Anti-Doping-Kampf in Deutschland Datenschützer fordern Gesetze
27.07.2011, 16:07 Uhr
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Die Datenschutzbeauftragten von Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein laufen mal wieder Sturm gegen die Methoden des Anti-Doping-Kampfes in Deutschland. Neu ist, dass sie eine gesetzliche Regelung fordern - weil sie sich von der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) seit Jahren vertröstet fühlen.
Ein gutes halbes Jahr wurde hinter den Kulissen verhandelt, nun nehmen die Datenschützer den deutschen Anti-Doping-Kampf wieder öffentlich unter Beschuss. In einem gemeinsamen Positionspapier bezeichnen die Datenschutzbeauftragten der Länder Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein die geltenen Regelung als "rechtlich nicht akzeptabel" und erhöhen nun den Druck auf die Nationale Anti Doping Agentur (NADA). Erstmals fordern sie offen eine gesetzliche Regelung des Anti-Doping-Systems.
"Wir werden seit Jahren von der NADA vertröstet. Da werden Ergebnisse auf die lange Bank geschoben. Es wird Zeit, dass der Gesetzgeber einschreitet, und wir wollen diesen Prozess nun beschleunigen", sagte Edgar Wagner, Datenschutzbeauftragter von Rheinland-Pfalz. Gemeinsam mit seinem schleswig-holsteinischen Kollegen Thilo Weichert treibt Wager die Initiative voran.
Viele Worte, keine Ergebnisse

Der Dialog zwischen Datenschützern und Dopingjägern hat bislang noch nichts gebracht.
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Seit vergangenen Dezember steht die NADA im Dialog mit den nordrhein-westfälischen Datenschützern, die für die Bonner Dopingjäger rechtlich zuständig sind. Wagner ist über die Gespräche informiert, und Annäherungen in den Bereichen Datenspeicherung und Dopingkontrollen von Minderjährigen gehen ihm nicht weit genug. Ein Dorn im Auge ist ihm nicht nur die Praxis bei Dopingkontrollen an sich, sondern auch die Pflicht für die Athleten, ihren Aufenthaltsort für die kommenden drei Monate bekanntzugeben.
"Die NADA ist anscheinend nicht in der Lage, die Sache auf datenschutzkonforme Füße zu stellen. Wir brauchen eine gesetzliche Regelung, denn das bestehende System greift gravierend in die Privatsphäre der Athleten ein. Hier wird das Augenmerk eindeutig nur auf die Dopingbekämpfung gelegt, der Datenschutz wird völlig außer Acht gelassen - das geht so nicht."
Unversöhnliche Lager

Der neue NADA-Vorstand Lars Mortsiefer sieht möglichen Klagen gelassen entgegen.
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Wie schon im vergangenen Dezember scheinen sich beide Seiten unversöhnlich gegenüberzustehen. Die NADA sieht sich zudem eingespannt in ein weltweites System, das ihr die Hände bindet. "Ein Grundproblem ist die Tatsache, dass wir bei der NADA keine Dopingbekämpfung nur für Deutschland durchführen. Wir müssen uns immer fragen, wie wir das weltweit harmonisieren. Wir können keine Insellösung schaffen, weil eine solche Lösung im Endeffekt auch das Startrecht der deutschen Sportler bei internationalen Wettkämpfen gefährden könnte", sagte der neue NADA-Vorstand Lars Mortsiefer dem SID.
Ihm fehle zudem "die Vorstellungskraft, was solch ein Gesetz bringen soll". Es würde nur "vergesetzlichen, was durch bestehende Regelungen, die das Datenschutzgesetz auch stützt, bereits geregelt ist", sagt Mortsiefer, der mit Blick auf den Status quo von "expliziten Regelungen" und einem "guten Standard" spricht. Bei den Diskussionen mit den Datenschützern in NRW will er den "guten Weg nicht verlassen".
Keine Angst vor einer Klage
Die Punkte, an denen es Probleme mit der Verhältnismäßigkeit gebe, seien erkannt, sagt Mortsiefer und führt die Speicherfristen und die Behandlung Minderjähriger während Kontrollen an. Angst vor einer Klage gegen das System hat er nicht. "Wenn ein Athlet tatsächlich den Klageweg einschlägt, ist das sein gutes Recht. Es gab schon Entscheidungen, etwa vom Oberlandesgericht in Karlsruhe und dem Landgericht Hamburg, die im Grundtenor besagen, dass die bestehenden Regelungen verhältnismäßig sind", sagt Mortsiefer. Als "schlichtweg falsch" bezeichnet Wagner diese Interpretation.
Der Datenschützer drückt aufs Tempo und verweist auf "mehr als 100 namhafte und erfolgreiche Sportler", die sich bei ihm und Weichert "teilweise massiv" beschwert hätten. Nun soll der Druck erhöht werden. Auf die NADA, aber auch auf die Politik, die sich mit der Einführung eines Gesetzes schwer tut, weil es die Autonomie des Sports antasten würde. In Kürze soll dem Positionspapier ein Rechtsgutachten folgen, das laut Wagner die Notwendigkeit von Änderungen noch einmal unterstreicht: "Ich bin überzeugt, dass beide Dinge in Einklang zu bringen sind: Dopingbekämpfung und Datenschutz."
Quelle: ntv.de, Jörg Mebus, sid