"Ryder Cup's coming Rome" Europa besiegt gespaltenes US-Team beim Zoff-Gipfel
01.10.2023, 18:37 Uhr
Viktor Hovland schlägt am Finaltag vom ersten Tee ab. Der junge Norweger brachte die Nummer eins der Welt vorher schon zum Weinen.
(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)
Europa dominiert, die USA kämpfen, die Emotionen kochen über: Beim Ryder Cup in Rom spielen Golf-Millionäre um Ruhm, Ehre und Prestige. Es ist Golf-Sport, wie man ihn nur ganz selten sieht und der seine Spuren hinterlässt. Die Fans feiern, die Millionäre zoffen sich.
Tommy Fleetwood startete die große Party von Europas Golf-Eilte. Unter ohrenbetäubenden Jubel zehntausender frenetischer Fans holte der Engländer den entscheidenden Punkt zum Triumph des europäischen Teams beim 44. Ryder Cup vor den Toren Roms. Durch den Erfolg gegen Rickie Fowler gingen die Herausforderer beim prestigeträchtigen Kontinentalvergleich uneinholbar mit 15 Punkten in Führung und eroberten die kleine, goldene Trophäe von den im Vorfeld favorisierten Titelverteidigern aus den USA zurück.
Am Ende hieß es 16,5:11,5, damit machten Rory McIlroy und Co. die Schmach von Whistling Straits wieder wett. Vor zwei Jahren hatten die Europäer im US-Bundesstaat Wisconsin die Rekordniederlage von 9:19-Punkten hinnehmen müssen. Ryder-Cup-Debütant Sepp Straka war am Sky-Mikrofon schlicht "sprachlos". Der Österreicher zeigte sich fasziniert vom Phänomen Ryder Cup: "Das gibt es nur alle zwei Jahre. Ich bin schon sehr stolz."
Die 60.000 Fans auf der edlen Golfanlage rund 20 Kilometer östlich vom Petersplatz feierten bei strahlendem Sonnenschein überschwänglich den Triumph ihrer Helden. Immer wieder schallten die lauten "Europe, Europe"-Rufe über den Marco Simone Golf & Country Club. Nach dieser Niederlage warten die US-Amerikaner beim wichtigsten Team-Wettbewerb im Golfsport seit nunmehr 30 Jahren auf einen Erfolg auf europäischem Boden.
Europa macht es noch einmal spannend
Europas Kapitän Luke Donald setzte am Finaltag seine stärksten Spieler gleich zu Beginn der zwölf Einzel ein, um möglichst schnell die vier fehlenden Punkte einzusammeln. Allerdings machten die Europäer es noch einmal spannend. Erst in der vorletzten Partie sorgte Fleetwood für die Entscheidung.
Kapitän Donald bewies mit diesem Erfolg, dass er beim Ryder Cup in Rom alles richtig gemacht hat. Seine Spieler-Auswahl passte. Das Team um die Stars McIlroy, Jon Rahm und Viktor Hovland sowie den Neulingen Ludvig Aberg, Nicolai Höjgaard, Sepp Straka und Robert MacIntyre harmonierte prächtig. Zudem schaffte es Donald, den so viel beschworenen Teamgeist bei den Europäern zu entfachen.
Dagegen ging der Wirbel um den Kappen-Ärger im US-Team auch am Finaltag weiter. Aus Solidarität mit Patrick Cantlay trugen einige der zwölf US-Spieler ebenfalls keine Team-Kappe. Am Vortag hatte Cantlay einen Medienbericht dementiert, wonach er für eine Spaltung des US-Teams gesorgt haben soll.
In dem Bericht wurde behauptet, Cantlay sei verärgert darüber, dass die Spieler für den Einsatz im Ryder Cup kein Geld bekommen. Aus diesem Grund soll der 31-Jährige aus Protest keine Kappe getragen haben. Am Samstagnachmittag hatten die europäischen Fans ihre Kappen in Cantlays Richtung geschwenkt und "Hut ab für dein Bankkonto" skandiert.
Golf: Eine Frage der Ehre?
Auch der Olympiasieger von Tokio, Xander Schauffele, verzichtete am Finaltag auf die Team-Kappe der USA. Xanders Vater, Stefan Schauffele, erklärte im TV-Sender Sky, dass es eine Solidaritätsbekundung für Cantlay sei. Der Medienbericht sei indes nicht zutreffend. Allerdings gab Schauffele Senior auch zu, dass das Thema Ryder Cup und die Nicht-Bezahlung der Spieler schon seit Jahren im US-Team schwelt. Schauffele sagte, dass die PGA of America mit dem Ryder Cup Profit mache und die Spieler nicht daran beteilige.
Europas Kapitän hat eine klare Meinung, ob die Spieler für den Einsatz im Ryder Cup bezahlt werden sollten: "Absolut nicht", sagte Donald. "Der Ryder Cup steht für echten Sport. Es geht um Stolz. Es geht darum, sein Land zu repräsentieren."
Besonders für Rory McIlroy war der Sieg im emotionalen Kontinentalvergleich eine Genugtuung, nachdem sich der Nordire am Samstag eine aufsehenerregende Auseinandersetzung mit dem Caddie seines Rivalen Cantlay geliefert hatte - ein Wutausbruch auf dem Parkplatz des Marco Simone Golf & Country Club inklusive.
Nächste Chance in Farmingdale, New York im nächsten Jahr
Der viermalige Majorsieger fühlte sich von Joe LaCava beim entscheidenden Putt auf dem 18. Grün gestört. LaCava habe sich ihm in den Weg gestellt, mit der Mütze gewedelt und damit "eine Grenze überschritten", wie Europas Teamkapitän Luke Donald stellvertretend für seinen frustrierten Star erklärte. Auch wenn sich LaCava am Sonntag entschuldigte: Die Nerven lagen blank - auch im Team der USA.
Der Weltranglistenerste Scheffler musste sich nach dem historischen Foursome-Debakel von seiner Ehefrau Meredith trösten lassen. Gemeinsam mit Brooks Koepka war er gegen die jungen Skandinavier Viktor Hovland (Norwegen) und Ludvig Aberg (Schweden) untergegangen. Schon nach elf Bahnen war die Partie entschieden (9 und 7) - so schnell wie noch kein Teamduell in der Ryder-Cup-Geschichte zuvor.
Und während Europa in Richtung Triumph marschierte, bemühte sich der US-Kapitän Zack Johnson die alles dominierende Geldfrage herunterzuspielen. Er glaube sogar, sagte er, dass seine Jungs bereit seien, für ihre Teilnahme zu zahlen. "Beim Ryder Cup", sagte er, "geht es um mehr" als Dollarscheine.
Prämien gibt es tatsächlich keine, die US-Golfer dürfen 200.000 Dollar für wohltätige Zwecke verteilen, ihre europäischen Kollegen bekommen Geschenke. Es geht um Ruhm und einen einzigartigen Titel, der 2025 auf dem Bethpage Black Course in Farmingdale/New York das nächste Mal zwischen Europa und den USA ausgespielt wird.
Quelle: ntv.de, sue/dpa/sid