Sport

Nationaltorwart nimmt sich das Leben Enke hinterlässt Abschiedsbrief

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der deutsche Fußball ist nach dem Tod von Nationaltorhüter Robert Enke im Schockzustand. Der 32-jährige Stammkeeper von Hannover 96 nahm sich an einem Bahnübergang bei Hannover das Leben. Enke hinterlässt eine Ehefrau und eine acht Monate alte Tochter. Laut Polizei gibt es einen Abschiedsbrief.

Im Team-Hotel der Nationalmannschaft "Kameha Grand" in Bonn, wo sich die Auswahl um Bundestrainer Joachim Löw auf die letzten beiden Länderspiele des Jahres vorbereitet, berät die Führung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gemeinsam mit Löw über eine mögliche Absage der Partie gegen Chile oder andere Konsequenzen. Verbandspräsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach waren am Morgen nach Bonn gekommen.

Der Unfallort bei Hannover.

Der Unfallort bei Hannover.

(Foto: dpa)

Die Nachricht vom Tod des achtmaligen Nationalspielers Enke hatte Bundestrainer Löw und die Spieler am Dienstagabend nach dem ersten Training für die Spiele am Samstag in Köln gegen Chile und vier Tage später in Gelsenkirchen gegen die Elfenbeinküste erreicht. Das Vormittagstraining am Mittwoch und Interview-Termine der Spieler wurden als erste Konsequenzen abgesagt.

Noch keine vollständige Klärung

Enke war am Dienstag unter noch nicht vollständig geklärten Ursachen aus dem Leben geschieden. Er war gegen 18.25 Uhr von einem Zug an einem Bahnübergang in Neustadt am Rübenberge im Ortsteil Eilvese erfasst und tödlich verletzt worden. Nach Polizeiangaben hatte Enke sein Auto etwa zehn Meter von den Gleisen entfernt abgestellt und sein Portemonnaie auf dem Beifahrersitz des nicht verschlossenen Wagens liegenlassen. Anschließend muss Enke mehrere 100 Meter an den Gleisen entlanggegangen sein, bevor er von dem aus Richtung Bremen kommenden Regionalzug erfasst wurde.

Enke hinterlässt Abschiedbrief

Kerzen vor dem Stadion von Hannover 96.

Kerzen vor dem Stadion von Hannover 96.

(Foto: dpa)

Nach Angaben der Polizei hat Enke hat einen Abschiedsbrief hinterlassen. Die Polizei habe Kenntnis über ein entsprechendes Schreiben, sagte der Sprecher der Hannoveraner Polizei, Stefan Wittke. Damit gebe es keinen Zweifel mehr an einem Selbstmord. Wittke wollte keine Angaben zum Inhalt des Abschiedsbriefs machen. Er wollte sich auch nicht dazu äußern, ob der 32-Jährige den Brief in seinem Auto oder zu Hause hinterlassen hatte.

Berater bestätigt Selbstmord

Enkes enger Freund und Berater Jörg Neblung sagte: "Ich kann bestätigen, dass es sich um Selbstmord handelte." Vor dem Stadion von Hannover 96 stellten Fans Kerzen auf und trauerten um ihren Lieblingsspieler. Der spanische Spitzenklub FC Barcelona, für den Enke in der Saison 2002/03 gespielt hatte, legte vor der Pokalpartie gegen den Drittligisten Cultural Leonesa im Stadion Nou Camp eine Schweigeminute für den verstorbenen Torwart ein.

Enke hatte wegen einer Erkrankung, die als Bakterien-Infektion des Darmes angegeben wurde, die letzten vier Länderspiele verpasst. Er war auch nicht für die beiden Testspiele gegen Chile und die Elfenbeinküste am 14. und 18. November nominiert worden. Bundestrainer Joachim Löw hatte dem Hannoveraner aber deutlich signalisiert, dass er weiter ein Favorit auf die Nummer eins bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika sei. Enke bestritt acht Länderspiele.

"Er war labil"

"Das ist ganz furchtbar", sagte Martin Kind, Präsident von Enkes Verein Hannover 96. Kind war von der Sitzung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zurückgekehrt und bekam am Flughafen den schockierenden Anruf: "Man rechnet mit vielem, aber nicht mit so etwas. Ich weiß nicht, warum es und wie es passiert ist." Der 96-Chef ist sich jedoch sicher, "dass es nichts mit Fußball zu tun hat".

"Er war labil", berichtete Kind weiter. Das sei in der Öffentlichkeit wohl nicht aufgefallen. "Er hat das überlagert", erklärte der 96-Clubchef. Der verheiratete Fußballprofi und seine Frau hatten vor drei Jahren ihre Tochter Lara im Alter von zwei Jahren verloren, die an einem angeborenen Herzfehler litt und im Krankenhaus starb. Enke hinterlässt seine Ehefrau Teresa und eine acht Monate alte Tochter, die das Paar im Mai adoptiert hatte.

Kameraden geschockt

Fans von Hannover 96 tragen sich vor der AWD-Arena in Hannover in ein Kondolenzbuch ein.

Fans von Hannover 96 tragen sich vor der AWD-Arena in Hannover in ein Kondolenzbuch ein.

(Foto: dpa)

Die Spieler, die über ihren Einsatz im nächsten Länderspiel wahrscheinlich selbst mitentscheiden können, waren auch 14 Stunden nach der schrecklichen Nachricht über den Tod ihres beliebten Kollegen noch immer geschockt. "Ich bin fassungslos. Mir fehlen die Worte", erklärte DFB-Kapitän Michael Ballack in der "Bild"-Zeitung. "Robert Enke war ein wunderbarer Mensch, der auch harte Schicksalsschläge verdauen musste", äußerte DFB-Chef Zwanziger, der gemeinsam mit der sportlichen Leitung das weitere Vorgehen besprach.

Für den Mittag war ursprünglich eine erste Pressekonferenz im Vorfeld des Länderspiels am kommenden Samstag gegen Chile geplant. Ob und mit wem sie stattfindet, ließ der Verband offen. Eine Absage der Partie in Köln erfolgte bislang nicht, scheint aber nicht ausgeschlossen zu sein. "Es gibt keine Tendenz", erklärte DFB-Mediendirektor Harald Stenger am Morgen.

Unterdessen haben ehemalige Spieler und Funktionäre aus der Bundesliga den Menschen und Sportler Enke gewürdigt.  "Vom Charakter und seiner Persönlichkeit war Robert Enke ein überragender Mensch", erklärte Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick. Für Ewald Lienen, unter dem Enke in Hannover trainiert und gespielt hatte, ist der Tod noch immer unvorstellbar: "Ich habe bereits mit Weggefährten und Teamkollegen wie Steven Cherundolo, Michael Tarnat und Hanno Balitsch gesprochen. Für uns alle ist es ein unfassbarer Schlag, den wir kaum in Worte fassen können. Dass er in so einer Situation war, so etwas ins Auge fassen konnte, tut mir unendlich leid und unendlich weh."

Guido Buchwald, Weltmeister von 1990, zeigte sich tief berührt, obwohl er Enke nie persönlich kennengelernt hatte: "Er war ein toller Sportler und Mensch, auch wenn sich unsere Wege nie gekreuzt haben." Für Rainer Bonhof, Enkes Ex-Trainer bei Borussia Mönchengladbach, war es "eine schockierende Nachricht". Ähnlich geschockt reagierte Franz Beckenbauer: "Ich bin einfach nur entsetzlich traurig. Wenn man eine solche Nachricht bekommt, werden alle anderen Probleme ganz klein."

Quelle: ntv.de, dpa/sid/rts/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen