Martin Schindler krachend raus Deutsches Debakel und Favoritenstürze prägen die Darts-WM
23.12.2024, 08:35 Uhr
Das Achtelfinale war das Mindestziel, die Realität ist das Aus im ersten Spiel: Martin Schindler scheitert bei der Darts-WM an Callan Rydz.
(Foto: picture alliance / empics)
Deutschlands größte Hoffnung scheitert bei der Darts-WM im ersten Spiel. Martin Schindler unterliegt dem Engländer Callan Rydz mit 0:3 und leitet damit ein denkwürdiges Favoritensterben ein. Die letzten verbliebenen Deutschen spielen heute Abend um den Einzug in die 3. Runde.
Die Darts-WM droht für die deutschen Spieler zum Debakel zu werden. Am Sonntagabend scheidet überraschend auch der erfolgreichste Deutsche in diesem Jahr, Martin Schindler, krachend aus dem Turnier aus. Gegen den Engländer Callan Rydz fabriziert "The Wall", wie der 28-Jährige wegen seiner Herkunft aus dem Berliner Raum genannt wird, ein Debakel auf die Doppelfelder. Nur 3 von 28 Versuchen landen im Ziel. Die 10,71 Prozent Doppelquote sind ein höllischer Wert. Damit lässt sich kein Spiel bei der WM im Londoner Alexandra Palace gewinnen.
Dabei beginnt die Partie aus Sicht von Schindler ordentlich. Im ersten Satz setzt zunächst Rydz reihenweise Darts am Doppel vorbei. Schindler führt 2:1 in den Legs, als er nur um Millimeter an einem Moment Darts-Geschichte vorbeischrammt. Nach acht perfekten Darts verfehlt der Weltranglisten-22. die Doppel 12 für das perfekte Spiel. Es ist das dritte Mal innerhalb von 24 Stunden, dass der Neun-Darter bei der WM so hauchdünn verpasst wird. Am Samstagabend hatten Luke Littler und Damon Heta ebenfalls acht perfekte Darts gespielt. Genau wie Schindler. Ein Deutscher hat auf der WM-Bühne noch nie den Neun-Darter gespielt. Im laufenden Turnier schaffte bislang einzig der Niederländer Christian Kist das perfekte Spiel.
Schindler, so kurz vor dem perfekten Moment, hadert kurz. Die Chance auf umgerechnet 72.000 Euro (60.000 Pfund) Extra-Preisgeld für das perfekte Spiel nur knapp verpasst, will Schindler wenige Sekunden später zumindest den Satzgewinn mitnehmen. Doch auch das funktioniert nicht. Bei 12 Punkten Rest trifft Schindler statt der Doppel 6 die 13, überwirft sich. Rydz kommt nochmal ans Board und nutzt die unverhoffte Chance, checkt 87 Punkte mit einem präzisen Wurf ins Bullseye. Im Entscheidungsleg um den Satzgewinn folgt der nächste Nackenschlag für Schindler: Ein 156-Punkte-Highfinish verfehlt der 28-Jährige nur knapp, Rydz macht es besser und gewinnt den ersten Satz.
"Es fühlt sich dreckig an"
Im zweiten Satz nimmt das Unheil seinen Lauf. Beim Stand von 2:1 für Rydz wird Schindler endgültig klar, dass ausgerechnet auf der WM-Bühne dieses Jahr der Wurm drin ist. Acht (!) Darts auf Doppel lässt Deutschlands Nummer eins aus. Rydz kann sein Glück selbst kaum fassen, gewinnt auch den zweiten Satz trotz eigener Schwierigkeiten auf die spielentscheidenden Felder. Nach sechs weiteren verpassten Darts auf Doppel im dritten Leg des dritten Satzes ist das Spiel wenig später schon durch. Rydz gewinnt den dritten Satz glatt mit 3:0 und hinterlässt Schindler frustriert zurück.
Vor dem Turnier hatte Schindler, der in diesem Jahr erstmals zwei Events auf der European Tour gewinnen konnte, das Achtelfinale als Minimalziel genannt. "Ein Aus in Runde 2 oder 3 ist nicht akzeptabel", so Schindler im Vorfeld. Nach dem Aus sagte der Wahl-Hesse bei Dazn: "Es ist schwierig, zu erklären. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht Herr der Lage war. Es fühlt sich dreckig an."
Grund für die Niederlage sei neben den vielen verpassten Doppelfeldern der verlorene erste Satz gewesen. "Wenn ich den gewinne, wird es ein komplett anderes Spiel", sagte Schindler anschließend auf der Pressekonferenz. "Aber das Leben geht trotzdem weiter, ich mache mir da keinen großen Druck."
Ex-Weltmeister auch schon raus
Die Niederlage von Schindler in der ersten Partie der Abendsession sollte zum schrecklichen Vorboten für weitere Favoriten werden. Im zweiten Spiel des Sonntagabends scheiterte der ehemalige Europameister Ross Smith sensationell am philippinischen Außenseiter Paolo Nebrida. Der Engländer, in der Weltrangliste auf Platz 19 notiert, verlor ebenfalls mit 0:3. Nebrida setzte neun seiner elf Chancen auf die Doppelfelder ins Ziel. Der 29-Jährige wurde an diesem Abend zum Anti-Schindler. Und Anti-Anderson.
Denn auch der Weltmeister von 2015 und 2016 erlebte ein Desaster auf die Doppel. Anderson unterlag Jeffrey de Graaf mit 0:3 und schied zum ersten Mal in seiner Karriere im Auftaktspiel aus der WM aus. Ausgerechnet an seinem Geburtstag ließ der Schotte alles vermissen, was sein Spiel üblicherweise auszeichnet. Vor allem beim Wurf auf die Doppelfelder schien sich der frisch gebackene 54-Jährige ein Beispiel an Schindler genommen zu haben. Nur 15 Prozent seiner Versuche landeten im acht Millimeter schmalen äußeren Ring des Boards. Viel zu wenig, um seinen Gegner aus Schweden gefährlich zu werden. "Es ist das größte Spiel in meinem Leben. Ich habe mein Idol geschlagen", frohlockte der Weltranglisten-81 Jeffrey de Graaf nach dem Sensationssieg gegen die Nummer 14 der Rangliste.
Nachdem die drei Favoriten Schindler, Smith und Anderson allesamt krachend ausgeschieden waren, rettete im letzten Spiel des Tages Dimitri Van den Bergh die Ehre der gesetzten Spieler. Der Belgier bezwang den jungen Iren Dylan Slevin mit 3:0.
Deutsche Hoffnungen ruhen auf Pietreczko und Hempel
Nach 8 von insgesamt 16 Turniertagen wird das Teilnehmerfeld für die Runde der letzten 32 an diesem Montag komplettiert. Die letzten acht Spiele vor der dreitägigen Weihnachtspause stehen an. Aus deutscher Sicht liegt der Fokus eindeutig auf der Abendsession (ab ca. 20:15 Uhr, Sport1/Dazn). Die letzten beiden Deutschen im Turnier hoffen auf den Sprung in die 3. Runde. Zunächst tritt Ricardo Pietreczko gegen den Niederländer Gian van Veen an. Direkt danach spielt Florian Hempel gegen den Nordiren Daryl Gurney.
Eine Fortsetzung der Favoritenstürze ist ganz im Interesse des deutschen Duos. Pietreczko und Hempel gehen jeweils als ungesetzte Akteure in die Duelle. Bisher haben allerdings in 11 von 24 Fällen die Außenseiter den Sprung in die nächste Runde geschafft. Mindestens zwei Überraschungssiege sollen heute hinzukommen, damit die WM aus deutscher Sicht nicht zum Debakel wird.
Quelle: ntv.de