Sport

"Bevor ich aufgebe, sterbe ich" Briggs erholt sich langsam

Shannon Briggs ließ sich in Hamburg zwölf Runden lang verprügeln, zur Freude des Publikums.

Shannon Briggs ließ sich in Hamburg zwölf Runden lang verprügeln, zur Freude des Publikums.

(Foto: dpa)

Nach seiner Selbstzerstörung in zwölf Akten gegen Box-Weltmeister Vitali Klitschko muss sich der schwerverletzte Shannon Briggs in Hamburg einer Arm-Operation unterziehen. Die gute Nachricht ist, dass Briggs trotz der mehr als 170 Klitschko-Treffer wieder "flüssig reden" kann. Dass der Kampf nicht vorzeitig abgebrochen wurde, bleibt ein Skandal.

Den 14.500 Zuschauern in Hamburg hat Shannon Briggs am Samstagabend einen Gefallen getan. Wenn er gegen Weltmeister Vitali Klitschko schon nicht vorzeitig zu Boden gehen wollte, erwies er sich wenigstens als lebender Sandsack mit unmenschlichen Nehmerqualitäten. Der übertragende Sender RTL dürfte auch zufrieden gewesen sein, in der 12. Runde schalteten 14,08 Millionen Zuschauer ein. Ein Rekord, der bei einem früheren Kampfende nicht erreicht worden wäre.

Sich selbst hat Briggs keinen Gefallen getan. Die Diagnose nach der Selbstzerstörung in zwölf Akten mit weit über 100 Wirkungstreffern gegen den Kopf war niederschmetternd. Über beiden Augen erlitt der US-Amerikaner Brüche, im linken Arm riss ein Muskelstrang ab und eine Sehne im Bizeps an, angeblich schon in der ersten Runde. Am Dienstag soll der Arm operiert werden. Außerdem platzte Briggs ein Trommelfell.

Den Sonntag verbrachte der Amerikaner auf der Intensivstation. Dort konnte immerhin die befürchtete Hirnblutung ausgeschlossen werden. Inzwischen ist Briggs wieder ansprechbar, aber noch längst nicht wohlauf. "Er hat natürlich erhebliche Schmerzen, steht unter Schmerzmitteln", sagte sein Berater Volker Michael Grube bei n-tv. Die gute Nachricht ist: "Er kann wieder flüssig reden, er artikuliert sich wirklich absolut verständlich."

Ein Boxer, ein Opfer

Dass sich Profiboxer bei der Ausübung ihres Berufs verletzen, liegt in der Natur der Sache. Das archaische Duell Mann gegen Mann und die Urgewalt, mit der sich die Kämpfer gegenseitig malträtieren, macht gerade den Reiz aus. Der WM-Kampf in Hamburg zwischen Briggs und Klitschko war aber kein reizvolles Duell, weil nur Klitschko auch tatsächlich boxte. Briggs konnte den großen Worten im Ring keine Großtaten folgen lassen, er konnte sich nur verprügeln lassen.

171 Schläge von Vitali Klitschko fanden den Weg ins Ziel.

171 Schläge von Vitali Klitschko fanden den Weg ins Ziel.

(Foto: dpa)

Dass alle, die Briggs' Selbstzerstörung hätten beenden müssen, den 38-Jährigen gewähren ließen, ist ein Skandal. Nach dem Kampf schoben sie sich gegenseitig die Verantwortung für ihr unverantwortliches Verhalten zu. Ringrichter Ian John-Lewis behauptete in der "Augsburger Allgemeinen", der Kampf "sei ein bis zwei Schläge vom Abbruch entfernt" gewesen, betonte aber auch: "Das sind harte Jungs, und solange ein Mann zurückschlägt, musst du ihm eine Chance lassen." Zufall, dass Briggs' Ecke in der Regelbesprechung vor dem Kampf inständig darum gebeten hatte, so lange wie irgend möglich weiterzumachen?

"Wünschte, sie hätten nicht auf ihn gehört"

Ringarzt Stefan Bock rechtfertigte sein Zögern im "Hamburger Abendblatt" damit, er habe auf ein Signal von John-Lewis gewartet, sich aber gewünscht, "dass der Ringrichter nach der zehnten Runde abgebrochen hätte". Allerdings hätte Bock den Kampf auch ohne Signal vorzeitig beenden können, "doch das wollte ich nicht auf den bloßen Verdacht hin tun" - obwohl er angeblich schon nach der sechsten Runde, als Briggs erstmals kurz vor dem K.o. gestanden hatte, Angst um den US-Amerikaner gehabt habe.

"Shannon wollte nicht, auf gar keinen Fall. Er hat auch am Vorabend noch einmal gesagt: 'Bevor ich den Kampf abgebrochen bekomme und ich aufgebe, davor sterbe ich'", versuchte sein Berater Grube zu erklären, warum ihn seine Ringecke nicht vor sich selbst beschützt hatte. Sein Manager Greg Cohen erklärte inzwischen: "Ich wünschte, sie hätten nicht auf ihn gehört."

"Shannon wird nicht mehr derselbe sein"

Der erfahrene Ringsprecher Michael Buffer fürchtet Spätfolgen für Briggs, schon am Ring in Hamburg hatte er spontan und entsetzt gesagt: "Shannon wird nicht mehr derselbe sein." Klitschkos Trainer Fritz Sdunek war der gleichen  Meinung, wollte über mögliche langfristige Auswirkungen aber nicht spekulieren: "Das ist ja von Boxer zu Boxer verschieden. Einige machen nur wenige Kämpfe und sind anscheinend später behindert, andere zeigen trotz schwerster Treffer keinerlei Spuren."

Am Sonntag schaute Vitali Klitschko kurz in der Uniklinik Hamburg-Eppendorf vorbei, wo sich Briggs langsam erholt. Obwohl der Ukrainer laut "Hamburger Abendblatt" selbst nur viermal im Gesicht getroffen worden war, überstand auch er den Kampf nicht ohne Blessuren. Nach den über 300 Schlägen und 171 vollen Treffern gegen Briggs sagte er: "Mir tun die Hände weh."

Quelle: ntv.de, mit sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen