischen Nationalverband CBF war unterdessen der Wunsch Vater des Gedankens. Auf seiner Internetseite berichtete der CBF noch lange nach dem Abpfiff von einem 2:1-Sieg Brasiliens.
Erzrivale Argentinien hatte in Buenos Aires mit Chile dagegen keine Probleme und kam zu einem verdienten 2:0-Sieg. Tabellenführer nach dem ersten Spieltag in der Zehner-Gruppe, die nach dem System "Jeder gegen Jeden" mit Hin- und Rückspielen ausgespielt wird, ist dank der besseren Tordifferenz Uruguay. Der Weltmeister von 1930 besiegte Bolivien in Montevideo mit 5:0. Für die große Überraschung des ersten Spieltags sorgte der Außenseiter Venezuela, der mit einem 1:0-Auswärtssieg gegen Ecuador debütierte.
Der zweite Spieltag findet bereits an diesem Dienstag und Mittwoch statt. Dabei muss Argentinien in Venezuela antreten, während Brasilien in Rio de Janeiro Ecuador empfängt. Es wird das erste Länderspiel im legendären Maracan-Stadion seit dem Jahr 2000 sein. In Südamerika qualifizieren sich die ersten Vier direkt, der Fünftplatzierte bekommt noch eine Chance im Relegations-Duell mit dem Viertplatzierten der Ausscheidung des Verbandes von Mittel- und Nordamerika sowie der Karibik.
Emilio Rappold, dpa
Quelle: ntv.de