Nächste Affäre nach "Balco" und Armstong US-Baseballliga will 20 Doper sperren
05.06.2013, 12:07 Uhr
Alex Rodriguez von den New York Yankees ist der bekannteste Name auf der Kundenliste von Anthony Boschs Dopingklinik.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Kampf gegen Doping steht auf der Prioritätenliste des US-Sports nicht sehr weit oben, was zählt ist die Show. Die Major League Baseball (MLB) will nun ein Zeichen setzen, dank eines Kronzeugen. Angeblich will Anthony Bosch auspacken, wen er in seiner Schönheitsklinik alles gedopt hat. Es geht um Betrug in großem Stil - und um Superstars.
Wenn es stimmt, was die ersten US-Medien nun melden, droht zehn Jahre nach der Aufdeckung der "Balco"-Affäre und wenige Monate nach dem erzwungenen Geständnis von Ex-Tour-Rekordsieger Lance Armstrong ein weiterer US-Doping-Skandal von gewaltigen Ausmaßen. Wie die Zeitung "USA Today" und der Fernsehsender ESPN berichten, hat sich Anthony Bosch, Chef einer Wellness-Klinik im US-Bundesstaat Florida, bereiterklärt, der Profiliga Major League Baseball (BLB) als eine Art Kronzeuge zur Verfügung zu stehen. Es geht um Doping im großen Stil.
Bosch und seine Klinik Biogenesis stehen seit einem Bericht der Miami New Times im vergangenen Januar unter dem dringenden Verdacht, vor allem hochkarätige Baseball-Spieler mit sogenannten "performance enhancing drugs" (PED), also leistungsfördernden Mitteln versorgt zu haben. Insgesamt sollen mehr als 20 Baseballer zu den Kunden von Biogenesis gehören, darunter Stars wie Ryan Braun (Milwaukee), Melky Cabrera (Toronto) und Alex Rodriguez (New York Yankees).
Nächster Schlag fürs Baseball-Image
Nach Angaben von ESPN werden sich Vertreter von MLB innerhalb einer Woche mit Bosch zusammensetzen. Die Liga hatte den Klinik-Chef in den vergangenen Wochen unter Druck gesetzt und sogar ein eigenes Ermittler-Team nach Coral Gables südlich von Miami geschickt. Eine Klage, die MLB im vergangenen März gegen Bosch eingereicht hatte, soll dem Vernehmen nach als Gegenleistung für seine Bereitschaft zur Kooperation fallengelassen werden.
Die Affäre könnte der Baseball-Profiliga erneut einen schweren Image-Schaden verpassen. Im Zuge der Ermittlungen um das unweit von San Francisco beheimatete Unternehmen "Balco", das zunächst nur mit Nahrungsergänzungsmitteln handelte und Blut- und Urinproben anbot, war unter anderem Homerun-König Barry Bonds angeklagt worden. Neben zahlreichen Baseball- und Footballspielern gehörte zu den Kunden auch die ehemalige Leichtathletik-Olympiasiegerin Marion Jones.
Braun, Cabrera und Rodriguez sind ohnehin nicht über jeden Zweifel erhaben. Braun, in der Saison 2011 MVP der National League, wurde im Oktober 2011 positiv getestet, die Probe dann aber wegen eines angeblichen Formfehlers für ungültig erklärt. Der 29-Jährige hat außerdem erklärt, seine Anwälte hätten Bosch im Verlauf dieses Falls als Berater engagiert. Braun droht nun eine Sperre von 100 Spielen - fast zwei Drittel der regulären Saison (162 Spiele).
Verdächtige mit Vorstrafen
Cabrera und Rodriguez wären Wiederholungstäter. Cabrera war im vergangenen Jahr mit einem extrem hohen Testosteron-Wert getestet und 50 Spiele gesperrt worden - er wechselte im Winter von Meister San Francisco Giants zu den Toronto Blue Jays. Rodriguez hatte 2009 die Nutzung von PED in den Jahren 2001 bis 2003 zugegeben. Der 37 Jahre alte Großverdiener, dem die Yankees noch 114 Millionen Dollar bis 2017 zahlen müssten, fiel in den vergangenen Jahren auch durch Affären wie etwa mit Pop-Ikone Madonna auf.
Strengere Dopingtests wurden in der MLB erst 2010 nach hartem Tauziehen mit der Spielergewerkschaft MLBPA eingeführt - als Folge des "Balco"-Skandals. Mittlerweile gilt die Phase der späten 1980er bis späten 2000er Jahre als die "Ära der Steroide", in deren Verlauf viele Schlag-Rekorde gebrochen wurden. Zahlreiche Stars dieser Zeit tauchen im 2007 veröffentlichten "Mitchell Report" des US-Kongresses auf. Der Untersuchungsbericht nennt alleine 89 Namen.
Quelle: ntv.de, sid