Internet-Zensur in China Eklat um Vesper-Äußerung
06.08.2008, 13:52 UhrFür die Sportfunktionäre sind die Olympischen Spiele in Peking ein diplomatischer Drahtseilakt. Sie sprechen immer in zwei Richtungen: Die chinesische Seite soll nicht brüskiert, aber auch das Publikum daheim nicht verärgert werden.
Der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Michael Vesper, ist bei diesem Drahtseilakt nun abgestürzt. Parteiübergreifend rief er mit einer Äußerung über die Internet-Zensur in China Entrüstung hervor. Der ARD hatte er gesagt, dass in allen Ländern der Welt Webseiten blockiert würden. "Bei uns sind es rechtsradikale Seiten, die gesperrt werden. Und es ist natürlich auch in China so, dass einzelne Seiten gesperrt werden."
"Skandalöse Verharmlosung"
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dieter Wiefelspütz warf Vesper in den "Ruhr Nachrichten" eine "skandalöse Verharmlosung der chinesischen Zensur" vor und forderte eine "schnelle Entschuldigung". Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach sprach von einer "Bagatellisierung".
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte der "Passauer Neuen Presse": "Herrn Vespers unverschämte Gleichsetzung der chinesischen Zensur mit dem deutschen Einsatz gegen Neonazis ist durch nichts zu rechtfertigen." Die menschenrechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Erika Steinbach, kritisierte, Vesper sei "dem chinesischen System willfährig ergeben".
Die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Barbara Lochbihler, sagte: "Herr Vesper sollte wissen, dass es in China Menschen gibt, die im Gefängnis sitzen, weil sie kritische Texte ins Internet gestellt oder heruntergeladen haben."
"Falsch verstanden worden"
Vesper wehrte sich gegen die Vorwürfe. Der ARD sagte der frühere Grünen-Politiker, er sei falsch verstanden worden: "Ich wollte jedenfalls nicht sagen, dass ich die Sperrung von Internetseiten in Deutschland, die ich begrüße, (...) auf eine Stufe stellen würde mit politischer Zensur in China." Vesper betonte, er habe die Zensur in China von Anfang an immer verurteilt und kritisiert und auch gegen die Internet-Beschränkungen für Journalisten im chinesischen Pressezentrum protestiert.
Quelle: ntv.de