"Es ist noch nicht vorbei" Das Olympia-Drama hat Jordan Chiles alles genommen
12.09.2024, 18:56 Uhr
Jordan Chiles war erst überglücklich - doch dann wurde die Entscheidung zurückgenommen.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Sie feiert mit der Olympia-Bronzemedaille um den Hals, weil das US-Team Einspruch erhebt - dann aber alles retour: Jordan Chiles wird der dritte Platz wieder aberkannt. Für die Turnerin ein brutaler Tiefschlag. Der Kampf ist für sie nicht vorbei.
Die Bronzemedaille hing bereits um ihren Hals, sie feierte gemeinsam mit ihrer US-Teamkollegin Simone Biles und Boden-Olympiasiegerin Rebeca Andrade aus Brasilien auf dem Podium in der vollbesetzten Bercy-Arena in Paris. Doch dann folgte der Tiefschlag für Turnerin Jordan Chiles: Ihre Aberkennung des dritten Platzes ist eines der großen Dramen bei den Olympischen Spielen. Über das sie nun erstmals gesprochen hat.
Bei dem "Forbes Power Women's Summit" sagte sie: "Das Größte, was mir genommen wurde, war die Anerkennung dessen, was ich bin. Nicht nur mein Sport, sondern auch die Person, die ich bin." Statt mit Bronze dekoriert, blieb ihr plötzlich nur noch der fünfte Platz. Immerhin holte sie mit dem Team den Olympiasieg.
Im Einzel am Boden war Chiles als letzte Turnerin angetreten und hatte 13,666 Punkte erzielt - Platz fünf hinter den punktgleichen Rumäninnen Ana Barbosu und Sabrina Maneca-Voinea, die beide auf 13,700 Punkte gekommen waren. Aufgrund der sogenannten Tiebreak-Regel im Turnen, bei der die Ausführung mehr zählt als die Schwierigkeit der Übung, war Barbosu auf Bronze gewertet. Sie feierte bereits mit der rumänischen Landesflagge um den Hals in der Halle.
Vier Sekunden zu später Einspruch
Doch dann legte das US-Team Einspruch gegen die Wertung für Chiles ein. Nach Prüfung der Videoaufnahmen entschied die Jury, ein Element anzuerkennen und den Schwierigkeitswert nach oben zu korrigieren. Chiles kletterte damit auf Rang drei - und durfte an der Medaillenzeremonie teilnehmen. Bei Barbosu flossen die Tränen, was wiederum der rumänische Verband nicht hinnehmen wollte und einen Einspruch beim Internationalen Sportgerichtshof Cas einlegte. Die Begründung: Das US-Team die Korrektur nach einer Minute und vier Sekunden statt innerhalb von einer Minute nach Bekanntgabe der Wertung beantragt hatte. Dem schloss sich das Cas an und erklärte die Korrektur nach oben für wirkungslos.
Für Chiles gingen also doch wieder die ursprünglichen 13,666 Punkte in die Wertung ein - sie musste die Bronzemedaille abgeben. Barbosu wurde Mitte August mit einer Zeremonie in Bukarest geehrt und ihr wurde die Medaille feierlich überreicht. Die Rumänin sprach darüber, dass die Kontroverse sie "traurig" mache und sie den US-Turnerinnen "gute Gedanken" schicke.
Für Chiles ist das alles bitter. "Ich habe die Regeln befolgt. Mein Trainer hat sich an die Regeln gehalten. Wir haben alles getan, was absolut richtig war", sagte sie nun. Dass alle Regen eingehalten worden seien, mache es so schwer, die Entscheidung zu verarbeiten. Ihr Kampf werde weitergehen, kündigte sie an. "Es ist noch nicht vorbei. Denn an diesem Punkt geht es nicht mehr wirklich um die Medaille. Es geht um meinen Frieden und meine Gerechtigkeit."
"Emotional und verbal missbraucht"
Ein Beweggrund dürfte sein, dass sie sich an einen Tiefpunkt von 2018 erinnert fühlt, wie sie bekannte. Damals habe ihre Trainerin sie "emotional und verbal missbraucht". Chiles sagte 2021 bei "Peace of Mind with Taraji": "Sie nannte mich fett. Sie sagte, ich sähe aus wie ein Donut." Bei der Konferenz nun ging sie nicht weiter darauf ein, erklärte aber, sie habe damals "nicht die Möglichkeit gehabt, meine Stimme zu gebrauchen oder gehört zu werden". Das Drama in Paris habe nun ähnliche Emotionen geweckt. 2018 habe sie ihre Liebe zum Sport verloren - nun gehe es ihr ähnlich.
Der Beistand von Freunden und Familie habe ihr zunächst nicht helfen können. "Wenn ich hier rausschaue und alle sehe, kann ich es jetzt fühlen. Aber anfangs war es wirklich schwer, das alles zu verarbeiten, weil mein Herz so sehr gebrochen war."
Quelle: ntv.de, ara