Paralympische Ausnahme-Athletin Edina Müller greift nach dem nächsten Gold
13.09.2016, 12:14 Uhr
Nach ihrer Goldmedaille im Rollstuhl-Basketball startet Edina Müller nun im Kanu bei den Paralympics.
(Foto: picture alliance / dpa)
Von Tauchen bis Kajakfahren - Edina Müller probiert alles aus. In Rio startet das Hamburger Multitalent bei der Paralympics-Premiere im Kanu - und will nach dem Triumph im Rollstuhl-Basketball vor vier Jahren nun das nächste paralympische Gold holen.
Auf die Frage, ob sie irgendeine Sportart nicht kann, muss Edina Müller eine Weile überlegen. "Fußball", sagt die im Rollstuhl sitzende Athletin dann im Gespräch mit dem Sportinformations-Dienst: "Sonst alles. Ich habe noch nichts gefunden, was ich nicht kann."
Eigentlich nur, um einen Wirbel einrenken zu lassen, geht die damals 16 Jahre alte Volleyballerin 2000 zum Arzt. Danach "hatte ich auf einmal kein Gefühl mehr in den Beinen", berichtet sie. In der Klinik hatte kein Neurochirurg Bereitschaft, sie wird erst nach 24 Stunden operiert: "Da war das Rückenmark schon irreparabel geschädigt."
Doch bremsen kann sie der Rollstuhl nicht. Im Gegenteil. Die 33-Jährige ist getrieben von dem Gedanken "alles auszuprobieren, was ich angeblich nicht kann". Ihr Lieblingsspruch: "Alle sagten: Es geht nicht. Bis einer kam, der das nicht wusste - und der hat es dann einfach gemacht."
Vielseitige Athletin
Von Tauchen bis Kajakfahren - Edina Müller probiert alles aus. Und es klappt alles. Ihren Videoblog, mit dem sie alles festhält, hat sie wegen der Vorbereitung auf die Paralympics "im Moment auf Eis gelegt. Aber es gibt noch einige Sachen, die ich gerne machen würde. Golf zum Beispiel. Oder Wasserski". Irgendwann nach Rio wird sie es tun. Und sie wird es schaffen.
Wie austrainiert sie ist, konnte man auf sportlichen Fotos von ihr vor den Spielen sehen. Sie zeigen sie von hinten mit nacktem Rücken im Rollstuhl, jeder einzelne Muskel ist angespannt. "Sie haben eine paralympische Athletin gesucht", erzählt sie: "Das Shooting war super, die Bilder gefallen mir sehr." Auch ihrer Mutter und ihrem Freund: "Es waren ja auch keine erotischen Fotos, sondern sportlich-ästhetische."
Wandel zur Individualsportlerin
Für eine solch vielseitige Frau wie sie war es auch kein Problem, eine Alternative zu finden, als sie "aus persönlichen Gründen" mit dem Rollstuhl-Basketball aufhörte. 2012 in London hatte sie dort noch Gold gewonnen. Ab Mittwoch startet sie nun bei der Paralympics-Premiere im Kanu. Das habe sie schon immer gern gemacht, sagt sie: "Dass das der Übergang in den Leistungssport ist, habe ich aber nicht gedacht. Ich bin da einfach so reingerutscht." Weil sie so gut ist.
Im Mai in Duisburg wurde sie Weltmeisterin und geht deshalb auch gleich mal als Favoritin ins Rennen. Und diesmal ist es etwas ganz anderes als bei ihren beiden bisherigen Paralympics-Teilnahmen. Sie ist keine Mannschaftssportlerin mehr, sondern Individualsportlerin. "Man hat nur sich und seine Zeit. Positiv und negativ", sagt sie: "Aber man hat auch keinen Schiedsrichter, der das Spiel verpfeifen kann." Wahrscheinlich macht das auch den Reiz für sie: Dass es etwas ganz anderes ist als vorher.
Kein Einstieg in die Sportpolitik
Und schließlich schaut Edina Müller auch über den Tellerrand. Bei der Olympia-Bewerbung von Hamburg 2024 war sie das paralympische Gesicht. Im großen Stil in die Sportpolitik einsteigen will sie aber nicht: "Das ist nichts für mich. Ich bin lieber direkt an den Menschen dran."
Doch für Olympia in Hamburg, wo die Rheinländerin mit ungarischem Vater inzwischen wohnt, hat sie sich leidenschaftlich eingesetzt. Als es nicht klappte, "hatte ich zwei Wochen regelrecht Depressionen", sagt sie: "Aber man darf nie aufgeben, muss es immer weiter versuchen. Und vielleicht dann 2028 noch einmal mit einem ausgereiften Konzept angreifen."
Aufgeben, das gibt es in Edina Müllers Welt eben nicht. Und unmöglich ist schon gleich gar nichts.
Quelle: ntv.de, Holger Schmidt und Thomas Niklaus, sid