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Nowitzkis Traum vom NBA-Titel Die Zeit ist reif, Dallas auch

Oft ging Dirk Nowitzki mit Dallas in der Basketball-Eliteliga NBA als Anwärter auf den Titel ins Rennen, doch regelmäßig versagten den Texanern die Nerven. In dieser Saison war Dallas beim Playoff-Start eher Außenseiter - jetzt gelten die Mavs als Titelkandidat. Und n-tv.de erklärt, warum.

The Time is now: Die Dallas Mavericks und Dirk Nowitzki sind wieder ein ernsthafter Titelkandidat.

The Time is now: Die Dallas Mavericks und Dirk Nowitzki sind wieder ein ernsthafter Titelkandidat.

(Foto: REUTERS)

Allen Unkenrufen zum Trotz stehen die Dallas Mavericks um Deutschlands einzigen Basketball-Superstar Dirk Nowitzki nach ihrem überragenden Sweep über den indisponierten Meister Los Angeles Lakers im Finale der Western Conference. Es sind nur noch zwei Schritte bis zur begehrtesten Trophäe im Basketball – zwei sehr große Schritte zwar. Aber erstmals seit 2006 erhält das "German Wunderkind" wieder eine Chance, seine Karriere mit einem Meisterschaftsring zu veredeln.

Damals stand Nowitzki mit den Mavs kurz vor dem Triumph: Mit 2:0 in die "Best of Seven"-Finalserie gestartet, sah Dallas gegen die Miami Heat schon wie der sichere Sieger aus. Mit 13 Punkten führte Dallas in Spiel 3, sechs Minuten vor Schluss. Dann nahm eines der größten Dramen der jüngeren Sportgeschichte seinen Lauf. Dwyane Wade brachte die Heat wieder heran und sogar in Führung, Nowitzki verpasste Sekunden vor Ende der Partie den möglichen Ausgleich von der Freiwurflinie. Dallas sollte kein Spiel der Serie mehr gewinnen. Seitdem verabschiedete sich das Team regelmäßig früh aus den Playoffs. Das "S-Wort" machte die Runde. Dallas und Nowitzki, höhnten die Basketball-Experten, seien einfach zu soft für die Meisterschaft.

Die Niederlage in den Finals nagt noch immer an ihm, Nowitzki gibt das offen zu. "Ich will einfach noch einmal eine Chance auf das ganz große Ding haben. Und dann werde ich hoffentlich die Erinnerungen vergessen machen", ließ er nach dem Einzug in das Conference-Finale keinen Zweifel daran, wie er sein Trauma bewältigen möchte. Die Chancen auf Heilung stehen gut, der Titel erscheint erstmals seit fünf Jahren wieder greifbar. n-tv.de erklärt, was den Mavericks Hoffnungen auf den ganz großen Wurf macht.

Das Team ist stärker als in den vergangenen Jahren

Endstation: Tyson Chandler stoppt Lakers-Star Kobe Bryant.

Endstation: Tyson Chandler stoppt Lakers-Star Kobe Bryant.

(Foto: REUTERS)

Eine Aussage, wie sie bei den Mavericks seit 2006 jede Saison fällt. "Das ist die talentierteste und tiefste Mannschaft, seit ich hier bin", meinte Nowitzki etwa vor den Playoffs 2010. Es folgte das ernüchternde Erstrunden-Aus gegen die alten Rivalen aus San Antonio. In diesem Jahr verleiht ein Mann dieser Behauptung ein Fundament: Tyson Chandler, 2,16 Meter großer Center, legte in der regulären Saison mit  im Schnitt 10,1 Punkten und 9,4 Rebounds fast ein Double-Double auf. Aber die guten Statistiken können seinen Wert für die Mannschaft nicht abbilden. Durch seine schiere Präsenz am Korb, seine intensive Defensivarbeit und seine vorbildliche Einstellung veränderte er den Charakter der Mavs. Die soften Jungs als Dallas werden plötzlich auch als hartes Defense-Team wahrgenommen und Chandler ist der Verteidigungsminister. Die Los Angeles Lakers erzielten während der Saison 101,5 Punkte pro Partie, die Mavs erlaubten ihnen in den vier Spielen der Serie 88,2 Punkte – ein beachtlicher Wert, selbst wenn man die erhöhte Playoff-Intensität in Rechnung stellt.

Traditionell sind die Mavericks zudem sehr tief besetzt. Würden nur die Punkte der Bankspieler zählen, hätten die Texaner die Serie gegen den amtierenden Champion aus LA mit 198:89 Punkten für sich entschieden. Vor allem Spielmacher J.J. Barea bringt in den Playoffs wichtige Impulse. Die Lakers brachte er durch seinen präzisen Zug zum Korb ein ums andere Mal aus der Fassung. Die Verpflichtung von Veteran Peja Stojakovic erweist sich derzeit als Glücksfall, der Serbe erzielte in den Playoffs bislang 10,7 Punkte bei einer fantastischen Dreierquote von 46,2 Prozent. Zusammen mit Jason Terry, dem besten Einwechselspieler der Liga (der, das muss gesagt werden, zwar nie in der Starting Five steht, aber hinter Dirk Nowitzki die meiste Einsatzzeit bekommt), schoss er die Lakers in Spiel vier mit 9 Dreiern bei 10 Versuchen gnadenlos ab. Werfen sich die beiden Dreierspezialisten wie bei ihrer gemeinsamen 15 von 16-Performance gegen Meister L.A. in einen Rausch, kann kein Team der Liga die Mavericks stoppen.

Qualität von der Bank: Jason Terry (l.) und Jose Barea.

Qualität von der Bank: Jason Terry (l.) und Jose Barea.

(Foto: dpa)

Die starken Leistungen der Playoffs lassen das Fehlen eines wichtigen Bausteins vergessen. Caron Butler, in der Offensive die zweite Option hinter Dirk Nowitzki, fehlt seit Beginn des Jahres wegen eines Patellasehnenrisses. Ohne ihn verloren die Mavs 9 von 10 Partien gegen die Playoff-Teams des Westens, mit ihm hatte Dallas zuvor sieben von zwölf dieser Duelle gewonnen. Butler trainiert zwar wieder, es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass der 31-Jährige in dieser Saison noch einmal eingreifen kann. Anders steht es beim Franzosen Roddy Beaubois. Der junge Aufbauspieler hatte mit einer hartnäckigen Verletzung zu kämpfen, könnte aber wieder eingesetzt werden. Wenn er zu seinem explosiven Spiel zurückfindet, könnte er den Mavericks zu einem abwechslungsreicheren Angriffsspiel verhelfen.

Nowitzki in überragender Form

Dirk Nowitzki war schon immer ein besonderer Spieler. Was ihn selbst in der Riege der absoluten Superstars aber noch herausragen lässt, ist seine fast beängstigende Kontinuität. Seit einer Dekade trägt er die Dallas Mavericks als Topscorer. Der "Lange Blonde" ist einer von nur vier Spielern der NBA-Geschichte, die einen Playoff-Schnitt von mindestens 25 Punkten und 11 Rebounds vorweisen können. Zur Einordnung: Shaquille O'Neal, der dominanteste Center-Spieler der letzten 15 Jahre, schafft es nicht in diesen elitären Zirkel.

Nicht zu verteidigen: Dirk Nowitzki steigt zum Wurf hoch.

Nicht zu verteidigen: Dirk Nowitzki steigt zum Wurf hoch.

(Foto: REUTERS)

Die diesjährigen Playoffs bestätigen Nowitzkis Ausnahmestatus. Mit 26,5 Punkten pro Spiel ist er der drittgefährlichste Korbjäger der verbliebenen Spieler – dabei erhält er weniger Spielzeit als die vor ihm stehenden Kevin Durant (Oklahoma City/28,9 Punkte) und Derrick Rose (Chicago/28,8 Punkte). Seine Wurfquote von 49,7 Prozent ist die beste der Top-Ten-Scorer, von der Dreierlinie verwandelte er bisher beeindruckende 60 Prozent seiner Versuche. Die Werte lesen sich nicht nur als Beweis seiner Treffsicherheit, sondern auch seiner Spielintelligenz. Der Power Forward verfügt über die wahrscheinlich beste Wurfauswahl der Liga.

Nowitzki bildet den Dreh- und Angelpunkt der Offensive, selbst wenn er nicht selbst abschließt. In Spiel vier gegen die Lakers erzielte der gebürtige Würzburger solide 17 Punkte, schaffte aber wichtige Räume für die Dreierschützen und suchte immer den Pass zum besser postierten Mitspieler. "Hero Shots", also wilde Würfe auf eigene Faust bei heruntertickender Spieluhr, waren nie seine Sache. "Big Shots", die wichtigen Würfe also, dagegen schon.

Seine Playoff-Performance in den entscheidenden Minuten des Spiels raubt sogar langjährigen NBA-Kennern den Atem. Satte 82,5 Prozent beträgt in diesem Jahr sein Clutch-Shooting, übersetzt: In den Playoff-Spielen, in denen die Punktedifferenz bei fünf oder weniger lag, lag die Wurfeffektivität von Nowitzki in den letzten fünf Minuten bei 82,5 Prozent. Noch einfacher ausgedrückt: Hält Nowitzki in den Ball in engen Spielsituationen in den Händen, passiert meist etwas Gutes für sein Team.

"Dirk Nowitzki ist nicht zu verteidigen. Von niemandem", bringt NBA-Legende Charles Barkley die größte Stärke des 2,13-Meter-Mannes auf den Punkt. Lässt die Verteidigung Nowitzki frei stehen, rauscht der Ball kurze Zeit später durchs Netz. Engt der Verteidiger den Bewegungsraum des 32-Jährigen ein, macht der Power Forward sich mit einem kurzen Dribbling Platz und drückt ab. Gelingt es einem Spieler, "Dirkules" mit guter Defense in Bedrängnis zu bringen, bleibt noch sein Markenzeichen: der Fadeaway, also der Wurf im Rückwärtsfallen, gern auch ohne jegliche Körperbalance. Seine Wurfhaltung bleibt dabei immer perfekt, als hätte er einen Winkelmesser in seinem Arm implantiert. Nowitzkis Trainer Rick Carlisle hob den Deutschen kürzlich auf eine Stufe mit den besten des Spiels: Michael Jordan, "Magic" Johnson, Larry Bird. Dem Gerühmten sind solche Diskussionen egal - er spielt nur noch für den Ring.

Playoffs schweißen die Mavs zusammen

Wie geprügelte Hunde schlichen Nowitzki und seine Teamkollegen nach der vierten Partie der Auftaktserie gegen die Portland Trail Blazers vom Parkett. Es war das Spiel, auf das all die Kritiker gewartet hatten. Einen 23-Punkte-Vorsprung hatten die Mavicks noch aus den Händen gleiten lassen, die Serie startete nach dem historischen Desaster beim Stand von 2:2 neu. Die ganzen Playoffs begannen von Neuem. Doch nicht so, wie es all die Experten erwarteten, die das S-Wort wieder aus der Mottenkiste holten.

Auch Trainer-Legende Phil Jackson fand kein Rezept für seine Lakers gegen die Mavericks.

Auch Trainer-Legende Phil Jackson fand kein Rezept für seine Lakers gegen die Mavericks.

(Foto: REUTERS)

Seit diesem 23. April gewann Dallas alle sechs Playoff-Spiele, drei davon auswärts. Nie ließen Nowitzki und Co. mehr als 96 Punkte zu. Mit einem beeindruckenden 4:0 über den amtierenden Meister Los Angeles beendeten sie die Karriere von Erfolgstrainer Phil Jackson und schickten das Star-Ensemble um Kobe Bryant früh in den Urlaub. Sicher, die Lakers hatten offensichtlich mit internen Problemen zu kämpfen, erfahrene Spieler wie der Spanier Pau Gasol agierten wie grüne Nervenbündel. Ein Selbstläufer war die Serie dennoch nicht. In Spiel eins holten die Mavericks einen 16-Punkte-Rückstand auf, in Spiel drei lagen bissige Lakers bis fünf Minuten vor Schluss acht Punkte vorn. Ein Dreier von Nowitzki eröffnete die Aufholjagd, am Ende sicherten seine 32 Punkte den 98:92-Sieg.

So unwahrscheinlich es klingen mag, aber die Niederlage in Spiel vier gegen Portland hat aus den Mavericks einen Titelfavoriten gemacht. "Das Spiel hat das Team verändert", bestätigt Tyson Chandler. "Wir hatten so vieles gut gemacht in diesem Match. Es ging nur darum, den Glauben an uns zu bewahren." Was wie eine Plattitüde klingt, nimmt man Coach Carlisle nach dem überzeugenden Vorstellungen gegen die Lakers sofort ab. Die Mavericks glauben an sich.

Die Zeit ist reif

"The Time is now" – dieser Slogan prangt auf den Playoff-Shirts der Dallas-Fans. Seit dem Beginn der verheißungsvollen Nowitzki-Ära warten die leidgeprüften Anhänger auf den ganz großen Erfolg. Selten war die Gelegenheit so günstig wie in dieser Saison, die als Epochenwende in die Geschichte der NBA eingehen wird. Erstmals seit 1998 finden die Finals ohne Beteiligung von Kobe Bryant, Shaquille O'Neal oder Tim Duncan statt. Die Dynastien der Boston Celtics, San Antonio Spurs und der LA Lakers scheinen ihren Zenit überschritten zu haben. Die drei Teams, die 10 der letzten 12 Meisterschaften unter sich ausmachten, schieden in diesem Jahr jeweils sang- und klanglos aus.

Die größten Favoriten auf den Titel: James (links), Wade und die Miami Heat.

Die größten Favoriten auf den Titel: James (links), Wade und die Miami Heat.

(Foto: REUTERS)

Das schafft Platz für junge, hungrige Teams. Im Osten duellieren sich die Chicago Bulls um den jüngsten MVP aller Zeiten, Derrick Rose, mit dem großen Titelfavoriten aus Miami. Die Heat verpflichteten vor der Saison mit viel Brimborium den wohl besten Basketballer der Welt, LeBron James. Zusammen mit Dwyane Wade und Chris Bosh bildet er die "Big Three", die Angst und Schrecken in der Liga verbreiten sollten, lange Zeit aber nicht in Tritt kamen. Den Altmeister Boston hob Miami allerdings mit 4:1 aus den Angeln, ein deutliches Signal an die verbliebenen Konkurrenten. Dennoch triumphierten im ersten Duell die Bulls mit 103:82 und liegen nun in der Serie mit 1:0 in Führung.

In den Finals der Western Conference trifft Dallas auf die Oklahoma Thunder. Auf welche Spieler dabei besonders zu achten ist, zeigte das entscheidende siebte Spiel von Oklahoma gegen die Memphis Grizzlies. Kevin Durant steuerte sagenhafte 39 Punkte zum 105:90-Erfolg der Thunder bei, Russel Westbrook verbuchte ein Triple Double mit 14 Punkten, 14 Assists und 10 Rebounds.

Verglichen mit Oklahoma ist Dallas alles andere als ein junges Team. Im Gegenteil, alle Leistungsträger sind weit über 30. Spielmacher Jason Kidd zählt mit seinen 38 Jahren gar zu den ältesten Spielern der Liga. Hungrig ist das Team aber wie kein anderes, denn kein Maverick trägt den Meisterschaftsring am Finger. Gepaart mit der geballten Erfahrung und dem Wunsch nach Revanche für 2006 sind die Texaner damit die wohl gefährlichste der vier noch vertretenen Mannschaften. Eine Meisterschaft im Finale gegen die Miami Heat, es wäre die perfekte Pointe unter die Karriere von Dirk Nowitzki. The Time is now.

Conference Finals in der NBA

Eastern Conference
Chicago Bulls- Miami Heat  103:83 
 
Western Conference
Dallas Mavericks- Oklahoma Thunder  --:-- 
 
Playoff-Stand (Best of Seven)
Chicago- Miami  1:0
Dallas- Oklahoma  0:0 

 

Quelle: ntv.de

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